Olpe/Attendorn. Zweiter Tag im Prozess wegen Bestechlichkeiten in der JVA Attendorn vor dem Olper Schöffengericht. Eine Entscheidung ist gefallen.
Es ging um den Vorwurf der schweren Bestechlichkeit. Der Gesetzgeber sieht hierfür eine Mindeststrafe von einem Jahr vor. Ins Fadenkreuz der Ermittlungen war ein Justizvollzugsbeamter (38) geraten. Laut Anklage sollte er zwischen 21. und 28. Dezember 2018 einem Häftling (42) in der JVA Attendorn gegen Zahlung von 500 Euro dreimal nächtlichen Ausgang gewährt haben. Ein anderer Gefangener (37) soll Schmiere gestanden haben. Nach dem Prozessauftakt am Freitag wurde das ungewöhnliche Verfahren gegen die drei Männer am Dienstag vor dem Olper Schöffengericht fortgesetzt.
Die Anklage basierte auf den Aussagen von zwei anderen Gefangenen, die einer Justizbeamtin in der JVA Attendorn später von den Taten berichtet hatten. Danach hätten beide Angeklagte mit Hilfe des Kollegen die JVA über Nacht verlassen. Sie hätten damit auch gegenüber anderen Häftlingen geprahlt. „Es wurde gesagt, sie hätten die Anstalt verlassen, um eine Spielhalle zu überfallen. Das hätte aber nicht geklappt“, hatte die Beamtin vor Gericht ausgesagt.
Polizeilich vorgeführt
Da die beiden Ex-Häftlinge am ersten Verhandlungstag nicht erschienen waren, wurden sie am Dienstag polizeilich vorgeführt. „Es ist vier Jahre her. Ich weiß nichts mehr“, sagte ein 55-Jähriger aus Siegen. Zur Frage von Richter Richard Sondermann, ob er sich durch seine damaligen Angaben Vorteile gegenüber den Beamten in der JVA erhofft hätte, meinte der Zeuge: „Das habe ich nicht mehr im Kopf.“ Carsten Marx, Verteidiger des angeklagten ehemaligen Justizbeamten, sprach von einem kläglichen Auftritt des Zeugen: „Die Vorwürfe, die gemacht werden, haben sich mit dieser Aussage in Luft aufgelöst.“
Aus der JVA Siegburg wurde der Häftling, der damals ebenfalls Beschuldigungen im Büro der Justizbeamtin in der JVA Attendorn gemacht hatte, in den Gerichtssaal geführt. Der 28-Jährige, der nach eigenen Angaben IT-Spezialist ist, meinte: „Ich kann mich an gar nichts mehr erinnern.“ Er habe einen schweren Unfall gehabt und sei aus dem vierten Stock gestürzt. „Wenn Sie damals zu Unrecht jemanden angeschwärzt haben, wäre das eine Straftat“, meinte der Richter noch zum Angeklagten. Doch dieser ließ sich davon nicht beeindrucken.
Auf Kosten der Landeskasse
Am Ende blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als das Verfahren einzustellen. Richter Sondermann schlug dieses auf Kosten der Landeskasse vor, ihre Auslagen sollten die Angeklagten aber selber tragen. Staatsanwältin Dr. Franziska Walther stimmte zu. Der Tatvorwurf liege fast vier Jahre zurück, außerdem sei der damalige Justizbeamte aus dem Dienst ausgeschieden.
+++ Lesen Sie auch: Nach Tod des Radfahrers: Wie gefährlich ist die Straße? +++
Die drei Verteidiger plädierten aber auch für eine Übernahme der Auslagen der Angeklagten. „Wegen der falschen Angaben hat mein Mandant sechs Monate im geschlossenen statt im offenen Vollzug gesessen“, meinte Thomas Gros, Anwalt des 42-Jährigen. „Ich bin ganz dicht im Freispruch-Bereich. Er leidet seit Jahren unter dem Druck dieses Verfahren“, sagte Anwalt Marx über den ehemaligen Justizbeamten in der JVA Attendorn. Und: „Er hat den Beruf an den Nagel gehängt. Er möchte das beenden, weil er fix und fertig ist. Er kann nicht mehr.“ Am Ende stimmte das Gericht der Übernahme der Auslagen der Angeklagten durch die Landeskasse zu.