Olpe. Laut einer Studie klagen rund 40 Prozent der Erwachsenen über Schlafmangel. Zwei Ärzte aus Olpe erklären, was Betroffene dagegen tun können.

Schlechter Schlaf ist ein gesellschaftliches Problem. Rund 40 Prozent der Erwachsenen in Deutschland schlafen nach eigenen Angaben schlecht. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts „YouGov“ im Auftrag der Deutschen Presseagentur. Auch in der Praxis am Imberg in Olpe berichten viele Patienten von Ein- und Durchschlafstörungen. Die Allgemeinmediziner Jan Goebel und Sebastian Leppehoff erklären, was bei Schlafstörungen helfen kann und wie eine gesunde Schlafhygiene aussieht.

Die Diagnostik

„Müdigkeit muss nicht immer mit einer mangelnden Schlafqualität zusammenhängen“, meint Sebastian Lepperhoff. Dahinter könnte unter anderem eine Blutarmut, ein Eisen- oder Vitamin-B12-Mangel oder eine Schilddrüsenunterfunktion stecken. „Dementsprechend wichtig ist es, erstmal eine Labordiagnostik durchzuführen.“ Das heißt: Die einzelnen Blutwerte des Patienten werden analysiert und mit den Normwerten abgeglichen. Weicht ein Wert ab, kann mit entsprechenden Präparaten gegengesteuert werden. Ist der Laborbefund unauffällig, können die Ärzte mithilfe einer sogenannten Polygraphie die Schlafqualität des Patienten messen. Die Polygraphie ist eine Art ambulantes Schlaflabor, mit dem der Patient seinen Schlaf selbst zuhause aufzeichnen kann. Das Gerät kommt seit etwa einem halben Jahr in der Praxis am Imberg zum Einsatz. Sebastian Lepperhoff wurde zuvor entsprechend geschult.

Die Schlafmessung

„Per App können die Patienten vorher einen Fragebogen durchgehen, um ihre Tagesschläfrigkeit zu objektivieren“, erklärt Lepperhoff. Dabei werden Fragen gestellt wie: Haben Sie Probleme in monotonen Situationen aufmerksam zu bleiben oder tendieren Sie dazu einzuschlafen? Am Ende dieses Fragebogens erhält der Patient schließlich einen Wert, der Aufschluss darüber geben kann, ob eine normale oder pathologische Müdigkeit vorliegt. Das Gerät selbst zeichnet den Nachtschlaf auf – inklusive der schlafbezogenen Atemunregelmäßigkeiten.

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Je häufiger Unregelmäßigkeiten auftreten, desto schlechter ist die Schlafqualität. Auf Grundlage der Messung wird der AHI bestimmt, der Apnoe-Hypopnoe-Index. Dieser Wert gibt an, wie viele Atemstörungen pro Minute auftreten. „Alles unter 5 ist normal, zwischen 5 und 15 spricht man von einer leichtgradigen, zwischen 15 und 30 von einer mittelgradigen und ab 30 von einer schwergradigen Störung“, erklärt Lepperhoff.

Ab einem Wert von 15 sollte man eine Therapie in Erwägung ziehen, rät der Mediziner. Denn schwere Atemstörungen, bei denen der Atem fast zum Erliegen kommt, führen zu einer niedrigeren Sauerstoffsättigung im Blut. Dadurch entsteht Stress, der so ausgeprägt sein kann, dass man aufwacht. Oder keinen erholsamen Schlaf bekommt, sodass man sich am nächsten Morgen nicht ausgeruht fühlt.

Patrick Goebel, Arzt in der Praxis am Imberg in Olpe
Patrick Goebel, Arzt in der Praxis am Imberg in Olpe © Praxis am Imberg

Die Ursachen

„Prinzipiell sollte man unterscheiden zwischen Müdigkeit und Schlafstörung“, betont Jan Goebel. Es gebe Menschen, die müde seien, obwohl sie messbar gut und ausreichend schlafen. Wobei die benötigte Schlafzeit pro Nacht sehr individuell ist. Es gebe Menschen, die mit vier Stunden Schlaf pro Nacht auskämen und leistungsfähig seien, und Menschen, die sich mit vier Stunden Schlaf pro Nacht tagsüber sehr eingeschränkt fühlten. „Entscheidend ist der Leidensdruck“, so Lepperhoff. Sowohl organische – wie zum Beispiel eine Schlafapnoe – als auch psychische Ursachen können zugrunde liegen. „Wichtig ist, dass wir genau hinschauen. Ob tatsächlich eine psychische Störung wie zum Beispiel eine Depression vorliegt, die häufig mit Schlafstörungen einhergeht, oder eine Insomnie ohne eine echte psychiatrische Erkrankung“, meint Goebel.

