Attendorn. Die medizinische Versorgung in Attendorn wird langfristig davon abhängen, wie viele junge Ärzte hier arbeiten wollen. Ein Stipendium soll locken.
Die Stadt Attendorn will es jungen, angehenden Medizinern schmackhaft machen, sich eines Tages in der Hansestadt beruflich niederzulassen bzw. Attendorn gar nicht erst den Rücken zu kehren. Denn in den nächsten Jahren werden auch hier viele Fachärzte in den Ruhestand gehen und es bedarf enormer Anstrengungen, gerade im ländlichen Umfeld, den dringend gebrauchten Nachwuchs zu finden. Als ein Mosaikstein bezeichnet Kämmerer Klaus Hesener daher den Versuch, die medizinische Versorgung durch die Vergabe eigener, also städtischer Medizin-Stipendien langfristig zu sichern.
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Die simple wie nachvollziehbare Idee: Die Stadt gewährt jungen Menschen, die Humanmedizin studieren, einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 500 Euro für die Dauer von maximal sechs Jahren. Als Gegenleistung verpflichten sich die Studenten, nach der Erteilung der Approbation im Stadtgebiet von Attendorn ärztlich tätig zu werden – und zwar für mindestens fünf Jahre – oder ihre Weiterbildung zum Facharzt hier zu machen. Eine entsprechende Richtlinie, die sämtliche Details regelt, hat die Politik im zuständigen Ausschuss bereits einstimmig durchgewunken – und das mit großem Lob für die städtische Initiative. Die Richtlinie muss nun noch vom Stadtrat beschlossen werden, das gilt jedoch als Formsache.
Pospischil weiß um langen Atem
„Wir sehen hier die große Chance, Mediziner an unsere Stadt zu binden“, betonte Bürgermeister Christian Pospischil (SPD). Wohl wissend, dass „wir einen langen Atem benötigen werden. Denn es dauert bekanntlich etliche Jahre, bis ein Arzt tätig werden darf.“ Allein in Deutschland beträgt die Regelstudienzeit im Medizinstudium zwölf Semester und drei Monate, es folgt ein klinischer Teil, der mit einem praktischen Jahr und dem zweiten Staatsexamen endet. In vielen Fällen schließt sich daran noch eine Facharztausbildung an.
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Heißt im Klartext: Wenn die Förderung durch besagtes Medizin-Stipendium zum Wintersemester 2022/23 erstmals vergeben wird, dauert es viele Jahre, bis der „fertige“ Arzt in Attendorn durchstarten kann. „Doch das sind uns die Mühen wert“, machte der Bürgermeister deutlich. Lob gab es aus der Politik. So sprach Wolfgang Teipel (CDU) von „gut angelegtem Geld“. Und Kevin Risch (SPD) betonte: „Diese Maßnahme wird uns einen erheblichen Standortvorteil ermöglichen.“ Vor allem, weil es kaum Kommunen in der Größenordnung der Hansestadt gebe, die solche Stipendien vergeben. In der Regel sind es größere Landkreise wie der Märkische Kreis oder der Hochsauerlandkreis, die solche Angebote schaffen. Der Kreis Olpe hat sich, trotz vehementer Bemühungen der UWG, dazu bislang nicht durchringen können.
Bestimmtes Klientel im Blick
Klaus Hesener sprach mit Blick auf das aus der Stadtkasse finanzierte Stipendium (also den monatlichen Zuschuss) von einem „praktischen Ansatz“ und „einem bestimmten Klientel, das wir im Blick haben.“ Im Austausch mit der ortsansässigen Ärzteschaft habe sich laut der Stadt nämlich gezeigt, dass es zwar ein hohes Potenzial an möglichen Medizin-Studierenden gebe, diese aber unter anderem aufgrund des NC-Problems keinen regulären Studienplatz in Deutschland erhalten und dann ein Studium im Ausland oder an einer Privatuniversität aufnehmen möchten. Was sich aber nicht jeder leisten kann. Hier setze dann das Attendorner Stipendium an. Wichtig sei auch, dass der Stipendiat sein praktisches Jahr in der Hansestadt absolviert, um Kontakte zu knüpfen, Netzwerke zu schaffen und mit der Stadt vertraut zu werden.
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Hesener ergänzte: „Uns ist es wichtig, dass die Stipendiaten von Anfang an eine enge, persönliche Begleitung durch unsere Ärzteschaft erfahren. Und ich bin zuversichtlich, dass wir sie dann aus einer eigenen Überzeugung heraus für uns gewinnen können – und sie nicht wegen des Geldes nach Attendorn kommen.“ Aus diesem Grunde sei die Stadt, auch bei der Ausgestaltung der Richtlinie, im engen Austausch mit der Helios-Klinik und den niedergelassenen Ärzten. Das erste Stipendium möchte die Stadt zu Beginn des Wintersemester vergeben.