Oedingermühle. Bei der Firma Streit wird vom Mofa- bis zum Bootsantrieb alles instandgesetzt, was Verbrennungsmotor heißt. Dazu ist spezielles Wissen nötig.

Im Automobilsektor ist der Abgesang auf den Verbrennungsmotor bereits angestimmt. Wer die Hallen der Firma Streit in Oedingermühle betritt, der mag das kaum glauben, denn hier ist alles voller Motoren. Es riecht nach Benzin und Diesel. Ein zum Wohnmobil umgebauter Setra-Reisebus steht neben einem Porsche-Traktor, ein Youngtimer aus dem Wittgensteiner Land neben einem Abschleppwagen. Sie alle stehen vor dem Wiedereinbau ihres alten, aber wieder neuwertig aufgearbeiteten Triebwerks.

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Seit 1947 steht der Name Streit für die Instandsetzung von Verbrennern, inzwischen leitet Stefan Streit die Firma, ein echtes Familienunternehmen, in dritter Generation. Auf dem Firmengelände stehen viele Autos, vom Kleinstwagen mit Mopedmotor bis zum Bus. Sie eint, dass sie auf einer Seite auffallend hoch in den Federn stehen, kein Wunder, fehlt ihnen doch ein ordentliches Gewicht: Ihre Motoren befinden sich in den Händen der Spezialisten von Streit.

Reparieren statt austauschen

Nicht nur Sportwagen von Porsche werden bei Streit wiederbelebt, auch die legendären Traktoren des Unternehmens stoßen hier auf fachkundige Hände.
Nicht nur Sportwagen von Porsche werden bei Streit wiederbelebt, auch die legendären Traktoren des Unternehmens stoßen hier auf fachkundige Hände. © CREATIVE POWER GROUP

Elf Mitarbeiter hat Stefan Streit derzeit beschäftigt, und gern würde er die Belegschaft um ein bis zwei Kräfte aufstocken. Das, was er braucht, wird seit vielen Jahren nicht mehr ausgebildet: Früher war „Motorenmechaniker“ ein Ausbildungsberuf. Inzwischen ist diese Tätigkeit in der des Kraftfahrzeugmechatronikers aufgegangen. „In der Ausbildung lernt man aber nur noch Teilbereiche von dem, was wir machen“, so Streit. Denn in Werkstätten werde immer öfter nur noch der Austausch von Komponenten praktiziert, während die eigentliche Instandsetzung Spezialisten übertragen wird. Solche wie denen bei Streit. Denn hier steht ein ganzer Maschinenpark, um aus praktisch jedem abgenutzten oder defekten Verbrennungsmotor ein generalüberholtes Gerät mit den Qualitäten eines werksneuen Antriebs zu machen. „Was nicht sein darf, ist ein Blockschaden“, erklärt Stefan Streit: Also ein schwerer Defekt des Motorblocks. Doch alles andere kann hier in Oedingermühle wieder repariert werden. Da werden Ventile erneuert, Zylinder gehont, Übermaßkolben eingepasst, hier wird geschliffen, gerieben, gedreht, gefräst und gebohrt. „Unser Ziel ist, dass jeder alles kann“, so Stefan Streit: Im Idealfall wird ein Motor auf einen Werkstattwagen gesetzt, und ein und derselbe Mitarbeiter übernimmt die kompletten Arbeiten, vom Zerlegen über das Instandsetzen bis hin zum Montieren. Spezialisiert hat Streit sich nicht – die Palette dessen, was hier repariert wird, reicht vom französischen Oldtimer-Pkw bis zum deutschen Traktor, vom Schweizer Bus bis zum amerikanischen Pickup. Gern und oft werden hier aber die Motoren der SL-Reihe von Mercedes sowie luftgekühlte Porsche-Antriebe instandgesetzt. Dafür freilich sind Mitarbeiter zuständig, die fast ausschließlich mit diesen Antrieben zu tun haben und ihre Besonderheiten kennen.

Je größer, desto lohnender

Motoren nahezu aller Größen werden in Oedingermühle aufgearbeitet.
Motoren nahezu aller Größen werden in Oedingermühle aufgearbeitet. © CREATIVE POWER GROUP

Die Palette reicht vom Mofamotor mit 50 Kubikzentimetern bis zum Schiffsdiesel mit mehreren Litern Hubraum, vom raren Oldtimer-Motor bis zu Industriemotoren, die gleich serienweise angeliefert und aufgearbeitet werden, um beispielsweise Generatoren oder Pumpen anzutreiben. „Das größte, was je hier war, war ein Perkins-Dieselmotor aus einem Blockheizkraftwerk, in den wir die Welle mit einem Gabelstapler heben mussten.“ Als Faustregel gilt: je größer, desto lohnender.

So schwer die Triebwerke auch sein mögen, so präzise wird gearbeitet. Um materialschonend zu arbeiten, wird beim Schleifen so wenig abgetragen wie möglich. Um unnötiges Demontieren zu vermeiden, nutzen die Fachleute ein Endoskop, um einen Zylinder durch das Zündkerzenloch zu inspizieren.

Zwei Mitarbeiter sind im mobilen Einsatz, sie fahren hinaus, um beispielsweise große Stationärmotoren zu reparieren oder die Gasmotoren, die in Kläranlagen die Faulgase in Strom verwandeln, nach vorgegebener Betriebsstundenzahl zu warten.

„Vor dem Ende des Verbrenners habe ich keine Angst. Der wird nicht aussterben, es wird immer Verbrennungsmotoren geben“, ist Stefan Streit überzeugt. Ob diese immer von Benzin oder Diesel angetrieben werden, das stehe auf einem anderen Blatt, aber schon jetzt hat die Firma Streit die ersten Motoren auf der Werkbank gehabt, die mit Wasserstoff befeuert werden.