Attendorn. Die Stadt schlägt auf Initiative der Marktbetreiber vor, den Wochenmarkt dauerhaft vom Alten Markt abzuziehen. Was dafür und was dagegen spricht.

Dorothe Rocksloh vom Wäschehaus Brake spricht von einem besonderen Flair, den der Wochenmarkt am Samstagvormittag versprühe. Die Einzelhändlerin, die unmittelbar am Alten Markt vor dem Sauerländer Dom sitzt, sagt dies aus jahrelanger, hautnaher Erfahrungen – immerhin spielte sich das Markttreiben direkt vor ihren Augen ab. Aufgrund des großen Platzumbaus als Bestandteil des Innenstadtentwicklungskonzeptes, das den Alten Markt als „Standort für den Wochenmarkt“ vorsieht, weichen die Marktbeschicker seit Herbst 2020 jedoch auf den neu errichteten Rathausvorplatz aus – und wollen hier auch nicht mehr weg. Wird der Wochenmarkt, entgegen seiner uralten Tradition, für immer vom Alten Markt verbannt?

Die Kritiker

Eine Frage, die kontrovers diskutiert wird. „Der Alte Markt ist ein Platz, um den uns der ganze Kreis beneidet. Wer in der Vergangenheit samstags unseren Wochenmarkt besucht hat, der hat hier ein kleines Event erlebt“, sagt Rocksloh und geht sogar noch weiter: „Vielen Händlern, Gastronomen, aber vor allem auch Bürgern aus unserer Stadt würde es empfindlich wehtun, wenn wir ein Stück Heimatkultur verschenken.“ Schon jetzt, sagt Rocksloh aus der Händler-Brille, würden die Geschäfte rund um Alter Markt, aber auch aus Ennester oder Niederster Straße darunter leiden, dass Kundenströme verloren gingen, was sich zwangsläufig auch auf die Umsätze auswirke.

Die Kompromiss-Bereiten

Das sieht Michael Frey, Inhaber der gleichnamigen Buchhandlung wenige Meter vom Alten Markt entfernt, ähnlich: „Der Wochenmarkt auf dem Alten Mark ist historisch gewachsen, er ist der Mittelpunkt unserer Stadt. Die Leute zieht es schon jetzt aus der Innenstadt hinaus, worunter Ennester und Niederste Straße leiden.“ Weil er aber die Argumente der Markthändler, denen sich die Stadtverwaltung anschließt, verstehen könne, schlägt Frey einen Kompromiss vor: Man müsse schauen, ob man das Marktgeschehen vom Rathausvorplatz, entlang der Kölner Straße bis zum Alten Markt ausdehnen könne. Dann würden auch die Händler an der Kölner Straße profitieren.

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Eine Idee, der Christian Springob als Vorsitzender der Werbegemeinschaft etwas abgewinnen kann: „Vielleicht lässt sich der Wochenmarkt am Samstag mit kleineren kulturellen Acts und kleinen Bühnen noch mehr beleben“, sagt der Apotheker – nach dem Motto: Je mehr Programm, desto größer lasse sich der Bereich des Wochenmarktes fassen. Andererseits weiß der Vorsitzende der Werbegemeinschaft, dass etwa die Händler in der Wasserstraße keine Freudensprünge machen, wenn der Alte Markt nicht mehr für den Wochenmarkt genutzt würde. Springob: „Denen würde dann die Sichtbeziehung fehlen. Gerade ortsfremde Besucher nehmen die Wasserstraße kaum wahr, wenn sich das Marktgeschehen vor dem Rathaus abspielt.“

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Der Apotheker macht aber keinen Hehl daraus, dass es kein einheitliches Meinungsbild bei den Gewerbetreibenden gebe. „Deswegen wäre es sinnvoll, sich noch einmal Gedanken zu machen und an einen Tisch zu setzen“, warnt Springob vor voreiligen Entscheidungen. Zumal die Umbauarbeiten am Alten Markt noch nicht beendet sind und alle Beteiligten dem neu gestalteten Platz eine Chance geben sollten.

Die Befürworter

Doch was sind nun die Argumente, die die Marktbeschicker antreibt, dauerhaft vor dem Rathaus Gemüse, Geflügel, Gewürze und Co. zu verkaufen? „Wir mussten in der Vergangenheit vom Alten Markt immer ausweichen, wenn zum Beispiel das Weinfest oder das Gauklerfest stattfanden. Hinzu kommen die vielen Baustellen, die uns bei An- und Abfahrt stören“, sagt Marktsprecher Roberto Pace aus Lennestadt, der seit 25 Jahren Blumen und Pflanzen in Attendorn verkauft, auf Nachfrage dieser Redaktion. Der Verkehr ließe sich am Rathausvorplatz viel besser abwickeln und der logistische Aufwand sei deutlich geringer als auf dem Alten Markt. Einen Brief mit der Bitte um dauerhafte Verlegung vor das Rathaus hatten die Markthändler schon vor über einem Jahr an Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) geschickt – ohne darauf laut Pace bis heute eine Antwort erhalten zu haben.

Samstag und Mittwoch

Der Wochenmarkt findet samstags und mittwochs (unter der Woche aber in abgespeckter Form) von 8 bis 13 Uhr statt. Er bietet in erster Linie Produkte des täglichen Bedarfes, vor allem Lebensmittel, an.

Der Haupt- und Finanzausschuss wird am Mittwoch, 26. Januar, ab 17 Uhr in der Stadthalle mit der (möglichen) Verlegung des Marktes befassen.

Der Bürgermeister selbst kann den Argumenten von Pace und Co. folgen. So biete der Rathausvorplatz flächenmäßig einen Gewinn, wodurch „der Wochenmarkt zentraler, übersichtlicher und geordneter organisiert werden“ können, heißt es aus dem Rathaus. Zudem gebe es mehr Parkplätze an Neumarkt und Klosterplatz und auch die Gastronomen am Alten Markt würden nicht mehr eingeschränkt – Tische und Stühle könnten gerade bei freundlichen Außentemperaturen draußen stehen bleiben.