Listerscheid. Das Vereinshaus der Listerscheider Schützen wird seit Monaten kernsaniert – nicht ohne Überraschungen. So läuft der Umbau im Ihnetal.
Die Ratsfraktionen der Attendorner CDU und SPD waren schon vor Ort, um sich über die Arbeiten an der Großbaustelle „Vereinshaus Ihnetal“ zu informieren. Bürgermeister Christian Pospischil, selbst Vereinsmitglied, spendet am Samstag ein Frühstück für die fleißigen Helfer des Schützenvereins Listerscheid 1868. „Der Zusammenhalt ist enorm. Wenn man die Leute anspricht, sind sie da“, freut sich der 1. Vorsitzende Alexander Böhne über die Unterstützung aus dem gesamten Ihnetal für das Projekt, das sein vergleichsweise kleiner Verein seit Monaten stemmt: die Sanierung des zwischen 1925 und 1927 gebauten denkmalgeschützten Vereinshauses im Ortsteil Weschede, das mehr als eine Schützenhalle ist.
Seit dem letzten Besuch unserer Redaktion hat sich im und am vereinseigenen Gebäude an der Wesetalstraße einiges getan. Im entkernten Innenraum stehen zwar die Gerüste und Stützen noch dicht gedrängt, aber die Hauptarbeit hat sich nach außen verlagert. Genauer nach oben, auf das Dach der in die Jahre gekommenen Halle, die schon so viele Schützen- und Karnevalsfeste sowie private Veranstaltungen gesehen hat. Die Helfer, denen der Reporter an diesem Junitag aufs Dach gefolgt ist, müssen schwindelfrei und trittsicher sein.
Familienurlaub verschoben
Vor Ort begleiten mich Vorsitzender Alexander Böhne und Hauptmann Jürgen Schulte, der lange Jahre auch Präsident der Karnevalsgesellschaft Ihnetal war. Wie viele andere Helfer hat Böhne nach dem Beginn der Bauarbeiten direkt im Anschluss an Karneval unzählige ehrenamtliche Stunden in die dringend notwendige Sanierung gesteckt und den Familienurlaub „nach Schützenfest“ verschoben. Dasselbe gilt für Hausmeister Manfred Schulte. Hauptmann Jürgen Schulte hat sich um die Förderanträge gekümmert, alles andere als eine unkomplizierte Aufgabe. Dafür erhält der bald 60-Jährige von seinem Chef ein dickes Lob. „Ich bin um einige Erfahrungen reicher geworden“. Der Satz des 1. Vorsitzenden könnte auch vom Schützenhauptmann stammen.
Nach dem Ausräumen der Halle sofort nach Karneval Ende Februar, dem Entkernen und dem Abriss der alten Zwischendecke wurden das historische Gebälk und das mit Styropor und Spanplatten verkleidete Fachwerk freigelegt. Danach sorgten die Helfer, dass das ursprüngliche rote Ziegelmauerwerk wieder zum Vorschein kam. An freiwilligen Unterstützern hat es von Anfang an nicht gemangelt. Über eine WhatsApp-Liste waren 60 bis 70 Helfer erreichbar.
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Böhne: „Außer sonntags wird hier immer gearbeitet. In Spitzenzeiten haben hier samstags bis zu 30 Leute geholfen.“ Vor so großer Solidarität im Ihnetal, von den Jungschützen bis zu den Rentnern, die morgens ab 9 Uhr als erste zur Stelle sind, kann Vorsitzender Alexander Böhne nur „den Hut ziehen“. Um die Verpflegung mussten sich die Schützen keine Gedanken machen. „Wir haben noch nicht eine Kiste Bier kaufen müssen“, schmunzelt der Vereinschef. Das bedeutet aber nicht, dass das Vereinshaus Ihnetal in „Trockenbauweise“ saniert wird. Von überall werden Getränke gespendet, das gilt auch für die Verpflegung mit Brötchen, Würstchen usw.
Böse Überraschung
Zur Herausforderung ist die Erneuerung des Hallendaches geworden. Beim Öffnen der Dachhaut erlebten die Helfer eine böse Überraschung, der Sanierungsbedarf war größer als gedacht. An einigen Stellen mussten kaputte bzw. morsche Holzsparren ausgetauscht werden, eine Dämmung fehlte komplett. Zuvor entfernten die Schützen, darunter Handwerker und erfahrene Heimwerker, die bis zu sieben Schweißbahnen unter den alten Blechpfannen. Auf einer Dachfläche von 600 Quadratmetern kamen 16,5 Tonnen Schweißbahnen zusammen, die entsorgt werden mussten. Bei der Aufbringung der Dämmung und des neuen Zinkblechdaches musste die Statik beachtet werden. Das gesamte Projekt der denkmalgeschützten Halle stand unter der Aufsicht der unteren und oberen Denkmalschutzbehörden in Attendorn und Münster. Die Arbeit der freiwilligen Helfer müssen per „Stundenzettel“ belegt werden, eine Auflage des Förderantrags aus dem Landesprogramm Dorferneuerung.
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Ohne die Förderung aus Düsseldorf in Höhe von 212.000 Euro wäre das Großprojekt nicht möglich gewesen. Aber auch so müssen die Verantwortlichen penibel darauf achten, den Kostenrahmen einzuhalten. Bei der Erneuerung des Daches wären die Finanzen wohl aus dem Ruder gelaufen, wenn der Schützenverein nicht so viel in Eigenregie machen würde. „Wir können den Kostenrahmen nur einhalten durch deutlich mehr Eigenleistung“, betont Böhne.
Großer Erfolg
Ein großer Erfolg war Anfang Mai der 1. Ihnetaler Familientag rund um das Vereinshaus. Ein offizieller Eröffnungstermin nach der Sanierung ist noch nicht vorgesehen. Auf eines ist der 1. Vorsitzende Alexander Böhne stolz: Für die Finanzierung des Großprojektes ist bislang weder eine Umlage unter den Mitgliedern noch eine Beitragserhöhung notwendig gewesen.
Bei der Anbringung des Zinkblechdaches geht es aber nicht ohne eine Fachfirma. Allerdings war es gar nicht so einfach, Spezialisten für diese komplexe Arbeit aufzutreiben. Nach vielen Absagen aus dem heimischen Raum fand Alexander Böhne einen Betrieb aus Recklinghausen. „Der Metallbauer hat uns gesagt, dass er so eine Vorarbeit wie bei uns selten erlebt hat“, berichtet der 1. Vorsitzende stolz über das Kompliment der Profis für die „100-prozentige fachmännische“ Leistung der freiwilligen Helfer.
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Wegen der zusätzlichen Arbeitsstunden der Schützen kann der vorgesehene Zeitraum wohl nicht eingehalten werden. Aber Vorsitzender Alexander Böhne gibt sofort Entwarnung. „Das Schützenfest am ersten August-Wochenende ist nicht gefährdet.“ Auch wenn im und am Vereinshaus Ihnetal bis dahin nicht alles bis zum letzten Pinselstrich fertig sein dürfte. Was es auf jeden Fall schon gibt: mehr als die früher nur zwei Steckdosen.