Kreis Olpe. Nach Party-Hit „Layla“ sorgt „Bumsbar“ von Ikke Hüftgold erneut für Schlagzeilen: Im Video verteilt ein Bischof Kondome als Hostien.
„Heute sind wir wieder bumsbar, geile Mädels, geile Jungs da…“ heißt es im neuen Sommer-Party-Hit von Ikke Hüftgold, alias Matthias Distel. Wie in der Branche üblich, wird der Hit mit einem Video unterlegt, und das hat es in sich: Eine provokante Szene jagt die nächste, die Grundpfeiler der katholischen Kirche werden aufs Korn genommen. Unter anderem zeigen Szenen einen Nonnen-Chor, und Ikke Hüftgold selbst ist als Jesus mit Dornenkrone am Holzkreuz zu sehen.
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Dass der Partykracher nach „Layla“ 2022 auch dieses Jahr in vermutlich vielen Schützenhallen, sowie Fest- und Partyzelten auch im Kreis Olpe rauf- und runtergegrölt wird, dürfte auf der Hand liegen, da er bereits die Charts erstürmt. Angesichts des Leitmotivs der Schützen „Glaube, Sitte, Heimat“ und der engen Verbundenheit von katholischer Kirche und Schützenwesen fragten wir nach. Bei Vertretern der Schützen und der Kirche: Wie passt das zusammen?
Eines vorweg: Der Schützenverein in Wegeringhausen feiert in diesem Jahr Jubiläum. Und eine Woche vor dem Jubelschützenfest steigt in Wegeringhausen die Eis am Stiel-Party - mit Topstar Ikke Hüftgold.
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Dieter Vollmer, 1. Vorsitzender der Wegeringhauser Schützen, kommentierte die Verpflichtung auf unsere Anfrage wie folgt: „Als wir Ikke Hüftgold Anfang 2021 – noch vor „Layla“ – vertraglich verpflichtet haben, haben wir nicht damit gerechnet, dass er derart an Popularität gewinnt. Ich persönlich höre sehr gerne Schlager – bis in die 70er hinein; von daher weiß ich, dass Liebe und Sexualität schon immer zum Schlager dazu gehört haben. Man muss aber feststellen, dass sich der Stil des Mallorca-Partyschlagers in den letzten Jahren verändert hat, so dass mich der Text des neuen Liedes nicht sonderlich verwundert. Trotz der Begründung von Ikke Hüftgold, die Missstände in der Kirche aufs Korn nehmen zu wollen, muss man das Maß an Provokation in dem Video nicht befürworten; ich sehe allerdings auch wenig Sinn darin, sich an einer neuen Hetzkampagne zu beteiligen, statt das Ganze im Rahmen der künstlerischen Freiheit und Satire zu tolerieren; denn das führt am Ende nur zu einem Wettbewerb unter den Künstlern, wer den empfindlichsten Nerv in der Gesellschaft trifft.“
Johannes Hammer, Olper Pfarrer und Leiter des Pastoralverbundes Olpe/Kirchspiel Drolshagen: „Es ist ja schon groß berichtet worden, dass in diesem Video ein Priester Kondome als Hostien verteilt und so weiter. Das Video habe ich mir allerdings noch nicht angesehen.“ Man könne der Band keinen größeren Gefallen tun, „als darüber zu diskutieren, zu kommentieren und uns auf dieses Niveau zu begeben“.
