Olpe/Hünsborn. Diese Karriere macht Mut: Der 30-jährige Hünsborner ist als Jungunternehmer durchgestartet. Sein junges Unternehmen brummt. Uns sagt er, warum

Nicolas Greis (30) aus Hünsborn gehört zu der Sorte junger Menschen, von denen sich Bildungs- und Arbeitsmarktpolitiker am liebsten noch viel mehr wünschen würden. Der Jungunternehmer, der mit seinem Nachnamen so gar nichts gemein hat, lacht eher jugendlich optimistisch in die Kamera, als ich ihn in der Firmenhalle im Olper Gewerbegebiet Im Langen Feld im Bild festhalte. Der Grund für seine augenblickliche Zufriedenheit liegt auf der Hand. Das erste Jahr seiner Selbstständigkeit als Besitzer und Geschäftsführer der „Greis Beschichtungstechnik GmbH“ ist noch nicht vorbei, da spricht die Auftragslage eine deutliche Sprache: Der Laden brummt.

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Gegenmodell zum Akademiker

Konzentration und Genauigkeit sind Voraussetzungen für den Erfolg in der Beschichtungs-Branche. Alexander Dirlein prüft die fertige Beschichtung.  
Konzentration und Genauigkeit sind Voraussetzungen für den Erfolg in der Beschichtungs-Branche. Alexander Dirlein prüft die fertige Beschichtung.   © Heiner Morgenthal/Greis GmbH

Greis ist das exakte Gegenmodell zur Akademiker-Karriere, die allzu oft im Studienabbruch endet. Nach der Mittleren Reife an der Realschule Wenden lernt er bei einem Siegerländer Betrieb den Beruf des Verfahrensmechanikers. Er bildet sich weiter, Stück für Stück. Qualifiziert sich zum Beschichtungsinspektor, dann zum Maschinenbautechniker, schließlich zum Technischen Betriebswirt. An der Abendschule in Siegen. Alles neben dem Job.

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Und warum nicht direkt das Ingenieurstudium? „Ich bin ein Praktiker und habe mich ganz bewusst für die Werkbank und die Fortbildung statt für die Uni entschieden“, erklärt er. Jeder, der diesen Weg wähle, so Greis, müsse sich aber im Klaren sein, dass 12-Stunden-Tage dann eher die Regel als die Ausnahme seien. Und: „Das kann man nur machen, wenn einem der Beruf großen Spaß macht und man sich dort verwirklichen kann.“ Greis konnte und kann es. Zusätzliche Motivation sei das vielfach positive Feedback der Kunden: „Es tut gut und gibt Selbstbewusstsein, wenn Kunden mit unserer Arbeit zufrieden sind.“

Technischer Betriebswirt

Spätestens während seiner Fortbildung zum Technischen Betriebswirt sei der Gedanke zur Selbstständigkeit gereift: „Stück für Stück habe ich einen Businessplan aufgestellt, an dessen Ende sich das eigene Unternehmen realistisch abbildete“, blickt der Hünsborner zurück. Da ihm der Bau einer eigenen, großen Werkshalle eine Nummer zu groß erschien, suchte er Mietobjekte. Was sich aber als schwierig erwies: „Wir bewegen Teile mit bis zu 20 Tonnen und benötigen eine Kranhaken-Höhe von sechs Metern. Irgendein für mich wichtiges Kriterium fehlte in den Immobilien, die ich besichtigt habe, immer.“

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Als sich ihm dann das Angebot eines Investoren bot, der im Olper Industriegebiet Langes Feld eine maßgeschneiderte, rund 1500 Quadratmeter große und 10 Meter hohe Halle bauen und an ihn vermieten wollte, schlug der Jungunternehmer zu. Obwohl er sozusagen auf eigene Kappe rund 1,3 Millionen Euro allein für die Anlagentechnik finanzieren musste.

Zu Gast bei der Greis Beschichtungstechnik GmbH im Industriegebiet Langes Feld in Olpe-Saßmicke. Abdouramane Sall bewegt einen tonnenschweren Tank.
Zu Gast bei der Greis Beschichtungstechnik GmbH im Industriegebiet Langes Feld in Olpe-Saßmicke. Abdouramane Sall bewegt einen tonnenschweren Tank. © Heiner Morgenthal/Greis GmbH

Im Mai 2022 startete der Betrieb mit einer 10 Mann starken Multi-Kulti-Truppe, ausnahmslos gelernte Fachkräfte. Die Wurzeln seiner Fachleute reichen von der Türkei über Syrien und Russland bis ins afrikanische Mali, wo Abdouramane Sall herstammt, den ich ebenso kennenlernen darf wie Fertigungsleiter Robar Al-Husseini aus Syrien. Der erste Lehrling der noch jungen Firmengeschichte steht auch schon Gewehr bei Fuß: „Ein 16-jähriger Aserbaidschaner will im Sommer bei uns seine Ausbildung beginnen. Er hat uns beim Praktikum überzeugt, kann türkisch, russisch und englisch. Jetzt muss er nur noch Deutsch lernen. Wir wollen ihn, und er will zu uns“, freut sich Firmenchef Greis auf das nächste Abenteuer, das Ausbildung heißt.

Kunden aus der ganzen Welt

Aber was genau macht ein Beschichtungstechniker, was bearbeitet die Firma und für wen? „Unsere Kunden kommen sozusagen aus der ganzen Welt, zum Beispiel aus Korea, Brasilien, Bulgarien, Großbritannien oder Frankreich“, klärt Greis auf. Die seien vor allem in der Energiebranche zu Hause, aber auch im Transportwesen. Der Energieriese Électricité de France (EDF), der Kernkraftwerke in Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden baut, gehlre dazu, aber auch Betreiber von LNG-Terminals, Gaspipelines oder Öl- und Gasunternehmen.

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Für den Erfolg sei unerlässlich, dass man „Arbeit auf High Tec-Niveau abliefert“, sagt Greis, „wir müssen mit minimalen Toleranzen beschichten und für unterschiedlichste Bedingungen liefern. Die chemische Zusammensetzung der Beschichtungen muss passgenau auf die speziellen Wünsche der Kunden abgestimmt sein. Ein Kran-Unternehmen, das große Yachten ins Meer hebt, verlangt zum Beispiel höchsten Korrosionsschutz, da die Kräne Salzwasser ausgesetzt sind.“ Aber auch Teile der Stahlkonstruktion für das Übersee-Quartier in Hamburg würden durch eine Beschichtung der Greis GmbH geschützt.

Die es gerade einmal neuneinhalb Monate gibt. Alle Achtung.