Olpe. Helena Vitt (20) aus Olpe hat in Rheinhessen eine Ausbildung zur Winzerin gemacht. Ihr erster Wein: ein Mix aus Holunderblüten und grünem Apfel.
Sauerland. Das ist Schützenfest, Natur, Ehrenamt und gesellige Stammtische. „Wir haben Bier und Wälder“, sagt Helena Vitt und lacht. Sie mag ihre Heimat. Die Landschaft, die Leute, die Mentalität. Vielleicht musste die 20-Jährige aber auch erstmal weggehen, um Olpe richtig wertschätzen zu können. Weg von Bier und Wäldern, hin zu Wein und Rhein. Eine Sauerländerin, die in ihrer Tätigkeit als Winzerin aufgeht.
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Im Grunde wusste Helena schon früh, dass sie „etwas anderes“ machen wollte. „Im Büro zu arbeiten, das ist nicht so meins. Ich wollte nach draußen, anpacken“, erzählt sie. Mit 17 reifte in ihr die Idee, in den Weinbergen arbeiten zu wollen. Es war eine Traumvorstellung, ohne, dass sie vorher jemals mit diesem Lebensstil in Berührung gekommen wäre. Sie wagte den Sprung ins Unbekannte und startete im Sommer 2020 nach ihrem Abi am Städtischen Gymnasium Olpe ihre Ausbildung zur Winzerin. Direkt rein ins bekannte Weingebiet Rheinhessen, nach Ingelheim.
Körperliche Arbeit in der Natur
„Ich habe auf einem relativ kleinen Weingut angefangen, mit etwa 20 Hektar Fläche“, erzählt Helena. Dort ging es vor allem erstmal um Handarbeit. Heißt: Anpacken. „Das bedeutet, dass man auch mal acht Stunden am Stück in der prallen Sonne steht, Reben zurückschneidet und erntet.“ Eine körperlich anstrengende Arbeit, die für Helena aber von Anfang an erfüllend ist. Später in ihrer Ausbildung wechselte sie zum bedeutend größeren Weingut Robert Weil im Rheingau, das sich auf einer Fläche von etwa 90 Hektar erstreckt. Das Weingut ist international vor allem für seinen Riesling bekannt. Hier lernt Helena die Vorgänge in der Kellerei und die Präsentation in der Vinothek. Inklusive das Philosophieren über Herkunft, Geruch und Geschmack. „Ich wollte in meiner Ausbildung die volle Dosis, Weinberg und Keller. Und genau die habe ich bekommen“, sagt Helena und lacht.
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Seit August ist sie fertig ausgebildete Winzerin. Und auch ihren ersten eigenen Wein hat sie schon kreiert: „PetNat“, einen „Pétillant Naturel“ (zu Deutsch: „Natürlich perlend“). Dafür hat sie Trauben des Gewürztraminer verwendet, die sie auf dem kleineren Weingut vom Anfang ihrer Ausbildung verarbeitet hat. Den Wein hat sie bereits im Gärungsprozess in die Flasche gefüllt, wo er weiter gärt. Die komplette Hefe, die für den Gärungsprozess sorgt, ist noch in der Flasche enthalten, sodass der Wein nicht klar, sondern trüb ist. Das durch die Gärung entstehende CO2 sorgt für ein leichtes Prickeln beim Trinken. „Erfrischend blumiger Rosenduft, der geschmacklich mit feinen Holundernoten und grünem Apfel abgerundet wird, gefolgt von einer anregenden Würze“ – so beschreibt Helena selbst ihren Naturwein.
„PetNat“ gibt es nur in kleiner Auflage, etwas mehr als 100 Flaschen hat Helena befüllt. Jede Flasche ist mit einem Blumenranken-Aufkleber verziert. Und mit ihrem Namen. „Natürlich ist man darauf stolz“, meint Helena. „Für die Ernte hat man ein Jahr lang gearbeitet, sich immer neuen Herausforderungen gestellt und hält am Ende dann sein eigenes Produkt in der Hand.“ Das sei pures Glück. Winzerglück. Unter diesem Namen teilt sie ihre Eindrücke auch auf Instagram. Bald möchte sie wieder einen eigenen Wein machen. Dieses Mal soll er aber klar sein.
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Die Ausbildung zur Winzerin war für Helena erst der Anfang. Ab Oktober studiert sie Internationale Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim. Inhalte sind unter anderem Weinbau, Technik und Kellerwirtschaft, dazu sind Exkursionen und Praktika im Ausland vorgesehen. „Südafrika stelle ich mir spannend vor. Nicht nur als Land an sich, sondern auch als Weinanbaugebiet. Die ernten beispielsweise im Januar/Februar und nicht wie wir im September/Oktober“, sagt Helena. In ihrem Studium soll es aber nicht nur um theoretische Weinkunde gehen, sondern auch um die Vermarktung. Dementsprechend wichtig sei es, auch den internationalen Weinmarkt kennenzulernen.
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Irgendwann mal selbst ein Weingut zu besitzen, selbst in den Weinbergen zu leben – „ja, das kann ich mir schon gut vorstellen“, überlegt Helena. Dann allerdings aber auch mit der Option, regelmäßig wieder in die Heimat kommen zu können. Ins Sauerland, dort, wo Bier und Wälder aufeinandertreffen.