Kreisausschuss Olpe: Landrat Theo Melcher appelliert vergeblich und enthält sich bei Abstimmung zum eigenen Beschlussvorschlag.

Es ist ein Vorgang mit Seltenheits-Garantie, wenn die CDU im Olper Kreistag sich gegen eine Beschlussvorlage „ihrer“ Kreisverwaltung wendet. Doch das seit über 20 Jahren strittige Thema Biologische Station hat genau das im Kreisausschuss hervorgerufen. Nachdem durch einen Vorstoß von BUND und NABU, unterstützt vom Kreisheimatbund, das Thema nach jahrelangen Versuchen erstmals mit Erfolgsaussichten ins Gleis gestellt worden war, folgt nun die Kehrtwende.

120.000 Euro pro Jahr vom Kreis

Bevor es in die Diskussion ging, berichtete Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum, nach dem Rückzug der Waldbauern aus der Beteiligung an einer Biologischen Station (wir berichteten) habe den Kreis ein gemeinsames Schreiben von BUND, NABU und dem Landwirtschaftlichen Kreisverband erreicht, in dem diese betonten, auch ohne die Waldbauern eine Biologische Station gründen zu wollen. Weiterhin sei die ebenfalls im Kreis-Umweltausschuss angesprochene Diskussion mit den Kommunen erfolgt: Die Bürgermeister hätten „angesichts der herausfordernden Haushaltslage die einvernehmliche Bitte an uns herangetragen, vor dem erwarteten Rekord-Haushalt von der Einrichtung einer Biologischen Station abzusehen“. Es geht um 120.000 Euro, die der Kreis jährlich als Zuschuss leisten müsste, den Rest der Kosten trägt das Land.

Wenn jetzt sogar die Kommunen einstimmig nicht wollen, können wir das nicht machen.
Wolfgang Hesse, CDU

Dr. Franz Lenze erklärte für die CDU: „Wir werden den Beschluss nicht mittragen.“ Wesentliche Gründe seien das Ausscheren der Waldbauern und die Bitte der Bürgermeister. Bernd Banschkus von der SPD ging auf Angriffskurs: „Ich sage Ihnen: Die Zeit war schon vor 23 Jahren reif.“ Im Jahr 2000 habe die SPD erstmals den Antrag zur Gründung einer Bio-Station gestellt, „was hätten wir an Landesförderungen generieren können?“

Doch CDU-Fraktionschef Wolfgang Hesse konterte, die Unterscheidung zwischen Nutzern und Schützern sei längst nicht mehr aktuell, Landwirte seien nicht nur Nutzer, sondern auch Schützer der Umwelt. „Wenn jetzt sogar die Kommunen einstimmig nicht wollen, können wir das nicht machen.“ Weiterhin griff er, ohne ihren Namen zu nennen, die ehemalige Vorsitzende des Kreisheimatbundes, Dr. Roswitha Kirsch-Stracke, an: „Aus Sicht der CDU-Fraktion war es nicht zweckdienlich, dass eine ehemalige Funktionsträgerin des Kreisheimatbundes das zu ihrer persönlichen Angelegenheit gemacht hat.“

Landwirte könnten Mittel über die Biologische Station einwerben und damit dem ganzen Kreis Vorteile bringen.
Fred Hansen, Grüne

Fred Hansen von den Grünen kündigte daraufhin an, seine Partei werde die bisher geübte Zurückhaltung in Sachen Bio-Station nun aufgeben und massiv in den Kampf dafür eintreten. „Wir hatten sehr große Hoffnungen gesetzt und uns als Partei bewusst zurückgehalten, weil es erstmals nicht politisch, sondern rein fachlich-sachlich getragen war.“ Der Schritt von Waldbauern und CDU sei falsch: „Viele Landwirte haben aufgrund des Klimawandels massive Probleme, und sie könnten Mittel über die Biologische Station einwerben und damit dem ganzen Kreis Vorteile bringen.“

Meinolf Schmidt von der UWG attackierte die Grünen: Hansens Angabe im Umweltausschuss, die Waldbauern seien an anderen Biologischen Stationen ebenfalls nicht beteiligt, seien falsch. „Wir haben bei sieben zu zählen aufgehört.“ Der Kreis müsse endlich aufhören, immer neue Projekte zu starten: „Es ist kein Geld mehr da, wir müssen uns auf das Notwendigste beschränken, und das nicht nur hier, sondern in vielen anderen Punkten auch.“ Rainer Uta von der AfD ging ebenfalls die Grünen an: „Ich finde es sehr seltsam, wenn sich die Partei, die die Wälder mit Windkraft zupflastert, für eine Biologische Station starkmacht. Das ist ein umweltpolitisches Feigenblatt vor riesiger Landschaftszerstörung.“

Hesse griff Hansens Kritik auf: Dieser habe „ja teilweise recht. Die Kosten des Klimawandels werden immens sein, aber ob wir die durch eine Biologische Station auffangen können, wage ich zu bezweifeln“. Vielmehr sei eine solche Einrichtung auch ideologisch gesteuert. „Das ist auch eine Jobmaschine für grün angehauchte Stellenbewerber.“

Wir waren noch nie so weit wie jetzt, dass sich Landnutzer und -schützer so angenähert haben.
Theo Melcher, Landrat

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Ungewohnt kritische Worte zu einem kommunalpolitischen Vorgang gab es zum Ende der Debatte vom Landrat. Theo Melcher: „Wir waren noch nie so weit wie jetzt, dass sich Landnutzer und -schützer so angenähert haben.“ Eine Biologische Station schaffe zusätzliche Einkommensmöglichkeiten, „insbesondere für extensiv wirtschaftende Betriebe“. Seine Verwaltung habe sich aus fachlicher Sicht klar für die Bio-Station ausgesprochen. Aber bei allen Überlegungen sei er davon ausgegangen, dass ein breiter Konsens zur Bildung der Station bestehe. „Ich bedauere, dass er nicht da ist, aber der Waldbauernverband hat sich nun mal verabschiedet.“ Er appellierte: „Wir sollten den endgültigen Ausstieg nicht übers Knie brechen, es kommt auf ein Jahr mehr oder weniger nicht an.“ Genau das hätten Naturschutzverbände und Kreisheimatbund nach der Berichterstattung über den Umwelt- und Strukturausschuss auch angeregt. „Sie bitten, die Entscheidung auf 2024 zu verschieben, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen klarer sind. Das wäre auch mein Appell. Es wäre klug, hier nochmal innezuhalten.“ Ob dies gelingt, wird sich im Kreistag zeigen, der am 11. Dezember tagt und final über das Thema abstimmt. Im Kreisausschuss, der eine Beschlussempfehlung an den Kreistag aussprach, stimmten fünf Grüne und Sozialdemokraten für den Vorschlag der Kreisverwaltung, CDU und die übrigen Fraktionen hielten mit neun Stimmen dagegen. Landrat Melcher enthielt sich bezüglich seiner praktisch eigenen Vorlage.