Markus Bröcher, Kreisschützenoberst und somit „Erster Schütze im Kreis Olpe“, kommentierte, nachdem er sich das „Bumsbar“-Video angesehen hatte: „Unverschämt, frech, unerhört. Man kann nur den Kopf schütteln.“ Selbstverständlich sei so etwas unter dem Gesichtspunkt der künstlerischen Freiheit aber nicht zu verhindern. „Das Lied selbst ist ein üblicher Ballermann-Hit, über den man den Kopf schütteln kann. Das war mit ,Layla’ und anderen Texten nichts wesentlich anderes. Das Video sei jedoch „ekelerregend und abscheulich.“ Zum Bekanntheitsgrad unter den Schützen meinte Bröcher, im Vorstand des Kreisschützenbundes sei das Video noch nicht durchgängig bekannt. Je mehr man über das Video spreche und es bekannter mache, desto mehr Geld verdienten Hüftgold und sein Team. Das sei das Ziel der offensichtlichen Provokation. Er werde den Schützenvereinen als Kreisschützenoberst jedenfalls keine Empfehlungen für den Umgang mit dem Hüftgold-Hit geben.
Werner Schrage, Diakon aus Wenden und ehemaliger langjähriger Seelsorger in der Justizvollzugsanstalt Attendorn, nimmt im Gespräch mit unserer Redaktion kein Blatt vor den Mund: „Ich bin kein Moralapostel, aber hier zeigt sich ein erschreckender Werteverfall. Für mich ist das Video eine Schweinerei. Es ist abscheulich, dort Szenen zu zeigen, in denen dem Bischof der Sabber das Kinn herunterläuft. Das widert mich an, bereitet mir körperlichen wie seelischen Schmerz.“ Er könne es nur unterstützen, wenn die Schützenvereine freiwillig darauf verzichteten, dieses Lied in den Hallen oder Zelten zu spielen.
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Musiker Jürgen Poggel aus Heinsberg, der im vergangenen Jahr durch seine Orgel-Version des umstrittenen Partyschlagers „Layla“ in einer Schützenmesse millionenfache Klicks auf der Internet-Plattform
TikTok erntete, spricht ebenfalls Klartext: „Nein! Diesen Song werde ich definitiv nicht auf der Kirchenorgel spielen. Ich bin mir sicher, dass wir auch in unserer Tanzband ,Blackout’ diesen Song nicht spielen werden.“ Schon die zweideutige Überschrift könne die Eindeutigkeit nicht kaschieren: „Ein ,typischer Malle-Song’, dessen Sujet sich (klischeehaft?) in exzessivem Alkoholkonsum und hemmungslosem Safer Sex ergötzt. Das Video dazu stellt eine verstörende Provokation dar: soll hier der dargestellten katholischen Kirche der finale Aus-Tritt verpasst werden? Ikke Hüftgold als Persiflage auf das ,Leben des Brian’ am Kreuz, der die Kirche in eine zweifelhafte Weltlichkeit erlöst?“ Das musikalische Material werde auf diesem Niveau „mitgrölbar“ sein. Die ersten Reaktionen der abfeiernden Disco-auf-Malle-Besucher ließen vermuten, dass auch dieser Song im Sommer in Deutschland seine Anhänger finden werde: „Vor allem, weil Provokationen in der heutigen Zeit vor allem durch die sozialen Medien gar nicht als solche wahrgenommen werden, sondern unkritisch geliked und weitergeleitet werden.“ Das erste von ihm erlebte Schützenfest in diesem Jahr in Kückelheim-Arpe sei nun auch schon Geschichte. „Ich habe an drei Abenden als Keyboarder Tanzmusik mit den Bands ,Blackout’ des Musikvereins Heinsberg und ,Taktlos’ vom Musikverein Rhode gespielt. Nicht einmal wurde ,Layla’ gefordert, und das war auch gut so. Haltbarkeit und Wertschätzung solcher Songs sind zeitlich beschränkt.“ Die Welt unterliege in diesen Zeiten einem dramatischen Wandel, den der hauptberufliche Lehrer auf Latein umschreibt: „O tempora o mores!“.
Keine Antworten von Diözese und Ikke Hüftgold
Auf eine Stellungnahme der Pressestelle der Diözese Paderborn wartete unsere Redaktion bisher vergebens. Auch eine Email an das Management von Matthias Distel (Ikke Hüftgold) blieb bisher unbeantwortet.