Attendorn/Kierspe. Zuletzt kursierte ein Video im Netz, das einen Wolf in Attendorn zeigen sollte. Jetzt steht fest: Ein Facebook-Nutzer fälschte die Ortsangabe.

Zuletzt kursierte ein Video in den Sozialen Netzwerken, das einen mutmaßlichen Wolf im Wald zwischen Beukenbeul und Roscheid zeigt. Mittlerweile steht fest: Das Video wurde mit einer falschen Ortsangabe versehen. Tatsächlich wurde der Wolf in der Nähe der Jubachtalsperre in Kierspe gesichtet, wie Oliver Schemm, stellvertretender Hegeringsleiter Lüdenscheid, im Gespräch mit unserer Redaktion bestätigt. Schemm ist auch der Urheber des Videos. Der Facebook-Nutzer, der das Wolfsvideo mit der fehlerhaften Beschriftung hochgeladen hatte, hat es mittlerweile gelöscht.

Im Gespräch erzählt Jäger Oliver Schemm, dass er am frühen Montagmorgen, 1. Mai, mit einem Gastjäger auf einem Hochsitz gesessen habe, um auf Rehwild anzulegen. Dabei habe sich der ausgewachsene Wolf gezeigt, der zunächst scheinbar gelassen in Richtung Hochsitz trottete. Erst als Oliver Schemm bewusst laut in die Hände klatschte, machte der Wolf eine Kehrtwende und flüchtete querfeldein über die gerodete Waldfläche.

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Sowohl das 47-sekündige Video als auch weiteres Bildmaterial hat Oliver Schemm dem zuständigen Wolfsberater des Märkischen Kreises, Heiko Cordt, zur Verfügung gestellt. „Die Zusammenarbeit hat auch einwandfrei geklappt. Er ist sofort herausgekommen und hat die Fährten aufgenommen“, so Schemm.

Den umliegenden Landwirten habe er sofort von der Wolfssichtung berichtet. „In den nächsten Tagen werden die Nutztiere auf die Weide gebracht. Dementsprechend wollte ich die Betroffenen vorwarnen“, sagt Schemm. Denn zuletzt gab es vor allem im Bereich um Plettenberg herum gleich mehrere Vorfälle, die auf einen Wolf hindeuteten. Erst im April wurde hier ein Stück Damwild gerissen.

Doch: Wie ist Schemms Wolfs-Video auf Facebook gelandet? „Nutztierhalter sind untereinander gut vernetzt. Dort wurde das Video wahrscheinlich geteilt. Und leider kommt es dann immer wieder vor, dass jemand darauf anspringt und das Video bei Facebook und Co. öffentlich macht. Und dann auch mit falschen Angaben. Das passiert leider immer wieder“, meint Schemm.

++++ Der folgende Text bezieht sich auf eine ältere Version des Sachverhalts ++++

Auch Wolfsberater Antonius Klein ist auf das Video aufmerksam geworden. Für ihn erscheint das Video auf den ersten Blick plausibel.

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„Wir schauen uns zunächst an, ob die Örtlichkeit und der zeitliche Rahmen passt. Und da ist erstmal nichts, was mich skeptisch werden lässt“, meint Antonius Klein. Anders als bei dem vermeintlichen Wolfsrudel-Video in Bleche, das vor wenigen Wochen viral gegangen war, bei dem es logische und zeitliche Brüche gab – und sich letztendlich als Fake-Video herausstellte. Allerdings, merkt Antonius Klein an, habe er bislang nur das über Social Media geteilte Video-Material aus Beukenbeul einsehen können und nicht die Original-Aufnahmen. Dementsprechend vorsichtig ist er bei der Aussage, ob es sich hierbei wirklich um einen Wolf handele. Auch, wenn es ein „sehr wolfsähnliches Tier“ sei.

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„Wer das Video aufgenommen hat, kann es uns gerne zur Verfügung stellen. Für uns ist es eine große Hilfe, wenn derartige Videos uns frühzeitig erreichen – bevor sie zigfach in Gruppen oder Chats geteilt werden“, so Klein. Ob der Facebook-Nutzer, der das Video hochgeladen hat, auch der Urheber der Datei ist, konnte bislang noch nicht verifiziert werden. Wichtig: Erst mit der Original-Aufnahme könne eine ernsthafte Wahrheitsprüfung stattfinden, so Klein. Dabei untersuchen Experten den Ort der Sichtung auf mögliche Spuren und sichern diese. „Wir gehen dabei sehr diskret vor. Die Orte sollen keine Wolfstouristen anziehen.“ Das gesammelte Material wird schließlich an das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) weitergegeben, das die Informationen schließlich auswertet und einen Wolfsnachweis bestätigt – oder dementiert.

„Wölfe sind ein sehr emotional besetztes Thema. Deswegen möchten wir Fakten schaffen. Für uns geht Genauigkeit vor Schnelligkeit“, betont Antonius Klein.

Jagdgebrauchshundeverein: „So verhält sich kein Schäferhund“

Nachdem sich der 1. Vorsitzende des Jagdgebrauchshundevereins des Kreises Olpe, Elmar Jürgens (Olpe) das Video angesehen hatte, sagte er auf Anfrage unserer Redaktion: „Die Wolfsvermutung kann ich nur bestätigen. So verhält sich kein Schäferhund.“

Jürgens ist auch Obmann der Kreisjägerschaft fürs Jagdgebrauchshundewesen. Wolfssichtungen hierzulande überraschen ihn nicht, „weil die Wolfsrudel, die sich mittlerweile in Deutschland etabliert haben, nicht unendlich wachsen.“ Wenn ein Rudel eine gewisse Größe erreicht habe, müssten sich weitere Nachkommen aus dem Rudel verabschieden. „Diese Tiere werden dann abgestoßen, suchen sich neue Reviere und durchstreifen riesige Regionen.“

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Der Hundefachmann ist kein Freund von Wolfsansiedlungen in heimischen Gefilden: „Ich weiß nicht, warum wir in der heutigen Zeit Wölfe in unseren zivilisierten Regionen wieder eingliedern sollten.“ Der Wolf als Art sei weltweit nicht bedroht, sondern habe genügend Lebensraum, ob nun in Sibirien oder Kanada. Was solche Raubtiere in den zivilisierten Regionen Mitteleuropas zu suchen hätten, sei für ihn nicht nachvollziehbar: „Ich kann die Ängste der Schafzüchter gut verstehen. Wölfe, aber auch Bären haben in unserer Landschaften nichts zu suchen.“ Auch für Jagdgebrauchshunde könnten Wölfe eine Gefahr darstellen.

Für Karl-Josef Fischer, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Kurköln Olpe, ist angesichts der erneuten Wolfssichtung klar: „Das ist die normale Entwicklung, wird zur Routine werden.“