Die Behandlung

Bei einer diagnostizierten Schlafapnoe kann beispielsweise ein Heimbeatmungsgerät helfen. Dabei werden unter anderem Masken eingesetzt, die einen Überdruck in den oberen Atemwegen erzeugen. „Wer damit nicht klarkommt, kann aber auch auf eine Unterkieferprotrusionsschiene zurückgreifen. Die sorgt mit ihrem Federmechanismus dafür, dass der Unterkiefer etwas nach vorne gezogen wird, sodass im Hals mehr Platz für die Atmung geschaffen wird“, erklärt Lepperhoff.

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Bei einer psychisch bedingten Schlafstörung könne eine Psychotherapie hilfreich sein. Entscheidend hierbei sei das Erlernen von Stressbewältigungsstrategien und Entspannungstechniken. Und: Sport. „In unserer heutigen Gesellschaft haben wir den ganzen Tag über Stress. Abends setzen wir uns dann meistens nur noch auf die Couch. Aber genau hier fehlt der Punkt, an dem man sich einmal komplett körperlich verausgabt, um den Stress abzubauen“, sagt Goebel. Medikamente sollten nur in Ausnahmesituationen verschrieben werden. Und dann auch nicht länger als 14 Tage, sonst steigt das Risiko einer Abhängigkeit.

Die Umgebung

Sebastian Lepperhoff hat eine einfache Faustformel für eine optimale Schlafumgebung: dunkel, leise, kühl. „Die ideale Schlaftemperatur wird mit 18 Grad angegeben. An heißen Tagen sollte man versuchen, die Räume kühl zu halten, indem man tagsüber die Jalousien unten lässt und erst in den Abendstunden lüftet.“ Auch ein Ventilator vor dem geöffneten Fenster könne für Abkühlung sorgen. „Dabei sollte man nur aufpassen, nicht im Luftstrom zu liegen.“ Sonst können die Schleimhäute im Nasen- und Rachenraum austrocknen, die Immunabwehr sinkt und Viren haben leichteres Spiel.

Sebastian Lepperhoff, Arzt in der Praxis am Imberg in Olpe
Sebastian Lepperhoff, Arzt in der Praxis am Imberg in Olpe © Praxis am Imberg

Die Rituale

Eine der grundlegendsten Regeln: „Geh ins Bett, wenn du müde bist.“ Das Bett sei zum Schlafen da, nicht zum Lesen oder Fernsehgucken. „Der Körper braucht einen Schlüsselreiz: Ihm muss signalisiert werden, dass es jetzt Zeit zum Schlafen ist.“ Das bedeute aber nicht automatisch, dass ein Fernseher aus dem Schlafzimmer verbannt werden muss. „Wenn es den Menschen hilft mit Hintergrundgeräuschen einzuschlafen, ist ein Fernseher durchaus legitim. Das ist im Grunde ein Ritual, das sehr hilfreich sein kann.“ Andere Rituale könnten eine Tasse Tee vor dem Zubettgehen oder ein kleiner Spaziergang am Abend sein. Von Alkohol oder Schokolade am Abend raten die Ärzte allerdings ab. „Zucker hat eine aufputschende Wirkung. Dementsprechend wird empfohlen, vier Stunden vor dem Schlafen keine Süßigkeiten mehr zu sich zu nehmen“, so Lepperhoff. Von Alkohol schlafe man zwar schneller ein, allerdings sei der Schlaf flacher und dadurch nicht so erholsam.

Die Verhaltenstipps

Auch wenn das eigene Wohlbefinden durch schlaflose Nächte erheblich beeinträchtigt werden kann, eine vorübergehende schlaflose Episode sei nicht gefährlich. „Viele kommen mit der Vorstellung in unsere Praxis, dass sie, wenn sie nicht schlafen, verrückt werden. Das passiert aber nicht“, kann Goebel beruhigen. Schlaf könne nachgeholt werden. Sinnvoll sei es, sich nicht stundenlang im Bett hin und her zu wälzen, sondern die Situation zu verlassen. „Aufstehen, einen Tee trinken, auf den Balkon gehen, ein Buch lesen – irgendwann stellt sich die Schlafbereitschaft ein“, so Lepperhoff.