Kreis Olpe. Nach der Haushaltssperre ist die Verlängerung der Strom- und Gaspreisbremse für 2024 vom Tisch – der Beschluss trifft auch den Kreis Olpe.
Eigentlich sollte die Gas- und Strompreisbremse in den nächsten Wochen für das nächste Jahr verlängert werden, doch das Haushalts-Urteil des Bundesverfassungsgerichts droht die Entscheidung zum Kippen zu bringen. Selbst Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat inzwischen kaum noch Hoffnung, dass die Strom- und Gaspreisbremse noch umsetzbar ist – das hätte langfristig auch deutliche Auswirkungen auf den Strom- und Gaspreis und damit auch den Geldbeutel der Menschen im Kreis Olpe.
Neue Wirtschaftsstabilisierungsfonds verfassungswidrig?
Das Bundesverfassungsgericht hatte vorige Woche den vorgelegten Nachtragshaushalt aus 2021 für „verfassungsrechtlich äußerst problematisch“ erklärt. Damit fallen bereits 60 Milliarden für Klimaschutzprojekte weg und lassen ein riesiges Finanzloch im Haushaltsplan entstehen. Der Fonds wurde während der Corona-Krise beantragt, aber während der Notlage nicht ausgegeben. Nachdem die Pandemie nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, kann das Geld aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr für Notlagen ausgegeben werden – ähnliches droht für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds und damit die Strom- und Gaspreisbremse, die die beanstandeten Preise deckelt.
Grünen-Politiker Robert Habeck sieht nach dem Haushalts-Urteil auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) als stark gefährdet an – das bedeutet, dass auch ein über 22 Milliarden Euro großes Subventions-Paket für die geplante Strom- und Gaspreisbremse wackelt. Im Hinblick auf das zusätzliche Milliarden-Finanzloch scheint ein weiteres Hilfspaket für Bürger und Bürgerinnen im Falle einer neuerlichen Strom- und Gaskrise nur schwer umsetzbar.
Nicht abschätzbare Folgen: Viele sind aktuell noch betroffen
Aus Sicht von Anne Hausmann, Leiterin der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW in Lennestadt, hätte das plötzliche Wegfallen der Preisbremsen trotz aktuell günstigen Strom- und Gaspreisen weitreichende Konsequenzen: „Es gibt viele Verbraucher, die an ihre langfristigen Verträge gebunden sind und dort noch nicht herauskommen“, drohen Betroffenen viele Unsicherheiten. In ihrer Funktion führt sie aktuell viele Telefonate mit besorgten Bürgern, die bis in den Frühling 2024 an ihre teuren Verträge aus den Vorjahren gebunden sind und teilweise bis zu 55 Cent pro Kilowattstunde zahlen.
Die tatsächlichen Auswirkungen einer weiteren Energiekrise kann die Expertin nach jetzigem Stand nicht abschätzen, allerdings würde ein nicht abgefederter Anstieg des Strompreises heftige Auswirkungen haben. „Wenn der Strom- und Gaspreis steigt, wird ein Großteil des Haushaltsgeldes der Bürger dafür zurückgelegt werden müssen. Viele Personen können sich die Kosten so schon nicht leisten und auch in Bezug auf das Gas wird das dann auch die Kommunen treffen. Dann kommt genau das, was wir eigentlich verhindern wollen, dann kommt es zu Sperrungen“, betont sie.
Ohne Abfederung deutlicher Preisanstieg erwartet
Energiemarkt-Expertin Christina Wallraf aus der Düsseldorfer Geschäftsstelle der Verbraucherzentrale NRW sieht beim Kippen der Preisbremsen ein weiteres Problem auf die Bürger zurollen: Das Ende des Wirtschaftsstabilisierungsfonds bedeute gleichzeitig auch das Ende des staatlichen Zuschusses für die Übertragungsnetzentgelte. Nur über Milliarden-Subventionen konnte hier bislang der ansteigende Preis auf gleichem Niveau gehalten werden. Ohne die Abfederung werde es hier zu einem deutlichen Anstieg kommen und dieser auf die Stromrechnungen vom Verbraucher übertragen werden. „In diesem Fall würden die Strompreise spürbar steigen. Das wäre wahrscheinlich schon ein großer Anstieg“, spricht Wallraf von zusätzlichen dreistelligen Summen zum Jahresende.
Robert Habeck geht von deutlich ansteigenden Energiekosten aus: „Sollten wir in eine Krise reingeraten, werden wir die Gas- und die Strompreisbremse nicht mehr ziehen können. Dann werden wir höhere Gas- und Strompreise und Fernwärmepreise haben.“ Doch ganz so bedrückend würde das Anne Hausmann aktuell nicht sehen: „Der Preis wird im Wesentlichen von der Beschaffungslage im Winter abhängen“, hält sie fest. Momentan deute nicht viel auf einen Engpass hin, das könne sich aber je nach Temperaturen schnell verändern. Das bestätigt auch Energiemarkt-Expertin Christina Wallraf aus der Düsseldorfer Geschäftsstelle der Verbraucherzentrale NRW: „Aktuell sieht es bei der Energieversorgung gut aus. Wir hätten uns aber auch für nächstes Jahr eine Absicherung gewünscht. Die Versorger kalkulieren jetzt nicht die Preise neu.“
Strompreis von Gasvorkommen abhängig
Der meiste Strom werde aus Gas hergestellt; wenn dieses knapp werde, steige mit dem Gaspreis auch gleichzeitig der Strompreis deutlich an. Zwar sei der Strompreis in den letzten Monaten wieder tendenziell um drei bis vier Cent angestiegen, die Lage sei jedoch noch stabil, betont Hausmann. Sie rät daher Bürgern schnell zu reagieren und jetzt die recht günstigen Angebote auszunutzen. Eine vollständige Sicherheit gebe es bei den Preisstrukturen auch mit eingebauten Preisgarantien ohnehin nicht. „Eine echte Preisgarantie auf alle Vertragsbausteine ist sehr selten“, erklärt sie, dass Anbieter bei Steuererhöhungen die Preise auch dann erhöhen können.