Attendorn. Beim Attendorner Taxi Rinke bleiben auf dem Beifahrersitz regelmäßig die verrücktesten Gegenstände liegen – sogar ein echter Sombrero ist dabei.
Von der Fahrerin zur Geschäftsführerin. Den Weg in die Selbständigkeit hat Romy Weil nicht bereut. Am 1. Mai hat die 47-Jährige den Betrieb von Thomas Rinke übernommen. Mit Taxi Rinke sind unzählige Attendorner und Auswärtige aus der Kneipe, von privaten Feiern oder auf Schützenfest, Karneval und Neujahr nach Hause gefahren. Der einprägsame Firmenspruch „Willst du heim zu deinen Lieben, wähle 2127“ ist in der Hansestadt zum geflügelten Wort geworden. Bei ihren Fahrten haben die Frauen und Männer, die in den Taxis am Steuer sitzen, so einiges erlebt. Und liegengeblieben ist so manches.
Riesige Fundgrube – Taxi
Davon können Peter Goldkuhle und seine Kolleginnen und Kollegen ein Lied singen. Die Liste, die der seit 15 Jahren für Taxi Rinke fahrende Goldkuhle aufzählt, ist lang. „Richtig teure Fotoapparate, Regenschirme, Handys, Jacken, Geldbörsen und an Schützenfest Kappen und Mützen“, hat der Attendorner nach seiner Schicht im Auto schon gefunden. Seine Chefin Romy Weil, die weiter selbst fährt, ergänzt die Liste um „Schlüssel, Schals, Damenschuhe, Babyflaschen, Brillen oder Rucksäcke“. Die Wanderrucksäcke sind meist nach der Einkehr in einer Gaststätte im Wagen liegengelassen worden. „Nach Hochzeiten finden wir auch schon mal Stöckelschuhe“, schmunzelt ein Kollege von Peter Goldkuhle.
Und dann ist da ja noch die Sache mit dem schweren und riesigen Sombrero. Den hatte ein Kunde nach der Fahrt von einer Halloweenparty nach Olpe im Taxi vergessen. Gemeldet hat sich der „Mexikaner“ noch nicht. Der Sombrero kann in der Zentrale in der Donnerwenge abgeholt werden. „Das ist kein Billigteil und definitiv ein Originalhut aus Mexiko“, ist Petra Kaminski überzeugt. Die resolute Fahrerin ist seit 15 Jahren bei Taxi Rinke im Einsatz. „Ich gehöre zum lebenden Inventar“, lacht sie beim Besuch unserer Zeitung. Petra Kaminski fährt meistens die Spät- oder Nachtschicht. „Ich muss Geld verdienen und habe keine Angst. Man kann viel mit Humor erreichen. Ich weiß, wie man die Menschen ansprechen muss“, ist sie überzeugt.
Zwei brenzlige Situationen
Auch Geschäftsführerin Romy Weil hat keine Angst beim Fahren und noch keine bedrohliche Situation erlebt. Peter Goldkuhle erinnert sich an zwei brenzlige Situationen, allerdings für Fahrgäste. Einmal blieb eine hilflose und offensichtlich demente Frau im Auto sitzen. Kurzerhand fuhr er mit der orientierungslosen Kundin zur Polizei, wo ihm die Ordnungshüter weiterhalfen. Ein anderes Mal erlitt ein Schüler im Taxi einen epileptischen Anfall. „Ich habe sofort den Notarzt angerufen“, berichtet der erfahrene Taxichauffeur.
Einen gehörigen Schreck bekam zu später Stunde ein Kollege, der mit einem Bus eine größere Gruppe abgeholt hatte. Einer aus der Gruppe war offensichtlich auf einer der hinteren Sitzbänke eingeschlafen und wachte erst auf, als der Taxifahrer auf dem Weg in die Zentrale war. „Der Kollege hat sich ganz schön erschrocken, als der Mann im Bus wach wurde und vor ihm auftauchte“, erzählt Peter Goldkuhle.
Was passiert eigentlich mit den Sachen, die vor allem Wochenende und nach großen Festen im Taxi vergessen oder liegengelassen werden? Neben dem riesigen Sombrero warten zurzeit nur ein paar Kleidungsstücke in der Zentrale von Taxi Rinke darauf, von ihren Besitzern abgeholt zu werden. „Die Leute melden sich meistens schnell bei uns“, berichtet Geschäftsführerin Romy Weil. Wenn die Chefin von Taxi Rinke oder ihre Fahrerinnen und Fahrer Ausweispapiere, Geldkarten oder Hinweise in Portemonnaies finden, nehmen sie selbst den Kontakt auf.
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Irre Fundsachen-Statistik
„Am meisten bleibt in München und Berlin liegen, vor allem in der Weihnachtszeit. Das hängt wohl mit dem Einkaufsstress zusammen“, kennt ein Kollege die deutschlandweite Statistik. Stress gibt es für das Team von Taxi Rinke vor allem an den Karnevalstagen, an Schützenfesten und in der Silvesternacht. Dann laufen in der Zentrale täglich mehrere 100 Anrufe ein.
Viel Betrieb ist für den zurzeit (noch) einzigen Attendorner Taxibetrieb mit Spät- und Nachtfahrten auch beim Oktoberfest im Repetal. Dann geht es von dort bis nach Siegen, Hagen oder noch weiter. Auch Fahrten nach Frankfurt, Köln oder Düsseldorf sind keine Seltenheit. Deshalb bittet das Team von Taxi Rinke an dieser Stelle Kunden um Verständnis, die nicht vorbestellt haben und schon mal länger warten müssen.
„Es ist schwierig, neue Fahrerinnen und Fahrer zu finden. Wir arbeiten, wenn andere feiern“, betont Romy Weil. Sie hat ihrem Team sofort den Mindestlohn gezahlt, was in der Branche offensichtlich keine Selbstverständlichkeit ist. Die Taxitarife setzt der Kreis Olpe fest.
Übernahme war kein Fehler
Kennengelernt hat Romy Weil ihren Ehemann im Mai 2009 zwar nicht im Taxi, aber im Taxigeschäft. Sie fuhr damals für Taxi Rinke festangestellt in Olpe, er arbeitete im Betrieb als Aushilfsfahrer. Mit Verspätung haben die beiden am 25. August geheiratet. Wenige Tage nach der Übernahme des Betriebes von Thomas Rinke saß eine nicht unbekannte Attendornerin bei Romy Weil im Taxi und sagte augenzwinkernd zur neuen Chefin: „Sie sind entweder sehr mutig oder dumm.“ Darüber kann die 47-Jährige lachen.