Kreis Olpe. Die EU-Kommission möchte, dass Senioren regelmäßig ihre Fahrtauglichkeit testen. Doch macht das Sinn? Die Meinungen im Kreis Olpe sind geteilt.

Es ist ein sensibles Thema, das sind sich alle Beteiligten einig. Geht es nach der EU-Kommission, sollen ältere Autofahrer demnächst regelmäßig ihre Fahrtauglichkeit prüfen lassen. Ab 70 sollen Verkehrsteilnehmer alle fünf Jahre zum Führerschein-TÜV. Ziel ist, so die Zahl der Unfalltoten zu senken und die Regeln in der EU zu vereinheitlichen, denn in einigen EU-Ländern ist das die Regel: so etwa in Spanien (ab 65 Jahren alle fünf Jahre medizinische Untersuchung) oder Italien (ab 50 Jahren Verlängerung des Führerscheins alle fünf Jahre).

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Dahinter steckt die Annahme, dass ältere Menschen im Straßenverkehr die Unfallzahlen nach oben treiben. Die Statistik im Kreis Olpe sieht aber anders aus. „Wir haben in den letzten 7 Jahren bei den Unfallzahlen keine Auffälligkeiten feststellen können, dass ältere Verkehrsteilnehmer eine besondere Risikogruppe darstellen“, sagt Polizeihauptkommissar Michael Klein von der Führungsstelle Direktion Verkehr bei der Kreispolizeibehörde. Den größten Anteil am Unfallgeschehen haben seit vielen Jahren die Jungen Erwachsenen (18 bis 24 Jahre). Im letzten Jahr wurden jeder vierte Verkehrsunfälle mit Personenschaden durch junge Erwachsene verursacht, dabei machen diese nur 8,5 Prozent der Gesamtbevölkerung im Kreis Olpe. Die Senioren treten in der Unfallbilanz 2022 nur bei Unfällen mit Pedelec, also E-Bikes, zahlenmäßig hervor.

Schwierig, eine kalendarische Grenze zu ziehen

„Wir sind der Ansicht, dass die Mobilität so lange wie möglich erhalten bleiben sollte. In Finnland muss man noch mal eine Prüfung machen. Auf der Welle sind wir nicht. Wir gehen von der Vernunft der Leute aus, aber einen neuen Führerschein oder Test zu machen, halten wir nicht für sinnvoll“, sagt Michael Wulf, Geschäftsführer der Kreisverkehrswacht Olpe. Es sei schwierig, eine kalendarische Grenze zu ziehen: „Es gibt alte Junge und junge Alte. Es gibt fitte Fahrer mit 75.“ Er sei selbst im Rentenalter und würde freiwillig verzichten, wenn er sich nicht mehr sicher fühlen würde im Verkehr, so Wulf. Sinnvoll seien für ältere Menschen hinter dem Steuer ein Fahrsicherheitstraining oder ein Besuch in der Fahrschule: „Da kann man mit dem Fahrlehrer mal eine Stunde fahren. Diejenigen, die diese Rückmeldefahrten mitgemacht haben, fühlen sich sicher.“

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Genau das bestätigt Michael Kirchhoff von der Fahrschule Block und Kirchhoff, die unter anderem in Attendorn, Finnentrop und Heggen Standorte besitzt: Es komme immer mal wieder vor, dass Senioren Fahrstunden nehmen – in der Regel auf Bitten der eigenen Kinder. Anschließend würde man eine Empfehlung aussprechen. „Es ist immer gut, wenn Außenstehende die Beurteilung der Fahrtauglichkeit vornehmen, und eben nicht die eigenen Kinder. Man darf nicht vergessen, dass es hierbei um Befindlichkeiten und um den möglichen Verlust von Selbstständigkeit geht“, weiß der Fahrschullehrer.

Geld für Taxi-Fahrten

Bei seiner Mutter sei dies ähnlich gewesen. Sie habe jenseits der 70 entschieden, sich nicht mehr hinter das Steuer zu setzen. Sie habe ihr Auto verkauft und das Geld, das sie nicht mehr für Sprit oder Versicherung zahlen musste, ab diesem Tag für Taxifahrten zum Arzt oder Einkauf ausgegeben. „Und damit war sie glücklich“, so Kirchhoff. Aus Sicht eines Fahrschullehrers sei ein Fahrtauglichkeitscheck für Senioren grundsätzlich immer vernünftig, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich allerdings schon gegen den Führerschein-TÜV für Senioren ausgesprochen. Die Haltung des Verkehrsministeriums ist: Gesundheitsuntersuchungen bei Pkw- und Motorradfahrern sollten nur anlassbezogen, also bei Vorliegen von konkreten Anhaltspunkten für körperliche oder geistige Fahreignungsmängel erfolgen. Dies gelte natürlich auch für Senioren. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat lehnt eine mögliche verpflichtende Überprüfung der Fahrtauglichkeit von Senioren ebenfalls ab.