Oedingen. Ob Flutkatastrophe, Windräder oder fehlende Bauplätze: Bürger aus Oedingen diskutieren mit der WP-Redaktion über das Dorfleben in Oedingen.

„Ich wohne seit mehr als 50 Jahren hier in Oedingen. Es gibt ein paar Baustellen, aber ich fühl mich hier sauwohl“, sagt Andreas Sapp. Ein klares Plädoyer für seinen Heimatort, das wohl fast alle Bürgerinnen und Bürger unterschreiben würden, die am Dienstagabend im Gasthaus Mester mit der WP-Redaktion im Rahmen der Aktion „WP Mobil“ über aktuelle Oedinger Themen diskutierten.

Hochwasser

Wie belastbar eine Dorfgemeinschaft ist, zeigt sich oft erst in der Krise. Eine der größten der letzten Zeit war die Wasser- und Schlammwelle, die am 14. Juli nach stundenlangem Starkregen den Ort überflutete. Jeder Oedinger kann davon eine Geschichte erzählen. Oliver Breiting, Anwohner am weggeschwemmten Holunderweg, war im Urlaub, aber sein Auto stand auf dem Grundstück an der plötzlich nicht mehr vorhandenen Straße. Folge: „Wir konnten vier Wochen lang unser Auto nicht mehr nutzen“, sagt er. „Die Hilfsbereitschaft an dem Tag und am Tag danach, die war richtig stark“, blickt Stefan Müller zurück. Viele Bürgerinnen und Bürger packten mit an, dennoch sind die Folgen im Ort noch sichtbar. Die 27 Kameraden der Feuerwehr sind jetzt wieder zurück im Feuerwehrhaus, das ebenfalls überflutet wurde. „Der Zustand ist immer noch katastrophal“, sagt Löschgruppenführer Berthold Gies. Die Löschgruppe ist jetzt in einer Wohnung im Obergeschoss untergebracht. Aber das gesamte Gebäude stinkt weiterhin nach Öl, das im Keller ausgelaufen war. Laut Stadt sei eine Sanierung möglich, die Oedinger sind da skeptisch. Für 2026 ist der Neubau eines Feuerwehrhauses geplant. Die Frage, ob eine Sanierung bis dahin überhaupt sinnvoll ist, bleibt offen.

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Windkraft

Beim Thema Windkraft gehen die Meinungen auseinander. Auf dem Herrscheid sollen vom Ort aus sichtbar vier mehr als 200 Meter hohe Windräder gebaut werden. „Ich denke, die Meinung in Oedingen ist gespalten“, bringt es Winfried Schmitte auf den Punkt. Ferdi Müller sagt: „Ich kann nachvollziehen, dass einige der Blick auf die Windräder stört, aber irgendwo muss man ja anfangen.“ Andreas Sapp meint, die Nachteile – zum Beispiel der Wertverlust der Häuser -- müssten ausgeglichen werden und das Geld im Ort bleiben. „Alles andere wäre unfair.“ Hermann Padberg: „Das würde auch die Akzeptanz erhöhen.“ Oliver Breiting meint: „Das Schlimme ist, dass hier Kosten entstehen, die wir hinterher in Kilowattstunden bezahlen müssen.“

Berthold Gies: „Mich ärgert, dass der Solar-Park auf dem Gelände der Sauerland-Kaserne nicht genehmigt wird und andererseits hier Windräder hin sollen.“ Auf der Fläche möchte ein Investor großzügig Photovoltaik-Elemente aufstellen. Dies geht laut Landesumweltamt nicht, weil sich hier eine ökologisch wertvolle Magerwiese gebildet hat.

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Kindergarten

Erfreuliches hatte Alexa Müller, Leiterin des zweigruppigen Kindergartens im Ort, mitgebracht. Die Zukunft der Kita nimmt Form an. Es bleibt beim jetzigen Standort mit Anbau an die Grundschule: „Das Thema Neubau ist vom Tisch, die Anbaupläne liegen beim Kreis Olpe und beim Landesjugendamt. Der Standort ist von der Lage und pädagogisch gesehen ein Traum, auch von der Parksituation.“ Obwohl der Anmeldeschluss für das Kitajahr 2024 erst im nächsten Oktober ist, habe der Kindergarten jetzt schon 14 Anmeldungen für U3-Plätze und nur sechs stehen zur Verfügung. Müller: „Es muss was passieren, wir platzen aus allen Nähten.“ Wenn alles gut läuft, könnte im Herbst 2022 gebaut werden. Oliver Mester: „Es ist gut, dass das mit dem Anbau nun funktioniert, dann haben wir gute Chancen, dass auch die Turnhalle auf Dauer gesichert ist.“

Bauplätze

Wo baut man in Oedingen? Allgemeines Achselzucken. Die Stadt hat nur noch ein unattraktives Grundstück in der Silwecke. Weitere private Grundstücke stehen nur vereinzelt zum Verkauf. Folge: Junge Oedinger Familien ziehen weg, zum Beispiel in den HSK, wo man noch bauen kann. „Der Ort stirbt irgendwann aus“, befürchten einige Bürger. Negativer Nebeneffekt: Der Wegzug führe dazu, dass Fachkräfte abwandern und den heimischen Betrieben das Personal ausgehe, so Hermann Padberg. „10 bis 20 Bauplätze wären ruckzuck weg, da bin ich mir sicher“, sagt Sascha Pfaff. Dass an der Ecke B55/Gladiolenweg – also in bester Lage – ein Privatgrundstück seit 15 Jahren weitgehend brach liegt, finden alle Oedinger schade. Eine Bebauung ist trotz Wohnraummangel nicht in Sicht.

Dorfgemeinschaft

Weiteres Thema waren die Unterbringung von Flüchtlingen im Haus Buckmann, die manchmal für Ärger sorgt, vor allem in der Nachbarschaft. Friedhelm Kirchhoff: „Ich bin jahrelang als Hausmeister tätig gewesen, man hat sich manchmal geärgert, wenn man drüber geschlafen hat, ging es wieder.“

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Ein ÖPNV findet am Wochenende nicht statt und der Lärm auf der B 55 nimmt zu. Oliver Mester: „Die Lkw werden immer lauter.“ Das Vereinsleben in dem 1000-Seelen-Ort ist sehr aktiv und attraktiv. Die Beteiligung der Einwohner an Festen und Veranstaltungen könnte aber insgesamt besser sein. Wolfgang Schmitte: „Es kommen leider immer die gleichen Leute.“ Er regt eine „Mecker- oder Initiativecke“ auf der Dorf-Homepage oedingen.de an. Ferdi Müller wünscht sich etwas mehr Transparenz: „Der Informationsfluss unter den Vereinen könnte besser sein.“ Aber unterm Strich sind sich alle einig: In Oedingen lässt es sich gut leben.

>>> WEIHNACHTSMARKT: ENTSCHEIDUNG NOCH OFFEN

  • Unklar ist, ob der Oedinger Weihnachtsmarkt am 4. und 5. Dezember wegen der aktuellen Coronasituation stattfinden kann, weil eine Kontrolle der dann wohl gültigen 2G-Regel wegen der vielen Zugänge schwierig ist. Eine Entscheidung soll in Kürze von der ARGE getroffen werden.
  • Für Fahrradfahrer ist der Ort Oedingen in Richtung HSK quasi eine Sackgasse. Die einzige direkte Radwegverbindung in Richtung Cobbenrode führt für Tourenradler bzw. Familien nur über die gefährliche Bundestraße 55. Eine alternative Radtrasse existiert nicht.