Kreis Olpe. Hausarzt Dr. Jan Goebel aus Olpe ist froh, dass er seine Patienten ab sofort am Telefon krankschreiben darf. Die Arbeitgeber haben Vorbehalte.

Erleichterung auf der einen, Skepsis auf der anderen Seite: Während Hausärzte wie Dr. Jan Goebel aus Olpe froh sind über die Möglichkeit, Patienten ab sofort telefonisch krankschreiben zu können, treibt Arbeitgeber die Sorge um, dass ihre Mitarbeiter diese aus der Corona-Pandemie erprobte Regelung möglicherweise ausnutzen und sich schon bei harmlosen Symptomen von der Arbeit abmelden könnten. Der Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken hatte in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, dass eine Krankschreibung via Telefon ab sofort dauerhaft möglich sei. Allerdings können die Mediziner ihre Patienten auf diesem Wege „nur“ für fünf Tage aus dem Verkehr ziehen und auch „nur“ bei leichteren Erkrankungen wie Schnupfen oder Husten. Zudem müssen die Patienten in den Praxen bekannt sein. Eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ist via Telefon nicht möglich, dafür müssen die Erkrankten dann persönlich in die Praxis kommen.

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„Die telefonische Krankschreibung ist ein längst überfälliger Schritt, um der aktuellen Belastung der Infektionswellen entgegenzuwirken. Dadurch, dass nicht schwer erkrankte Patienten die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch ohne persönliche Vorstellung erhalten, können wir unsere Ressourcen für die Patienten verwenden, die aufgrund ihrer schweren und/oder chronischen Erkrankung auf unsere Behandlung angewiesen sind“, lobt Dr. Jan Goebel aus der Kreisstadt den Beschluss des Bundesausschusses. Er ergänzt: „Daher ist die Entscheidung, die telefonische Krankschreibung ab sofort dauerhaft einzusetzen, auch im Hinblick auf den sich zukünftig weiter verschärfenden Ärztemangel eine wichtige und richtige Entscheidung.“

Als „pragmatische und Bürokratie-arme Lösung“ bezeichnet Nezahat Baradari, Kinderärztin aus Attendorn und SPD-Bundestagsabgeordnete für den Kreis Olpe, die telefonische Krankschreibung. Dies führe zu einer spürbaren Entlastung – und zwar nicht nur für den Hausarzt, sondern auch für den Patienten. „Er muss sich nicht mehr in die Praxis quälen und kann im Wartezimmer auch niemanden anstecken“, betont Baradari.

Wir müssen schon dafür Sorge tragen, dass dieses Instrument nicht dazu führt, dass Arbeitgeber Probleme bekommen, weil ihre Beschäftigten lax damit umgehen.
Thorsten Holzhäuser, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes für den Kreis Olpe

Mit Bauchschmerzen reagieren mutmaßlich viele Arbeitgeber auf diese Regelung, wie Thorsten Holzhäuser, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes für den Kreis Olpe, im Gespräch mit dieser Redaktion bestätigt: „Wir müssen schon dafür Sorge tragen, dass dieses Instrument nicht dazu führt, dass Arbeitgeber Probleme bekommen, weil ihre Beschäftigten lax damit umgehen.“ Soll heißen, dass die Hemmschwelle für viele Arbeitnehmer sinkt und sie sich schon bei leichten Symptomen für eine Woche krankschreiben. Dies komplett zu unterbinden, ist laut Baradari kaum möglich: „Wer eine Erkrankung simulieren will, schafft das auch, wenn er physisch vor dem Arzt sitzt.“

Deswegen, so Holzhäuser, seien die genannten Rahmenbedingungen (unter anderem AU für maximal eine Woche) aus Arbeitgebersicht wichtig. Und noch etwas liegt ihm auf dem Herzen: „Wir brauchen Evaluierungsmöglichkeiten. Krankenkassen und Arbeitgeber müssen einsehen können, aufgrund welcher Untersuchungen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen am Telefon ausgestellt werden.“

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Die Krankschreibung per Telefon hatte sich während der Corona-Pandemie bewährt. Die Regelung hatte dazu beigetragen, die Verbreitung des Virus einzudämmen, schreibt die Bundesregierung zu diesem Thema auf ihrer Internetseite. Nach mehrmaliger Verlängerung war sie im Frühjahr 2023 ausgelaufen. Jetzt ist sie zurück – und zwar dauerhaft.