Kreis Olpe. Bis 2035 könnten 36.000 Fachkräfte in Olpe und Siegen-Wittgenstein fehlen. Experten fordern jetzt konkrete Maßnahmen – und viel Geld.
Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist angespannt. Und sie wird sich in den kommenden Jahren dramatisch verschlechtern, wenn keine gravierenden Veränderungen eingeleitet werden. In einem öffentlichen Positionspapier haben deswegen Vertreter der Arbeitgeberverbände, der Handwerkskammer Südwestfalen, der IG Metall und der IHK konkrete Forderungen an die Politik formuliert, wie der Fachkräftemangel abgefedert werden könnte.
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„Die Zahlen der IHK zeigen, dass die Fachkräfte-Lücke immer größer wird“, betont Thorsten Holzhäuser, Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes für den Kreis Olpe. Auch mit Einsatz von Künstlicher Intelligenz lasse sich diese Lücke in Zukunft nicht schließen. „Unsere Unternehmen im Kreis unternehmen schon sehr viel, um für zukünftige Auszubildende attraktiv zu sein. Wir fürchten allerdings, dass dieses Engagement dauerhaft nicht ausreichen wird“, so Holzhäuser. Deshalb müsse dringend politisch gegengesteuert werden – ohne, dass sich die regionalen Unternehmen dabei kannibalisieren, weil sie sich gegenseitig Fachkräfte abwerben.
Im Rahmen des Ausbildungskonsens NRW wurde bereits im Dezember 2022 die Bedeutung der dualen Ausbildung öffentlich in den Mittelpunkt gerückt. Die Landesregierung rief parallel eine Fachkräfteoffensive aus. Daran anschließend haben Akteure des regionalen Ausbildungskonsens Siegen-Wittgenstein/Olpe folgende Maßnahmen formuliert:
1. Regionales Budget
Die Akteure fordern ein regionales Budget in Höhe von mindestens 1,2 Millionen Euro, um in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe die berufliche Orientierung junger Menschen zu verbessern und die Attraktivität der beruflichen Bildung zu steigern.
2. Stärkung des Übergangssystems
Die Einmündungen in die duale Berufsausbildung sollen erhöht werden. Dafür soll die Begleitung des Berufseinstiegs auf Projektbasis auf eine dauerhafte Förderung umgestellt werden, damit Vertrauensbeziehungen und aufgebaute Netzwerke zur erfolgreichen Zusammenarbeit erhalten bleiben. Die individuelle Beratung und Begleitung von Jugendlichen an Schulen der Sekundarstufe I soll weitergetragen werden. Die personelle Ausstattung in den Teilregionen sollte zudem ausgeweitet werden, um weitere Schulen erreichen zu können.
3. Berufsschulen im ländlichen Raum stärken
Die Schulleiter sollten nach Angaben der Akteure möglichst große Autonomie erhalten, um über den Unterricht auch in „kleinen“ Berufen zu entscheiden. Also darüber, ob dieser Unterricht durch vorhandene Lehrkräfte selbst erteilt wird, ob man die Schüler an Bezirks-/Landesfachklassen abgibt oder ob man mithilfe moderner, digitaler Unterrichtsmethoden in enger Zusammenarbeit mit anderen Berufskollegs dafür sorgt, dass die Auszubildenden möglichst selten lange Fahrwege auf sich nehmen müssen.
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Für die heimische Wirtschaftsregion seien außerdem zusätzliche Mittel für die Ausstattung von Schulen für den digitalen Unterricht erforderlich. Im Rahmen von „Südwestfalen startet durch“ seien die Kosten für ganz Südwestfalen auf etwa 57 Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren geschätzt worden. Dies beinhalte eine Stärkung der schulübergreifenden Projektarbeit, inklusive Fortbildung für Lehrkräfte und ca. 500.000 Euro jährlich an zusätzlichen Mitteln für jedes Berufskolleg.
Metzgerei Weber: „Die Bürokratie müsste vereinfacht werden“
„Man kann nicht von vorneherein sagen: Es gibt keine Leute, der Arbeitsmarkt ist leer. Ich kann mich nicht beklagen, dass es keinen Nachwuchs gibt und habe aber keine Lust, die Leute auszubilden“, sagt Tim Weber, Inhaber der Metzgerei Weber mit Geschäften in Gerlingen und Olpe. Es sei so, dass viele nicht ausbilden wollen: „Es ist auch mit Mühe verbunden. Man muss sich schon um die Auszubildenden kümmern.“ Klar sei es schwierig, jemanden zu bekommen, so Tim Weber: „Obwohl es eigentlich ein Superjob ist mit guten Arbeitszeiten und guter Bezahlung. Aber unser Image ist nicht so gut.“
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Die Metzgerei Weber bemühe sich, regelmäßig Auszubildende zu bekommen. Mit Erfolg. „Ich habe immer in Produktion und Verkauf einen Auszubildenden. Zur Zeit haben wir eine Fleischereiverkäuferin in Ausbildung und einen Flüchtling“, berichtet der Chef. Über Umwege sei er auf den jungen Mann aus Sri Lanka gestoßen: „Ich habe bei der Gemeinde Wenden angefragt. Er hat ein halbes Jahr bei uns gearbeitet und dann mit der Ausbildung begonnen. Da habe ich schon ganz viel Energie hereingesteckt. Die Bürokratie müsste vereinfacht werden, gerade auf dem Handwerksmarkt.“ Im vergangenen Jahr sei eine Auszubildende fertig geworden. Sie habe er genauso übernommen, wie eine weitere Auszubildende, die in Kürze ihre Prüfung absolviert. „Wir sind immer noch in der Lage, zwei Geschäfte jeden Tag offen zu halten“, so Tim Weber.
IG Metall fordert auch Weiterbildung im Beruf
Doch nicht nur die berufliche Ausbildung soll im Fokus stehen. Auch die berufliche Weiterbildung der Beschäftigten müsse im Blick behalten werden. „Beim Thema Weiterbildung im Betrieb haben wir massiven Handlungsbedarf“, betont André Arenz, Erster Bevollmächtigter der IG Metall im Kreis Olpe. Betriebe müssten von Anfang an transparent darstellen, dass und wie sich Beschäftigte in ihrem jeweiligen Beruf weiterentwickeln können. Die IG Metall fordere dementsprechend ein Mitbestimmungsrecht für Betriebsräte beim Thema Weiterbildung. „Es kann nicht sein, dass, wie in dem Fall des geschlossenen KDK-Werk in Grevenbrück, bis zum letzten Tag produziert wird und die Arbeiter danach ins Bodenlose fallen. Hier müssten frühzeitig Maßnahmen greifen, um den Beschäftigten auf einen neuen Job vorzubereiten“, so Arenz.