Altenhundem. Ausschuss ist einstimmig für entsprechendes Energiepolitisches Arbeitsprogramm. Die CDU ist skeptisch, sollten Förderungen wegfallen.

Formell muss der Rat der Stadt Lennestadt noch zustimmen – faktisch ist die Sache praktisch schon beschlossen: Der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Stadtentwicklung und Bauen hat am Dienstag im Rathaus der Stadt Lennestadt in Altenhundem einstimmig eine Empfehlung an den Rat ausgesprochen, den Weg weiterzugehen, der bereits vor vielen Jahren eingeschlagen wurde und der die Stadt Lennestadt bis spätestens 2040 bilanziell zur treibhausgas-neutralen Kommune machen soll. Detailliert heißt das, dass spätestens in besagtem Jahr auf dem Gebiet der Stadt Lennestadt mindestens so viel Energie gewonnen wird, wie ihre Einwohnerinnen und Einwohner verbrauchen oder aber, dass durch die Bindung von Kohlendioxid mehr Treibhausgase kompensiert werden als entstehen.

Reiner Tippkoetter vom von der Stadt beauftragten Büro „Energielenker“ war ein großes Zeitfenster im Ausschuss eingeräumt worden, um das Energiepolitische Arbeitsprogramm vorzustellen, das zu diesem ambitionierten Ziel führen soll. Er betonte, dass künftig nicht wie bisher nur dem Klimaschutz, sondern auch der Klimafolgenanpassung Beachtung geschenkt werden solle. „Wichtig ist, beides zu tun“, so Tippkoetter, denn eine Kommune wie Lennestadt könne so viel in den Klimaschutz investieren wie sie wolle – die Folgen der Klimakrise könne sie damit nicht in den Griff bekommen, weil dies ein globales Problem sei. Mit anderen Worten: Selbst wenn die Lennestadt jedes Dach im Stadtgebiet zum Solarkraftwerk macht, wird sie nicht verhindern können, dass die Veischede immer wieder über die Ufer tritt, weil Starkregen dies hervorrufen und muss auch diese Folgen im Auge behalten.

„Gemeinsam regional“ muss die große Botschaft sein.
Reiner Tippkoetter, Büro „Energielenker“

Das alles werde viel Geld kosten, daran ließ Reiner Tippkoetter keinen Zweifel, aber es sei kein verpufftes Geld, sondern regionale Wertschöpfung. Außer Windkraft und Photovoltaik sei im konkreten Fall von Lennestadt auch das Thema Holz als Brennstoff ein wichtiger Faktor. „,Gemeinsam regional‘ muss die große Botschaft sein“, so der Fachmann.

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Er nannte konkrete Zahlen: Derzeit gehe man für Lennestadt von Treibhausgasemissionen von 10 Tonnen pro Einwohner und Jahr aus, das Fernziel müsse bei einer Tonne, eher noch einer halben Tonne liegen. Ein Teil davon regle sich quasi von selbst, so Tippkoetter: „Sie werden künftig weniger Energie brauchen, weil der Verkehr und der Wärmemarkt elektrifiziert werden.“ Die höhere Effizienz sorge für eine Senkung der Treibhausgas-Entsprechung. „Der urbane Raum kann sich nicht selbst versorgen, mancher ländliche Raum auch nicht. Aber wenn der Windkraft-Ausbau und die Photovoltaik auf Dächern sowie Sonderflächen kontrolliert angegangen werden, kann es geschafft werden. Lennestadt kann bilanziell mehr Energie erzeugen als verbraucht wird. Lennestadt kann es schaffen, mit eigenen Anlagen ohne Import eine Treibhausgasneutralität bis 2040 zu erreichen.“

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Ein herausragender Standortvorteil seien die geplanten Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf ehemaligem Militärgelände. Auch sei nicht die Kommune an sich allein gefragt. Vielmehr gehe das Thema jeden Einwohner, jedes Unternehmen an, wobei die Stadt mit gutem Beispiel vorangehe und auch die Mitgliedschaft etwa in der vom Kreis getragenen Erneuerbare Energien Beteiligungs- und Entwicklungsgesellschaft sei ein Teil der Lösung. „Ebenfalls eine große Möglichkeit, die Lennestadt hat und andere nicht, ist der Waldumbau zur Kompensation. Und auch die kommunale Wärmeplanung ist ein ganz wichtiges Strategieinstrument“, das Thema Fernwärmenetze sei ein ganz wichtiger Baustein der Energiewende.

Wir werden immer Verkehr auf der Straße brauchen.
Gregor Schnütgen, CDU-Fraktion

Der Ausschuss bedachte die Äußerungen des Fachmanns mit Applaus – aber auch mit ein wenig Skepsis. Gregor Schnütgen (CDU) gab zu bedenken, dass er Probleme sehe, im Bereich Verkehr so viel Energie einzusparen wie Tippkoetter fordere. „Wir leben hier ja davon, dass der Verkehr auch fließt. Wir leben davon, dass Waren hergebracht, verarbeitet und wieder weggebracht werden. Wir werden immer Verkehr auf der Straße brauchen. Glauben Sie wirklich, dass wir das so runterregeln können, dass wir das Ziel 2040 erreichen?“ Tippkötter entgegnete, das Ziel sei zugegeben ambitioniert. „Aber wir werden sehr starke Veränderungen haben. Fossile Energie wird teuer werden, leider Gottes bedeutet das für viele den Zwang, in den nächsten Jahren den Wärmeerzeuger umzustellen. Aber wir werden Wärmenetze oder Wärmepumpen bekommen, die so gut werden, dass ertüchtigte Häuser damit gut beheizbar sind.“ Dennoch forderte Schnütgen dazu auf, „nicht aus dem Auge zu verlieren, dass ganz viel nur funktioniert, wenn das Geld da ist. Wir können viele Dinge, zum Beispiel Wärmeplanung, bei 90 Prozent Zuschusserwartung so lassen. Aber der Ehrlichkeit halber sollten wir heute schon sagen, dass das alles Illusion ist, wenn Bund und Land das nicht fördern.“ Andreas Verbeek (Grüne) widersprach: „Wenn wir uns jetzt schon in die Hose machen, können wir es gleich lassen. Ich denke, der Beschluss, den wir hier vorliegen haben, ist in Ordnung, wir sollten uns keine zusätzliche Fußfessel anlegen, weil die Aussichten düsterer sind als wir es uns voriges Jahr vorgestellt haben.“


Nachdem Tippkoetter betont hatte, dass es beim Beschluss ja nur um die Leitplanken an sich gehe und noch keine konkrete Umsetzung damit verbunden sei, gab der Ausschuss sein einstimmiges Plazet zu dem Grundsatzpapier.