Kirchveischede. Der Kirchveischeder Sebastian Pütter hat eine bahnbrechende Heiztechnik für Spritzgussautomaten entwickelt. Dafür wurde er nun ausgezeichnet.

Effizientes und nachhaltiges Heizen ist nicht nur „das Thema“ bei Haus- und Wohnungsbesitzern, sondern auch bei Industrieunternehmen. Wie kann der Energieeinsatz im Produktionsprozess reduziert werden?, ist die Gretchenfrage. Für Kunststoffverarbeitende Unternehmen hat Sebastian Pütter aus Kirchveischede eine Lösung gefunden. Der 40-Jährige hat eine komplett neue Heiztechnik für Spritzgussmaschinen entwickelt und zum Patent angemeldet. Dafür wurde sein im Juni gegründetes Unternehmen „Smart Plastify“ jetzt mit dem mit 5.000 Euro dotierten ersten Preis des „JU DO! Gründerwettbewerbs 2023“ der Wirtschaftsjunioren Südwestfalen e.V. ausgezeichnet.

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Viele wegweisende und revolutionäre Ideen entstanden durch Tüftelei im Bastelkeller. Bei Sebastian Pütter ist das nicht viel anders. Geboren wurde die Idee in Pütters Carport in Kirchveischede. „Ich habe dort die ersten Versuche gemacht und mit einem Winterofen experimentiert“, erinnert er sich an die ersten Gehversuche. Dann kaufte er eine gebrauchte Spritzgussmaschine. „Daran konnte ich Maß nehmen und rumtüfteln.“

Darum geht es: Vor dem Spritzgussvorgang müssen die drei Millimeter dicken Kunststoff-Granulatkörner durch Erhitzen weich und geschmeidig gemacht werden, im Fachjargon nennt man diesen Prozess Plastifizieren. „Die Körner werden einem Plastifizierzylinder zugeführt, das ist ein dickwandiger Hohlzylinder aus Stahl. Darin läuft eine Förderschnecke, die das Granulat vom Anfang bis zum Ende der Maschine führt. Das Granulat wird dabei mit Heizelementen, die außen um den Zylinder herum gespannt sind, erhitzt. „Dieser aktuelle Stand der Technik mit außenliegenden Zylinderheizbändern basiert auf einem Patent von 1933 und wird noch heute herstellerübergreifend weltweit eingesetzt“, erklärt der gebürtige Lenhauser, der seit 2019 in Kirchveischede wohnt. „Das heißt, meine 22 Jahre alte Maschine ist immer noch aktueller Stand der Technik und den möchte ich ändern“, so der Erfinder.

Und zwar mit einer von ihm selbst entwickelten „innenbeheizten Plastifiziereinheit“, bei der die Hitze durch eine Art Heizstab direkt und ohne Verluste dort entsteht, wo sie benötigt wird, also im Innern des Zylinders. Gepaart mit einer hocheffektiven Dämmung sei dieses System wesentlich leistungsfähiger und reduziere den Energieeinsatz beträchtlich, so Pütter, der sich schon seit einem Vierteljahrhundert mit Kunststoff-Spritzguss beschäftigt.

Versuchsanordnung in Pütters privatem Carport in Kirchveischede.
Versuchsanordnung in Pütters privatem Carport in Kirchveischede. © WP | Privat

1999 begann er eine Ausbildung bei der Menshen GmbH in Finnentrop zum Verfahrenstechniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik, bildete sich zum Industriemeister und technischen Betriebswirt weiter. Von 2009 bis 2016 verantwortete er bei der Firma Viega in Elspe die Fertigung in der Spritzerei, bevor er als Produktionsleiter zurück zu Menshen wechselte. Seit letztem Monat ist er Geschäftsführer des Unternehmens Ormaplast Systems GmbH in Schmallenberg.

Die Entwicklung seines neuartigen Heizelements fand in der Freizeit statt. Für seine Idee hat er ein Patent angemeldet. Im Moment gibt es die Technologie nur auf dem Papier. Bis diese in ein verkaufsfähiges System mündet, wird es noch einige Zeit dauern. Pütter, bzw. „Smart Plastify“ hat einen Förderantrag für das Programm „Grüne Gründung NRW“ gestellt, um damit einen ersten Prototypen zu realisieren. Die Gesamtkosten dafür betragen etwa 580.000 Euro. Sollte der Antrag Erfolg haben, winkt dem jungen Unternehmer eine Förderung in Höhe von 90 Prozent. „Das wäre natürlich ein Riesending“, so der Familienvater aus Kirchveischede.

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Sein Ziel ist, auf der K-Messe 2025, der Internationalen Leitmesse für die Kunststoffindustrie, auf einem Stand eines führenden Maschinenherstellers eine Maschine mit seinem Heizsystem als Machbarkeitsstudie vorzustellen. „Ich habe mit führenden Herstellern gesprochen, das Feedback war positiv. Alle haben Interesse signalisiert.“ Sie warteten nun auf den ersten Prototypen.

Die Fachjury des „JU DO! Gründerwettbewerbs 2023“ unterstrich in ihrer Begründung: „Der Mittelstand sucht nach Wegen, den Energieverbrauch zu senken. Vor diesem Hintergrund trifft der Gründer den Nerv seiner Zielgruppe und löst mit seinem innovativen Heizverfahren die wortwörtlich in die Jahre gekommene Technologie ab. Er überzeugt durch hohe fachliche Kompetenz, langjährige Kenntnisse und Erfahrungen am relevanten Markt.“

Informationen

Sebastian Pütter bzw. „Smart Plastify“ ist auch für den Unternehmerpreis Südwestfalen, der am 16. November in Iserlohn vergeben wird, nominiert.

Der zweite Platz (3.000 €) geht an Gennaro Patitucci aus Wilnsdorf. Sein im April gegründetes Unternehmen „Camp and Action“ ist auf den Verleih von Camping- und Transportfahrzeugen im Freizeit- und Activity-Bereich spezialisiert.

Auf Platz drei (2.000 €) kommt Till Seyer aus Netphen, der mit seiner Firma „typegear.ai“ KI-Technologie per APP für jedermann zugänglich machen will.