Heggen. Das Land NRW wird eine weitere zentrale Unterbringungseinrichtung für Asylsuchende im Kreis Olpe etablieren. So wird der Betrieb geregelt.
Ab Januar ziehen wieder Flüchtlinge in die ehemalige Jugendherberge in Heggen ein. Der Finnentroper Gemeinderat unterstützte am Dienstagabend mit seinem einstimmigen Votum den Wunsch der Bezirksregierung Arnsberg und der Gemeinde selbst, in dem Gebäude an der Ahauser Straße, ursprünglich ein Krankenhaus, eine Zentrale Unterbringungseinrichtung des Landes NRW zu etablieren. Damit entsteht neben der ehemaligen Familienferienstätte „Regenbogenland“ in Olpe die zweite Landesunterkunft für Asylsuchende im Kreis Olpe. Der Mietvertrag gilt bis Ende März 2026. Das Land, dessen Unterkünfte rappelvoll sind, nutzte die Immobilie in Heggen bereits während der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015/16 als Notunterkunft. Wann genau im ersten Quartal 2024 Geflüchtete einziehen, steht noch nicht fest.
+++ Hier lesen Sie einen Kommentar zu dem Thema +++
Die Vereinbarung zwischen der Gemeinde als Eigentümerin der ehemaligen Herberge, die zuletzt als interkommunale Notunterkunft des Kreises für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine genutzt wurde, sieht vor, dass das Gebäude ausschließlich von Familien genutzt werden darf. Auf diesen Deal legt der Erste Beigeordnete der Gemeinde, Ludwig Rasche, großen Wert, denn: „Wir möchten einen konfliktfreien Betrieb im Hinblick auf die Lage der Jugendherberge mitten im Ort von Heggen, in Nachbarschaft von Schule und Kita“. Heißt also, dass dort keine alleinstehenden Männer unterkommen. Insgesamt bietet die Herberge Platz für gut 200 Personen. Zum Vergleich: Im „Regenbogenland“ in Olpe sind doppelt so viele Flüchtlinge untergebracht.
Sechs Monate Aufenthalt
Die untergebrachten Familien werden nach einem halben Jahr Heggen wieder verlassen und einer Kommune zugewiesen, so schreibt es das Asylverfahren NRW vor. Heißt: „Die Kinder werden auch nicht in unser Schulsystem integriert und besuchen auch keine Kita in Finnentrop“, erklärt Rasche. Die Bezirksregierung wird einen Betreuungsdienstleister damit beauftragen, insbesondere den Kleinsten eine Tagesstruktur zu geben – dabei soll unter anderem eine Kinderspielstube helfen. Für die Älteren wird es unter anderem Freizeit- und Sportangebote geben. Zudem wird ein Umfeldmanager als Ansprechpartner für Anwohner installiert und ein Sicherheitsdienst beauftragt, heißt es in einer Pressemitteilung aus Arnsberg.
Das Gelände wird umzäunt. Dazu erklärt Ursula Kissel, Sprecherin der Bezirksregierung: „Um zum Beispiel aus Gründen des Brandschutzes – Evakuierung des Geländes bei Notfällen – jederzeit einen Überblick über die Belegung in der Einrichtung zu haben, werden Einlass- und Auslasskontrollen durchgeführt. Dafür ist eine Umzäunung des Geländes und der Zugang über eine Pforte in jeder Einrichtung des Landes erforderlich. Dies dient der Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der Beschäftigten.“
Bis zum Einzug der ersten Familien wird die alte, spürbar in die Jahre gekommene Herberge ertüchtigt – und zwar so, „dass man dort einen sicheren Betrieb garantieren kann“, erklärt Rasche. So werde unter anderem die Heizung instandgesetzt, die Fenster werden auf ihre Sicherheit geprüft, ein Wasserschaden behoben, der Brandschutz gescheckt und eine Parkplatzfläche für die Mitarbeiter angelegt. Die Bezirksregierung kann sich zu einem Großteil am Inventar der ehemaligen Herberge bedienen, zum Beispiel an den vorrätigen Betten. Sprecherin Kissel ergänzt auf Nachfrage: „Für die Essensversorgung der Geflüchteten wird ein Verpflegungsdienstleister beauftragt. Die vorhandene Großküche steht ihm dafür zur Verfügung. Die sanitären Anlagen werden bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt.“
Direkt angerechnet
Für die Gemeinde selbst wird die Landeseinrichtung zur großen Entlastung, denn die Kapazität der Unterkunft wird auf die Aufnahmeverpflichtung der Gemeinde angerechnet. Damit fallen in nächster Zeit rund 200 kommunale Zuweisungen weg. „Das heißt für uns auch, dass wir mal kurz Luft holen können. Wir bekommen täglich Zuweisungen und sind mit unserem Latein am Ende“, verdeutlichte Rasche im Gemeinderat, dass Finnentrop kaum noch Flüchtlinge untergebracht bekommt. Das Problem indes haben viele Kommunen. Rasche machte jedoch klar, dass sich die Gemeinde keineswegs ausruhen werde und weitere kommunale Unterbringungsmöglichkeiten planen werde, beispielsweise im Frettertal. Die Angst, zeitnah Schützen- oder Turnhallen zu belegen, ist aber vorerst gebannt. Mehr als 550 Menschen aus mittlerweile 20 Nationen hat die Gemeinde bereits untergebracht.
- Finnentrop: Hier gibt‘s die Kinderbetreuung zum Nulltarif
- Bäckerei Lennemann schließt: So geht‘s in Finnentrop weiter
- Begeisterter Dino-Nerd: „Dafür muss man schon verrückt sein“
Die Anwohner von Heggen werden am Dienstag, 28. November, ab 18.30 Uhr in der örtlichen Schützenhalle zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, auf der laut Rasche keine Frage unbeantwortet bleiben dürfe. Sicherlich werden einige Anwohner ihre Bedenken oder Ängste kundtun. „Ich will zumindest nicht ausschließen, dass diese Landeseinrichtung den Ort aufwühlen könnte“, sagt Jochen Schäfer, Anwohner und Mitglied der Interessengemeinschaft, die sich für den Erhalt der alten Kapelle an der Jugendherberge einsetzt. Bekanntlich soll die ehemalige Jugendherberge in ferner Zukunft abgerissen werden und auf dem Areal Platz geschaffen werden für neue Wohnformen. In diesem Kontext ist noch unklar, was mit dem alten Gotteshaus passiert. Die Gemeinde will laut eigener Aussage die Zeit bis Frühjahr 2026 nutzen, die Planungen diesbezüglich voranzutreiben.
Seit Dienstagabend ist zunächst erstmal klar: Kurz- und mittelfristig wird die alte Jugendherberge mal wieder als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Und zwar für Familien, die das Land nach einem halben Jahr an eine Kommune weiterleitet.