Attendorn/Kierspe. Mittlerweile ist klar, dass es sich bei dem Wolf-Video aus Attendorn um einen Fake handelte. Warum werden gezielt Falschinformationen verbreitet?
Daniela Kampschulte ist wütend. „Ich finde es gut, dass über eine Wolfsichtung berichtet wird, auch über Social Media. Aber sich das Video kopieren und downloaden und als seins ausgeben und dann auch noch eine falsche Ortsangabe dazu packen: Das geht gar nicht“, sagt die Attendornerin. Denn mittlerweile hat sich herausgestellt: Es gab keinen Wolf, der am vergangenen Wochenende im Wald zwischen Beukenbeul und Roscheid gesichtet wurde. Das Video wurde in Kierspe aufgenommen. Und das bereits am 1. Mai.
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Dringender Appell: Keine Wolf-Videos auf Social Media verbreiten
Oft geht Daniela Kampschulte mit ihrem Hund Odin in dem Wald bei Beukenbeul spazieren. Dementsprechend sensibel reagierte sie auch auf das Facebook-Video. Sie wisse zwar, wie sie sich verhalten würde bei einer Begegnung mit einem Wolf, aber: „Da gibt es zwei Faktoren, die für mich unberechenbar sind: Odin und der Wolf, wenn er Odin wittert. Beides kann ich nicht unter Kontrolle bekommen, wenn es eintrifft.“ Ein Hund sei im Grunde ein domestizierter Wolf. „Wenn sich der Hund aber nicht wie ein Wolf verhält, könnte es zu Missverständnissen kommen, was böse enden kann“, so Kampschulte. Deswegen ihr Appell: ein mutmaßliches Wolfsvideo nicht in den Sozialen Netzwerken posten, erst recht nicht mit Ortsangabe, sondern Kontakt zu dem zuständigen Wolfsberater bzw. zum LANUV aufnehmen.
Mittlerweile ist bekannt, dass der Wolf in der Nähe der Jubachtalsperre in Kierspe gesichtet wurde. Im Gespräch mit unserer Redaktion bestätigt Oliver Schemm, stellvertretender Hegeringsleiter Lüdenscheid, dass er der Urheber des Videos ist. Er habe am frühen Montagmorgen, 1. Mai, mit einem Gastjäger auf einem Hochsitz gesessen, um auf Rehwild anzulegen. Dabei habe sich der ausgewachsene Wolf gezeigt, der zunächst scheinbar gelassen in Richtung Hochsitz trottete. Erst als Oliver Schemm bewusst laut in die Hände klatschte, machte der Wolf eine Kehrtwende und flüchtete querfeldein über die gerodete Waldfläche.
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Sowohl das 47-sekündige Video als auch weiteres Bildmaterial hat Oliver Schemm dem zuständigen Wolfsberater des Märkischen Kreises, Heiko Cordt, zur Verfügung gestellt. „Die Zusammenarbeit hat auch einwandfrei geklappt. Er ist sofort herausgekommen und hat die Fährten aufgenommen“, so Schemm. Den umliegenden Landwirten habe er sofort von der Wolfssichtung berichtet. „In den nächsten Tagen werden die Nutztiere auf die Weide gebracht. Dementsprechend wollte ich die Betroffenen vorwarnen“, sagt Schemm. Denn zuletzt gab es vor allem im Bereich um Plettenberg herum gleich mehrere Vorfälle, die auf einen Wolf hindeuteten. Erst im April wurde hier ein Stück Damwild gerissen.
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Doch: Wie ist Schemms Wolfs-Video auf Facebook gelandet? „Nutztierhalter sind untereinander gut vernetzt. Dort wurde das Video wahrscheinlich geteilt. Und leider kommt es dann immer wieder vor, dass jemand darauf anspringt und das Video bei Facebook und Co. öffentlich macht. Und dann auch mit falschen Angaben“, meint Schemm. Warum, das kann auch LANUV-Pressesprecherin Birgit Kaiser de Garcia nicht beantworten. Nur so viel: „Grundsätzlich gehen wir sämtlichen Hinweisen nach und nehmen sie ernst. Wir befinden uns dabei in einem Spannungsfeld, denn das Thema Wolf ist emotional geladen. Auf der einen Seite gibt es Leute, die die Wölfe am liebsten abschießen würden, auf anderen Seite stehen die, denen der Artenschutz am Herzen liegt.“
Bislang zwei amtliche Wolfsnachweise im Kreis Olpe
Der letzte Wolf, der im Kreis Olpe bei einer Jagd erlegt wurde, starb Ende des 19. Jahrhunderts bei Bilstein. Danach galt der Kreis Olpe über 100 Jahre lang, wie nahezu ganz Westdeutschland, als wolfsfrei. Mit dem Fall des eisernen Vorhangs haben die Beutegreifer sich von Osten her langsam wieder ausgebreitet. Auch wenn viele gestandene Jäger und andere Fachleute sicher sind, dass junge Wolfsrüden seitdem immer wieder durch den Kreis Olpe ziehen, gibt es bislang erst zwei amtliche Nachweise. Der erste stammt aus dem Jahr 2019: Im Mai dieses Jahres war ein gerissenes Reh zwischen Dahl und Gerlingen gefunden worden. Anhand von Spuren am toten Wild ließ sich eindeutig nachweisen, dass ein Wolf am toten Reh gefressen hatte. Der zweite Nachweis stammt aus dem Stadtgebiet Drolshagen: Hier hatte eine junge Beifahrerin eines Autos im März 2022 am helllichten Tag einen männlichen Jungwolf mit der Handy-Kamera gefilmt, der auf der Böschung der Landesstraße 708 bei Germinghausen stand und weglief, als er die Frauen bemerkte. Viele weitere angebliche Wolfsrisse waren nach fachlichen Untersuchungen auf wildernde Hunde zurückzuführen.