Kreis Olpe. Im Biggesee passieren immer mal wieder Unfälle. Kürzlich ist ein 18-Jähriger in Stade tot geborgen worden. DLRG erzählt von ihren Einsätzen.

Immer wieder müssen Menschen aus dem Bigge- oder Listersee gerettet werden. Manche unterschätzen die Strömung oder missachten die Baderegeln. In seltenen Fällen können die Menschen nur noch tot geborgen werden. So wie der buddhistische Mönch, der im Sommer des vergangenen Jahres in Sondern ertrank. Wenige Tage zuvor starb ein polnischer Monteur in den Fluten unterhalb des Schnütgenhofs. Aus noch ungeklärter Ursache verlor ein 18-Jähriger am Steuer eines Autos am Montag im See sein Leben. In solchen Fällen sind die Wasserretter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG) vor Ort. Einer davon ist Einsatzleiter Thorsten David. Im Interview erzählt er, welche Herausforderungen im See lauern.

Wie häufig kommt es im Jahr im Kreis Olpe zu Wasserrettungs-Einsätzen?

Thorsten David: Grob zehnmal kann man sagen. Mal mehr, mal weniger.

Hängt das von der Jahreszeit ab?

Nein, das hängt vom Glück und Unglück ab. Die Jahreszeit spielt keine Rolle. Man könnte tatsächlich vermuten, dass sich die Einsätze im Sommer häufen, weil die Leute da baden gehen. Dem ist aber nicht so. Es gibt auch immer wieder Einsätze in der kälteren Jahreshälfte.

Handelt es sich da hauptsächlich um Unfälle?

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Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben es mit Unfällen, aber auch mit Suiziden zu tun. Nicht nur in den Talsperren, sondern auch in den Bächen und Flüssen. Aber auch verschiedene medizinische Notfälle gehören dazu. Wir haben alle auch eine umfangreiche Erste-Hilfe-Ausbildung und können helfen, bevor der Rettungsdienst eintrifft. Wenn wir einfach näher dran sind, zum Beispiel. Unsere Leute sind auch dabei, wenn beim Wassersport Regatten abgesichert werden müssen. Und auch bei anderen Großveranstaltungen am Wasser sind wir mit eingebunden.

Wo liegt die größte Herausforderung bei der Wasserrettung?

Anders als bei einem Verkehrsunfall ist die Einsatzstelle nicht klar zu erkennen. Wenn jemand ertrinkt, kann das Suchgebiet sehr groß werden. Das hat man beispielsweise bei dem Mönch gesehen, der im Sommer ertrunken ist. Die Suche hat mehrere Tage gedauert.

Und deswegen greift man eben auf technische Hilfsmittel zurück…

Genau. Wir arbeiten mit Sonar-Echolot-Geräten. Das sind keine Fischfinder, wie sie die Angler benutzen, sondern professionelle Geräte mit einer 3D-Darstellung. Um diese Bilder richtig deuten zu können, gehört viel Erfahrung dazu. Haben wir mit dem Sonargerät etwas gefunden, wird die Stelle mit einer Boje markiert. So wie jetzt auch in Stade. Dann kommen die Taucher zum Einsatz. Weil diese nur begrenzt tauchen dürfen, arbeiten wir auch mit Unterwasser-Drohnen.

Nur begrenzt tauchen?

Ja, das liegt an der Stickstoffsättigung. Für den Laien kann man sagen, Taucher dürfen zweimal hintereinander tauchen und dann müssen sie aus medizinischen Gründen 24 Stunden warten.

Ein Auto, das in den Biggesee rollt, wie es am Montag in Stade passiert ist. Da würde der Laie vermuten, dass so ein großer Gegenstand relativ schnell gefunden wird. Dennoch war die Suche zunächst erfolglos…

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hier geht es um Strömungen im Wasser, Wind, Gegebenheiten unter Wasser. An der Stelle in Stade ist der alte Bahndamm, das alte Flussbett. Das muss man berücksichtigen. Ein Taucher kann innerhalb von einer halben Stunde ungefähr einen Radius von 15 Metern absuchen. Und er muss ja auch sehr genau suchen. Wir haben hier eben keine Südsee mit 30 Metern Sicht.

Und dann am Montag noch in der Dunkelheit…

Ja, genau, das kommt dann auch noch dazu. Die schwierigen Einsätze sind immer die in Dunkelheit.

Wie viel wiegt eigentlich die Ausrüstung?

Wir kommen ungefähr auf 30 bis 40 Kilo. Jeder Taucher hat einen gewissen Anteil Blei am Körper, denn die Neoprenanzüge bestehen aus aufgeschäumten Kunststoff, was das Runtertauchen erschwert. Dazu kommt noch eine Flasche Atemluft. Bei dem Einsatz in Stade haben wir übrigens mit Vollgesichtsmasken gearbeitet. Eben wegen der Gefahr der austretenden Betriebsstoffe.

Wie gefährlich sind Bigge- und Listersee?

Gefährlich sind nicht die Seen. Gefährlich wird es immer dann, wenn man sich nicht an die Baderegeln hält. Wenn man in der Sonne liegt und dann einen Kopfsprung ins Wasser macht, dann kann der Kreislauf ein Problem bekommen. Oder wenn man Alkohol trinkt, das ist natürlich auch nicht förderlich. Gerade das fehlende Abkühlen ist ein Thema. Das könnte auch bei den beiden Einsätzen im vergangenen Jahr mit ein Grund gewesen sein, würde ich sagen.

Wie viele Menschen sind in den vergangenen Jahren in Bigge- oder Listersee ums Leben gekommen?

Zu viele. Wir tun alles dafür, dass das nicht passiert, aber manchmal können wir nicht mehr helfen. Egal, wie schnell man vor Ort ist. Bei dem Badeunfall am Schnütgenhof war ich selber dabei, wir waren sehr schnell vor Ort und trotzdem hat es nicht funktioniert.

Das muss hart sein für die Wasserretter, einen toten Menschen zu bergen...

Ja, das ist richtig. Das ist keine einfache Aufgabe. Egal, wie erfahren man ist. Wir legen viel Wert darauf, diese Erfahrung im Anschluss aufzuarbeiten. Das heißt, wir sprechen darüber, lassen denjenigen, der den Menschen gefunden hat, nicht damit alleine.

Wie viele DLRG-Mitglieder haben wir im Bezirk Südsauerland?

Ungefähr 2000 in sieben Ortsgruppen. Finnentrop hat keine Ortsgruppe, dafür hat Kirchhundem zwei. Das hat sich einfach so ergeben. Der Bezirk ist der zweitkleinste in Westfalen. Er umfasst nur den Kreis Olpe.

Wo liegt eigentlich der Unterschied von einem Wasserretter und einem Rettungsschwimmer?

Wenn man die Grundausbildung bei der DLRG durchlaufen hat, dann ist man Wasserretter. Der Rettungsschwimmer ist ein Teil dieser Grundausbildung. Dazu kommen noch ein Sanitätskurs, Grundlagen des Funkens, verschiedene Rettungstechniken und Knotenkunde. Dann ist man fertig ausgebildet, um beispielsweise an Bigge oder Lister seinen Dienst auszuführen. Außerdem gibt es noch verschiedene Weiterqualifizierungen. Wie Taucher, Strömungsretter, Bootsführer oder Führungspersonal.