Gerlingen. Der 75-jährige Unternehmer hat das gesamte Areal der Metzgerei Heuel gekauft, die dieser Tage schließt. Wurst verkaufen will Hesse hier nicht.

Für Bernd Hesse hat die deutsche Sprache eine Umschreibung, die passt: Der 75-jährige gebürtige Bonzeler ist Unternehmer im wahrsten Sinn dieses Wortes. Er unternimmt ständig Neues. Seit 50 Jahren ist er selbstständig, übernahm vor einem halben Jahrhundert die Firma, in der er als junger Mann arbeitete: Siepe und Berger in Olpe, einen kleinen Baustoffhandel, abgekürzt SiBO. Aus dem Kleinbetrieb wurde in fünf Jahrzehnten ein weltweit agierender Spezialist für Verpackungen, vorwiegend aus Wellpappe, aber auch aus Schaumstoff, soliden Kunststoffen und zunehmend auch aus Metall. Über 600 Leute arbeiten für ihn, in Deutschland unter anderem in Gerlingen, Kreuztal und Stachelau, und in Ungarn. Und seit Dienstag besitzt Bernd Hesse auch eine eigene Metzgerei.

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Nun will der Wahl-Gerlinger kein neues Betätigungsfeld aufmachen: Der Grund, warum er das komplette Areal der Metzgerei Heuel übernommen hat, ist die Zukunftssicherung von SiBO-Verpackungen. „Mir gehört praktisch das ganze Gelände auf der anderen Seite der Bigge“, berichtet Bernd Hesse im Gespäch mit unserer Redaktion: Aus einem von ihm erworbenen Wohnhaus ist durch einen Anbau das Entwicklungszentrum von SiBO geworden. Hier werden innovative neue Verpackungen entwickelt, etwa für die Automobilindustrie, für Computerhersteller, die Flugzeugindustrie und – stark zunehmend – Unternehmen der Gesundheitsbranche. „Wachstum schaffen wir nur durch neue Entwicklungen“, so Hesse: Bestehende Aufträge zu übernehmen, mache keinen Sinn. Schon vor Jahrzehnten erwarb er das Gelände des einstigen Gerlinger Walzwerks, in dessen einstigem Verwaltungsgebäude er auch wohnt. Und nach und nach kam das Areal biggeabwärts hinzu, seit neuestem arrondiert durch das Heuel-Gelände. „Was ich dort mache, das weiß ich ehrlich noch nicht“, so Hesse. So sei für ihn denkbar, eine große Kantine für seine Belegschaft dort einzurichten. Auch kann er sich vorstellen, Schlafplätze für seine Fahrer dort zu schaffen oder Übernachtungsmöglichkeiten für Mitarbeiter aus Litauen oder der Ukraine. „Erstmal kaufe ich, damit es niemand anders kauft und mir Chancen nimmt“, so Bernd Hesse. Die Metzgerei läuft nun aus, nach dem Betriebsende übernimmt Hesse die Liegenschaft.

Stabil und dabei leicht

Selbst im Krisenjahr 2022 habe SiBO 10 Prozent Umsatzplus gemacht, „an der Wand hängen gerade 30 Neuentwicklungen“, so der gelernte Landwirt. „Und wenn ich wachsen will, dann muss ich sehen, wo ich bleibe. Neue Gewerbeflächen gibt es in der Gemeinde Wenden ja nicht.“ Verpackungen aus Wellpappe gehöre die Zukunft, ist Hesse weiterhin überzeugt: Durch hohe Stabilität in Verbindung mit niedrigem Gewicht bietet SiBO immer neue Alternativen zu Holzprodukten. „Für Luftfracht ist das bares Geld, jedes Kilo weniger macht sich hier bezahlt“, so Hesse. Und auch Kunststoff wird immer häufiger durch Pappe ersetzt mit dem Ergebnis, dass nach Gebrauch ein komplett fürs Papier-Recycling geeigneter Behälter übrig bleibt. Der Trend gehe aber immer häufiger weg von der Einweg- zur Mehrwegverpackung, so Hesse, der mit 3-D-Druck, Wasserstrahl-Schneiden und einer in der eigenen Firma konstruierten 3-D-Fräse Muster herstellen kann, um Verpackungen zu entwickeln. „Wir arbeiten ganz eng mit den Herstellern zusammen, wir entwickeln Verpackungen für sie mit, ob für den internen Transport im Betrieb oder für den Versand. Wir können alles aus einer Hand anbieten“, so Hesse. „Von Standardverpackungen kann keiner leben.“