Attendorn. Die Stadt Attendorn wird rund 16 Mio. Euro im Eckenbachtal vergraben. Auf der grünen Wiese entsteht ein Industriegebiet. Das ist der Grund.

Um das hügelige Eckenbachtal „glattzuziehen“, wird die Stadt Attendorn mehr als 16 Millionen Euro vergraben. Was nach einem verspäteten April-Scherz klingt, ist in Wahrheit eine aus Sicht der Stadt notwendige und unaufschiebbare Investition in ein Prestigeprojekt der nächsten Jahre: Bekanntlich soll im Eckenbachtal auf einer Netto-Baufläche von rund 26 Hektar das Gewerbegebiet Fernholte entstehen. Dafür muss nicht nur ein kleines Gewässer verlegt, sondern auch reichlich Erde umgeschichtet werden. „Im Prinzip schieben wir Bodenmasse von den höheren in die tieferen Bereiche“, erklärt Tiefbauamtsleiter Manuel Vogt. Dafür müssen in den kommenden zwei Jahren rund 700.000 Kubikmeter Erde bewegt werden.

Die Planungen im Rathaus sehen vor, dass ein noch zu beauftragendes Tiefbauunternehmen im Sommer nächsten Jahres mit der aufwendigen Profilierung des Geländes beginnt und damit nach rund einem Jahr Netto-Bauzeit fertig ist, mutmaßlich also gegen Ende des Jahres 2025. Gibt die Politik für diese Baumaßnahme (im Haushaltsjahr 2024) grünes Licht, wird die Stadt Anfang kommenden Jahres die EU-weite Ausschreibung veröffentlichen. Laut Vogt seien der zu erwartende Lohn- und Maschineneinsatz die großen Kostentreiber, denn: „Wir gehen schon davon aus, dass die beauftragte Firma mit einem großen Maschinenfuhrpark anzureisen wird.“ Der Tiefbauamtsleiter glaubt auch nicht, dass sich lokal ansässige Firmen bewerben werden, sondern vielmehr spezialisierte Unternehmen aus der Ferne.

Erste Kanalbauarbeiten im Jahr 2024

Neben dem Bodenausgleich sollen 2024 die ersten Kanalbauarbeiten im künftigen Gewerbegebiet starten, das für die Stadt eine immense Bedeutung besitzt. Seit Jahren schon kann sie expansionswilligen Unternehmen keine städtischen Grundstücke mehr anbieten, und selbst nach der Fertigstellung von Fernholte fehlen der Stadt rechnerisch 34 Hektar Gewerbeflächen. Der Druck auf die Verantwortlichen im Rathaus ist daher enorm, es gibt nicht wenige Firmen, die dringend Erweiterungsflächen brauchen und auf ein Grundstück im Eckenbachtal hoffen. Darauf haben Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) und Baudezernent Carsten Graumann in der jüngeren Vergangenheit immer wieder hingewiesen.

+++ Lesen Sie hier: Attendorn: Busunfall – Polizei schließt Fremdverschulden aus +++

Sind die immensen Erdmassen umgeschichtet, wird die Stadt das Gelände zunächst „liegen“ lassen, damit sich der Boden setzen kann. Deswegen wird es frühestens im Jahr 2026 mit dem Bau weiterer Kanäle weitergehen. Ungefähr zu dieser Zeit sollen die Versorgungsleitungen gelegt sowie die Straßen (die Zufahrtsstraße wurde bereits 2014 errichtet) und ein Regenrückhaltebecken gebaut werden, was wiederum Monate dauern wird. Bis die ersten Unternehmen zur Grundsteinlegung einladen können, schreiben wir mindestens das Jahr 2027.

Derzeit laufen im Eckenbachtal die Arbeiten zur Gewässerumlegung, um die seit Jahren juristisch gestritten wird. Bereits Ende 2020 hatte der Kreis Olpe der Stadt Attendorn die wasserrechtliche Genehmigung erteilt, den kleinen Bachlauf an den Rand des Plangebietes zu verlegen. Dagegen hatte die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) im Auftrag der hiesigen Initiative zur Erhaltung des Eckenbachtals geklagt.

Vor Gericht sind Naturschützer in der Zwischenzeit drei Mal gescheitert; zwei Mal im sogenannten Eilverfahren zunächst vor dem Verwaltungsgericht in Arnsberg und anschließend vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster sowie kürzlich im Hauptverfahren in Arnsberg. Grundlegender Tenor der Richter: Sie stufen die Notwendigkeit neuer Gewerbeflächen in der Hansestadt höher ein als die Umweltbedenken der Klägerseite. Ob der jahrelang andauernde Rechtsstreit durch das jüngste Urteil beendet ist, steht indes noch nicht fest. „Wir befinden uns aktuell in der juristischen Prüfungsphase bei der Frage, ob wir Berufung einlegen. Zudem bemühen wir uns noch um eine zweite Meinung“, kann Rainer Fischer, Geschäftsführer des LNU, derzeit noch keine finale Entscheidung verkünden. Einen Antrag auf Berufung hat die Landesgemeinschaft indes vorsorglich eingereicht.