Attendorn. Die „Deutsche Glasfaser“ wird mangels Interesse der Attendorner kein schnelles Internet verlegen. Dafür steht ein „grünes“ Unternehmen bereit.

Die Schulen im Attendorner Stadtgebiet verfügen über einen eigenen Glasfaser-Anschluss. Die Gewerbegebiete, mit wenigen Ausnahmen, auch. Rund 1700 Haushalte in der Kernstadt erhalten von der Telekom jetzt schnelles Internet, die Bauarbeiten dazu haben vor wenigen Wochen begonnen. Und dank des geförderten Ausbaus kommen Kleinst-Ortschaften und Gehöfte in den Randbezirken in diesen Genuss.

Um die Dörfer der Hansestadt macht das schnelle Internet bislang aber einen großen Bogen. Die „Deutsche Glasfaser“ hätte zwar Windhausen, Neu-Listernohl, Helden und Ennest angebunden, allerdings war das Interesse der Bewohner bzw. Eigentümer überschaubar und die Rücklaufquoten waren zu gering, sodass sich ein eigenwirtschaftlicher Ausbau des Unternehmens zerschlug. „Nun bekommen wir eine neue Perspektive“, frohlockte Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) jüngst im Haupt- und Finanzausschuss vor dem Hintergrund, „dass wir einen flächendeckenden Glasfaserzugang nicht nur für die Industrie, sondern auch für unsere Wohnsiedlungen erreichen möchten.“

Bewusst in die ländlichen Gebiete

Das Unternehmen „Unsere Grüne Glasfaser“ (UGG), ein 2020 gegründetes Joint Venture der Allianz-Versicherung und des spanischen Telekommunikationsunternehmens Telefonica (O2) mit Sitz in Ismaning, verfolgt in Attendorn ein äußerst ambitioniertes Ziel: Im Prinzip möchte die „Grüne Glasfaser“ überall dort, wo noch kein Glasfaser liegt, ausbauen und somit eigenwirtschaftlich sämtliche Dörfer der Hansestadt mit schnellem Internet versorgen.

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„Wir gehen ganz bewusst in die ländlichen Gebiete und nicht in Großstädte wie Berlin oder Hamburg. Wir wollen eine 100-prozentige Versorgung und picken uns nicht die Kirschen heraus“, erklärte UGG-Expansionsmanager Jörg Ellebrok im Ausschuss und versprach einen schnellen Projektstart, eine kurze Bauphase und ein offenes Netz. Für die Attendorner lukrativ: Jeder Interessent, unabhängig davon, ob er heute schon O2/Telefonica-Kunden sei, komme während der Angebotsphase in den Genuss eines kostenlosen Anschlusses. Allerdings unter der Voraussetzung, dass er oder sie nach Ablauf seines aktuell laufenden Vertrags zu O2 wechselt. „Das Tempo, das Sie vorlegen möchten, ist beeindruckend“, lobte Kathrin Rameil (CDU) und auch FDP-Fraktionschef Ralf Warias freute sich: „Wir sollten jede Chance in Attendorn nutzen, um Glasfaser in den Boden zu bekommen. Das wäre ein großer Mehrwert für uns.“

Viel „verbrannte Erde“

Allerdings sind viele Attendorner Politiker vorsichtig geworden, vor allem im Hinblick auf „die verbrannte Erde, die hier schon hinterlassen wurde“, legte SPD-Fraktionschef Uli Bock den Finger in die Wunde. Zum einen sei es extrem wichtig, die Bürger vom schnellen Internet zu überzeugen und das Marketing entsprechend auszurichten, so Bock. Genau dies sei der „Deutschen Glasfaser“ offensichtlich nicht gelungen. Das sah auch Sascha Koch von der Union für Attendorn so. Er sagte: „Der Knackpunkt wird sein, den Leuten zu erklären, warum sie Glasfaser brauchen. Viele Bürger sind mit dem, was sie haben, zufrieden.“

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Zum anderen – und auch hier verbrannte, um im Bild zu bleiben, viel Erde – sei das Baustellenmanagement enorm wichtig. Monatelang blieben auch in der Hansestadt Fuß- oder Radwege bzw. Randbereiche der Straßen offen, nachdem in der Regel Subunternehmer die Glasfaser-Leitungen verlegt hatten. Ganz zum Ärger der Stadt und seiner Bewohner. „Da haben wir schlechte Erfahrungen gemacht“, betonte auch Bürgermeister Christian Pospischil.

Der Stadtrat wird nun in seiner nächsten Sitzung darüber entscheiden, ob die Stadt, die keinerlei Kosten an dem Glasfaserausbau tragen würde, eine Absichtserklärung mit der „Unsere Grüne Glasfaser“ anstrebt. Und die Politik würde anschließend mit Argusaugen beobachten, ob das Joint Venture sein ambitioniertes Vorhaben in die Tat umsetzt – ohne brach liegende Baustellen, die Anwohner auf die Palme bringen.