Die Inzidenz bei Kindern im Kreis Olpe explodiert, eine Durchseuchung ist wahrscheinlich. Warum Distanzunterricht dennoch nicht infrage kommt.

Kreis Olpe. Die Omikron-Welle lässt die Inzidenz bei Kindern und Jugendlichen im Kreis Olpe explodieren. Seit Ende der Weihnachtsferien sind die Infektionszahlen bei den Unter-Neunjährigen kontinuierlich gestiegen. Mittlerweile machen sie über 22 Prozent aller kreisweiten Corona-Fälle aus. Auch in der Altersgruppe der 10- bis 19-Jährigen ist der Anteil der positiven Fälle mit über 17 Prozent verhältnismäßig hoch. Wie besorgniserregend ist diese Entwicklung?

„Im Unterschied zur Delta-Welle zeigen die allermeisten Kinder jetzt Symptome bei einer Infektion“, sagt Dr. Joachim Füllenbach, Kinderarzt aus Olpe. Bei einer Infektion mit der Delta-Variante hätten Kinder vielleicht mal einen Schnupfen gehabt, oft sei der Krankheitsverlauf aber ganz symptomlos verlaufen.

Bei der Omikron-Variante käme es hingegen öfter zu einem typischen Grippe-Verlauf – zum Beispiel mit Fieber sowie Kopf-, Hals- und Bauchschmerzen. Sollte Omikron nicht milder als Delta verlaufen? „Statistisch gesehen ist das auch so. Denn jeder Patient, der wegen einer Corona-Infektion nicht ins Krankenhaus muss, hat nach der Definition einen milden Verlauf“, erklärt Füllenbach.

Covid-Langzeitfolgen nur äußerst selten bei Kindern

Generell hätten er und seine Kollegen seit Beginn der Pandemie noch keinen schweren Covid-Verlauf bei ihren jungen Patienten erlebt. Zwar habe es durch die Omikron-Welle einen Anstieg von positiv getesteten Kindern gegeben, die stationär im Krankenhaus behandelt würden. Dabei sei die Infektion oft jedoch nur ein Nebenbefund, so Füllenbach. Auch medizinische Langzeitfolgen seien bisher äußerst selten. „Ich hatte zwei Patienten, die nach einer überstandenen Infektion nicht sofort wieder fit waren. Das war eine Jugendliche mit Post-Covid, die vier Wochen nach der Infektion massive neurologische Beschwerden hatte. Nach sechs Wochen hatten sich die Beschwerden aber wieder komplett gelegt. Und ich hatte einen Jugendlichen in der Praxis, der zeitweise Probleme mit der Ausdauer hatte.“

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Auch Nezahat Baradari, Kinderärztin und SPD-Bundestagsabgeordnete in Personalunion aus Attendorn, ist froh, dass Kinder in der Regel nicht so schwer erkranken würden wie ältere Erwachsene. Die Kinderärztin und Politikerin aus der Hansestadt weiß: „Kinder sind nachweislich ein großer Virusüberträger. Das verwundert auch nicht, kommen sie in Kita oder Schule mit vielen anderen Kindern in Berührung. Die ganz Kleinen tragen natürlich auch keine Masken.“ Baradaris Appell: Eltern sollten, sofern keine medizinischen Gründe dagegensprechen, ihre Sprösslinge impfen lassen – ab fünf Jahren ist dies mittlerweile zulässig. „Und das sollte vorzugsweise der eigene Kinderarzt machen, der seinen jungen Patient gut kennt.“ Baradari selbst impfe Kinder ab fünf Jahren in ihrer Praxis, seitdem die Stiko dafür die Empfehlung gegeben hat.

Inzidenz bei Kindern spiegelt wahre Inzidenz in der Bevölkerung wider

Wegen der explodierenden Inzidenzen bei den Kindern und Jugendlichen nun womöglich in den Distanzunterricht zu wechseln, hält Füllenbach für eine nicht notwendige Maßnahme. „Das ist jetzt zu spät. Um die Zahlen zu drücken, müssten wir jetzt wieder in einen Volllockdown gehen wie im März 2020. Aber wir können nicht jahrelang bei jeder Infektionswelle in den Lockdown gehen. Die Frage ist deshalb: Haben wir eine Alternative zur Durchseuchung? Wahrscheinlich nicht“, meint Füllenbach. Und auch, wenn die Inzidenzen bei den Jüngeren derzeit in den Fokus rückten, könnten daraus Rückschlüsse zu anderen Altersgruppen gezogen werden: „Meistens ist es nämlich so, dass die Inzidenzen bei den Kindern die wahre Inzidenz in der Bevölkerung widerspiegeln.“

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Es stehe außer Frage, dass sich alle Kinder früher oder später infizierten – ob geimpft oder ungeimpft. Rund 6000 Patienten betreut die Gemeinschaftspraxis in Olpe. Füllenbach schätzt, dass zwischen 600 und 700 der Fünf- bis Elfjährigen in der Praxis geimpft worden seien. Ihm ist es wichtig zu betonen, dass die Impfung nicht gegen Omikron oder sonst eine andere Virusvariante schütze, sondern gegen einen schweren Covid-Verlauf. „Die Impfung schützt beispielsweise vor PIMS, einem schweren entzündlichen Krankheitsbild. Ob Omikron aber überhaupt PIMS auslösen kann, dazu fehlen uns bislang verlässliche Daten. Bis jetzt scheint es so, als ob Omikron vor allem die oberen Atemwege angreifen würde“, so Füllenbach.

Kreis Olpe ohne umfassende Info

Wie viele Kinder und Jugendliche aktuell von einer Infektion betroffen sind und wie viele Klassen oder Kindergartengruppen infolgedessen betroffen sind, kann der Kreis Olpe derzeit nicht ermitteln, wie Kreispressesprecherin Stefanie Gerlach auf Anfrage mitteilte. Nachvollziehbarer Grund: Der Kreis könne derzeit nicht mehr allen als infiziert Gemeldeten hinterher telefonieren (wir berichteten) und fragen, ob es sich um ein Kitakind oder einen Schüler handelt. Daher fehle der Überblick, welche Institutionen betroffen seien.

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Die Teststellen informierten den Kreis lediglich über die positiv getestete Person, aber nicht darüber, wenn es ein Minderjähriger sei, welche Schule oder welche Kita betroffen sei. Gleiches gelte für den Impfstatus. Auch den erfahre der Kreis nur durch anschließenden Anruf.

>>> 150 SCHULVERWEIGERER

  • Im Regierungsbezirk Arnsberg gibt es laut Pressesprecher Christoph Söbbeler insgesamt 150 Schülerinnen und Schüler, die einen Corona-Test und damit den Schulbesuch verweigern.
  • Insgesamt gibt es im Regierungsbezirk Arnsberg 410.000 Schülerinnen und Schüler.
  • Zahlen für den Kreis Olpe gibt es nicht, so Söbbeler.