Olpe. Das historische Gasthaus Tillmann wurde zum vorerst letzten Mal geöffnet. Die Suche nach einem neuen Pächter lief bislang vergebens.
Gori Zibirre brachte Blumen mit. Nicht unbedingt das, was man abends dabeihat, um in einer Kneipe ein Bier zu trinken. Doch diesmal gab es einen Grund: Er drückte den Strauß einer sichtlich ergriffenen Jutta Imhäuser in die Hand, denn Freitag, 5. Mai, wird als der Tag in die Stadtchronik eingehen, in der das Olper Gasthaus Tillmann letztmals von Wirtin Jutta Imhäuser geöffnet wurde. Nach über neun Jahren hatte die Vollblut-Gastronomin im vergangenen Jahr den Pachtvertrag mit der Krombacher Brauerei gekündigt; mit 61 Jahren will sie sich die schwere Arbeit vor allem in der Küche der denkmalgeschützten, urigen und gemütlichen Gastwirtschaft nicht länger zumuten.
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Und so drehten in der Nacht zum Samstag die Imhäusers letztmals die Hähne um, endete eine Ära in dem Gasthaus, das ursprünglich die Gaststube des Hotels Tillmann war, bis dieses geschlossen wurde. Das Hotel verschwand, der Saal wurde zum Ladenlokal, die Hotelzimmer zur Wohngruppe, die Gaststube indes behielt ihre ursprüngliche Funktion, zunächst in Händen von Jutta Imhäusers Vater Hans Zeppenfeld und seit 2014 von Jutta Imhäuser selbst geführt. Häufig an ihrer Seite: Ehemann Paul, in Olpe bekannt und beliebt, langjähriger Vorsitzender und damit Major des allgegenwärtigen Schützenvereins, und auch für ihn war es der letzte Abend hinter der Theke. Die Stimmung der beiden: identisch. „Ich bin erleichtert und gleichzeitig wehmütig“, so Jutta Imhäuser, die immer wieder von Stammgästen Worte des Dankes entgegennahm. „Vor allem tut es mir für die über 20 Stammtische leid. Viele von denen bestehen aus älteren Herrschaften, und die waren hier ein Stück weit zu Hause. Vor allem die Akustik war für sie bei uns ideal.“ Auf Suche ist nun auch die 3. Korporalschaft des St.-Sebastianus-Schützenvereins; bislang war das Gasthaus Tillmann ihr Wachlokal.
Jutta Imhäuser hatte sehr frühzeitig gekündigt, um der Pachtabteilung der Krombacher Brauerei möglichst viel Zeit für die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger zu geben – indes war die Suche bislang vergebens. Zwar schreibt die Brauerei: „Es gibt bereits interessierte Bewerber und es erfolgen derzeit erste Gespräche.“ Gleichzeitig heißt es aber auch: „Konkretes gibt es jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zu berichten.“ Interessierte können via Pachtbörse (www.pachtvermittlung.krombacher.de) Informationen einholen und Kontakt zur Brauerei aufnehmen.
„Bisher hat es einfach nicht gepasst“, so Jutta Imhäuser, die in der Kneipenlandschaft eine „Zeitenwende“ sieht. Die klassische Bierkneipe sterbe aus; fast alle Besucher wollten inzwischen auch essen, „wer geht denn noch zum Feierabendbier an die Theke? Wer trifft sich zum Frühschoppen?“ Die Corona-Krise habe die Entwicklung wie ein Nachbrenner beschleunigt, „viele junge Leute gehen seitdem gar nicht mehr ‘raus, sondern treffen sich zu Hauspartys“.
Am letzten Abend war von dieser Krise nichts zu spüren; bei Tillmanns lief das Bier wie sonst nur am Schützenfest, und die Gäste gaben sich die Klinke in die Hand. Allerdings eben zum letzten Mal in dieser Konstellation.