Olpe. Thorsten David von der DLRG war bei der Suchaktion des tödlich verunglückten Mannes im Biggesee dabei. Er spricht über die komplizierte Suche.
Der tödliche Unfall eines Seniors (76) im Biggesee ist kein Einzelfall und führt zwangsläufig zu der Frage: Warum ist die Talsperre für Angler, Tret- und Schlauchboot-Fahrer und alle anderen Nutzer so gefährlich? Am Ostermontag war ein Mann aus Freudenberg mit einem Schlauchboot aufs Wasser gefahren und unterhalb der Ronnewinkler Talbrücke gekentert. Tags drauf entdeckte ihn eine Unterwasserdrohne, Polizeitaucher aus Bochum holten den leblosen Körper schließlich aus dem Wasser.
Das Unglück lässt Erinnerungen wach werden an vergleichbare Fälle, die noch gar nicht so lange her sind. Ende Juni 2019 verstirbt ein 38-Jähriger bei einem Badeunfall an der Lister. Nur wenige Wochen später kommt ein Mönch im Biggesee um, als er versucht, einen anderen Bruder vor dem Ertrinken zu retten. Im März 2020 verunglückt ein 18-Jähriger in Stade, nachdem sein Auto ins Wasser gerollt war und er nicht mehr herauskommen konnte. Im August 2020 kommt es erneut zu einem tödlichen Badeunfall an der Lister, im März 2022 wird ein 37-Jähriger tot im Vorstaubecken in Olpe gefunden – ohne Hinweise auf Fremdverschulden, erklärt die Polizei auf schriftliche Anfrage.
Kleidung saugt sich voll
„Arbeiten und Leben am Wasser ist immer gefährlicher als an Land“, sagt Ralf Stötzel, Betriebsstellenleiter des Ruhrverbandes für Bigge und Lister. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der Offensichtlichste: die Wassertemperatur, die aktuell im einstelligen Bereich liegt und den Körper schnell auskühlen lässt. „Wenn jemand ins Wasser fällt bei diesen Temperaturen, verkrampft ein paar Minuten später die Muskulatur“, erklärt ein Polizeitaucher aus Bochum.
„Wenn dann noch jemand Kleidung und Gummistiefel an hat, die sich schnell mit Wasser vollsaugen und das Gewicht deutlich erhöhen, wird es schwer, zum Ufer zu kommen“, ergänzt Ralf Stötzel. Aufkommende Panik im eiskalten Wasser käme noch hinzu. In einem solchen Ausnahmezustand die Ruhe zu bewahren, sei in der Theorie zwar ganz entscheidend, doch in der Praxis kaum umsetzbar, weiß der Betriebsstellenleiter des Ruhrverbands.
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Für die Retter ist es ein „Spiel gegen die Zeit“, weiß Thorsten David, Sprecher der DLRG für den Kreis Olpe. Er selbst war am Montag und Dienstag bei der Suche nach dem vermissten Senior dabei. Viel länger als eine Stunde hätten die Taucher bzw. die eingesetzten Unterwasserdrohnen nicht Zeit, um eine Person noch lebend unter Wasser zu finden. Besonders kompliziert für die Retter: Anders als an Land müssen sie im Wasser ein dreidimensionales Feld absuchen. Davids Erklärung: „Es muss nicht sein, dass der menschliche Körper auf den Grund sinkt, er kann auch im Wasser schweben, sodass Taucher möglicherweise unter dem Körper hinweg tauchen.“
Begrenztes Sichtfeld
Weitere Herausforderungen: Die Taucher haben im trüben See nur ein begrenztes Sichtfeld. Bei der Suche nach dem Mann aus Freudenberg hätten sie laut David nur eine Sicht von rund anderthalb Armlängen gehabt. Hinzu kam am Montag und Dienstag, dass der Wind eine hohe Oberflächenströmung verursacht habe, in einem Meter Tiefe jedoch kaum Strömung vorhanden war. David: „Bei diesen Gegebenheiten müssen wir anhand von Erfahrungswerten und mit unserem Bauchgefühl abschätzen, wie weit die Person weggetrieben sein könnte.“ Und entsprechend den Suchradius bestimmen. Schließlich erschweren verschiedene Hindernisse im Wasser die Suche, beispielsweise Baumstämme oder kleinere Hohlräume.
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Um solche dramatischen Unglücke zu verhindern, bitten sowohl Ralf Stötzel als auch Thorsten David darum, sich Rettungswesten überzuziehen. „Die blasen sich automatisch auf und man bleibt oben“, erklärt David. Von einer „gewissen Eigensicherungspflicht“ spricht auch Ralf Stötzel. Wichtig sei auch, dass sich Angler oder Schlauchbootfahrer bewusst machen, wie die Temperaturen im Wasser sind und welche Gefahren lauern. Der Ruhrverband hat an markanten Stellen, etwa an Bootszufahrten, entsprechende Hinweisschilder aufgestellt. Doch auch diese vorbeugenden Maßnahmen verhindern nicht, dass Menschen im Biggesee tödlich verunglücken. Das aktuellste Beispiel ist wenige Tage alt.