Attendorn. Jürgen Krüger geht nach 49 Jahren in den Ruhestand. Attendorner Bäckermeister ist bekannt für seine Ostersemmeln. Arbeitstage mit 16 Stunden.

„Krüger‘s Backhaus“ aus der Ennester Straße 17 ist seit über 36 Jahren ein Begriff für gute Backwaren in der Hansestadt. Doch die Tage der Bäckerei sind gezählt. Bäckermeister Jürgen Krüger wird am Donnerstag, 31. März, letztmalig um vier Uhr morgens die Türe seines Bäckerfachgeschäfts aufschließen. Danach geht der 63-Jährige nach 49 Jahren in diesem Beruf in die verdiente Rente. Einen Nachfolger hat er bedauerlicherweise nicht gefunden. Dadurch schwindet in Attendorn die Bäckervielfalt.

Erstmals 1455 erwähnt

Aus einer Unterlage von Stadtarchivar Otto Höffer geht hervor, dass die Attendorner Bäckerzunft erstmals im Jahre 1455 erwähnt wurde. In dem Jahr rissen die Zünfte die städtische Verwaltung an sich, da sie die Patrizierherrschaft der alten Kaufmannsfamilien leid waren.

Von nun an regierten in Attendorn die Zünfte, u. a. auch die Bäckerzunft. In der Bestätigung des Stadtrechts durch Kurfürst Ernst von Köln im Jahre 1599 erscheint erneut die Bäckerzunft.

Mit 14 Jahren begann der Beukenbeuler seine Bäckerlehre bei Georg König (Nelli), der damals noch in Neu-Listernohl backte. Später zog er mit Bäckermeister König um in die neu errichtete Backstube auf der Mühlhardt. Am 2. Juli 1984 absolvierte Jürgen Krüger seine Meisterprüfung in der Bäckerfachschule in Olpe. Der junge „Backexperte“ hatte gute Verkaufsideen, und im August 1985 machte er sich, nachdem er 13 Jahre in der Bäckerei König arbeitete, mit „Krüger‘s Backhaus“ selbstständig.

Mehrmals am Tag gebacken

Stolz erzählt er unserer Redaktion, dass er damals der erste in Attendorn war, der mehrmals am Tag frische Brötchen backte. Da dies neu war und gut ankam, bildeten nachmittags die Kunden eine Schlage auf dem Bürgersteig vor seinem Geschäft. Bis 2019 backte Krüger vor Ostern auch die beliebten Kümmelsemmel. Bis zu 2.000 Ostersemmel produzierte er mit seinen Helfern in der kleinen Backstube. Sein Dienst ging dann ununterbrochen 36 Stunden, von Donnerstagabends bis Samstagmorgens. In Attendorn hatte sich herumgesprochen, dass Krüger besonders viel Kümmel dem Semmel beimischte; deshalb waren seine Semmel so beliebt.

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Da er nur noch einen Bäckergesellen hat, Mathias Oster, der ihm seit fast 30 Jahren die Treue hält und keine weiteren Helfer fand, hat er die Ostersemmelherstellung vor Ostern anschließend nicht mehr begonnen. Zwischendurch im Jahr machte er es aber möglich, auf Vorbestellung, Kümmelsemmel zu backen. Dass er morgens bereits um vier Uhr mit dem Verkauf begann, kam ausgesprochen gut an. Wenn Kunden früh irgendwohin mussten, sprangen sie vorher noch in die Bäckerei, um sich aus dem Krüger-Sortiment zu bedienen.

Großes Bedauern

Sein beliebtestes Brot ist ein Mehrkornbrot, das unter dem Begriff Frühlingsbrot am meisten verkauft wird. Bei den Brötchen erfreuen sich die Dinkel- und Kümmelbrötchen großer Beliebtheit. Und beim Gebäck griff der Kunde unter anderem gerne zum „Mohnstriezel“. Aber auch die besonders großen „Schweineohren“ und der „Liebesknochen“ erzeugten Gaumenfreuden.

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„Jetzt jammern die Kunden bereits, dass ich zumache“, sagt uns der Bäckermeister. Aber bis Ende März können alle noch kräftig zugreifen. Wenigstens ein kleiner Trost. 16 Stunden, von montags bis samstags, hat er jahrelang täglich gearbeitet. Seine Arbeitszeit geht von abends 19 Uhr bis zum anderen Tag um 11 Uhr. Von der ersten Stunde an dabei ist seine Ehefrau Elvira, die trotz der zwei Kinder immer unterstützend mitzog. Sie ist eine von vier Fachverkäuferinnen. Seinen Dank richtet Jürgen Krüger auch an seine Mitarbeiter, „die auch in schlechten Zeiten immer mitgezogen haben“.

Fachkräfte Mangelware

Der Obermeister der Bäckerinnung Westfalen-Süd, Georg Sangermann (Oberveischede), findet es schade, dass Jürgen Krüger zumacht. „Wenn ein Kollege schließt, gehen auch immer Rezepte verloren.“

Er bestätigte den Facharbeitermangel, vor allen Dingen aber auch bei den Fachverkäuferinnen. Bei ihm selbst sind Fachverkäuferinnen knapp, so dass er in seinen Filialen in Bilstein und Rhode zwar den Thekenverkauf weiter betreibt, aber das integrierte Café geschlossen hat.