Kreis Olpe. Rund um die Booster-Impfungen liegen die Nerven blank. NRW-Gesundheitsminister Laumann wird ausfällig, ein Olper Arzt kontert.
Der extrem zunehmende Druck aus der Bevölkerung nach Booster-Impfungen sorgt für verbale Ausfälle und politische Kontroversen. Nachdem NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann den Hausärzten öffentlich den Ratschlag erteilt hatte, samstags besser zu impfen, statt Golf zu spielen, ist die heimische Ärzteschaft „auf dem Baum“. Dr. Martin Junker, Allgemeinmediziner aus Olpe und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (Bezirksstelle Lüdenscheid), nimmt auf Anfrage kein Blatt vor den Mund: „Zu behaupten, wir impften zu wenig und gingen auf den Golfplatz, ist eine Frechheit sondergleichen und eine bodenlose Ignoranz. Da fehlen einem die Worte.“ Gerade Laumann habe vor einigen Jahren noch gefordert, es müsse etwas gegen die Misstrauenskultur im Gesundheitswesen geschehen. Und jetzt das.
„Wir drehen alle am Rad“
Junker legt nach: „Ich befinde mich gerade in unserer Praxis, wir drehen hier alle am Rad, stehen unter extremem Stress. Wir stecken mitten in der Terminvergabe für Corona-Impfungen. Da werden Termine bis in den Februar vergeben.“ Die Corona-Impfungen, auch das Boostern, erforderten umfangreiche organisatorische Vorarbeit: „Es müssen Sechser- oder Siebener-Gruppen gebildet werden, sonst muss Impfstoff weggeworfen werden, weil sich das Vakzin nicht lange hält. Nach zwei Stunden müssen wir ihn entsorgen.“
Vor diesem Hintergrund sei seine Praxis bemüht, notfalls Impfwillige auch spontan anzurufen, wenn sich die Möglichkeit ergebe. Moderna-Impfstoff, der sich gut als Booster-Impfstoff eigne, liefere Zehnerfläschen, wobei für das Boostern die halbe Dosis reiche, so dass dann die Impfung für 20 Impfwillige koordiniert werden müsse. Junker: „Das muss ja alles während der laufenden Sprechstunde organisiert werden, und wir können uns nicht ausschließlich mit dem Impfen befassen. Es sind auch noch andere Patienten da.“ Der Allgemeinmediziner rät seinen Patienten, nicht übereilt auf das Boostern zu drängen, bevor die sechs Monate nach der Zweitimpfung abgelaufen seien. „Die Politik erzeugt momentan einen unnötigen Druck und schiebt dadurch die Menschen in die Hausarztpraxen. Das ist eine unverantwortliche Frechheit.“ Vor allem vor dem Hintergrund des eigenen Versagens: „Die Impfzentren wurden zu früh eingemottet. In den Schulen müssen die Kinder wieder frieren und alle 15 Minuten die Fenster aufreißen, obwohl es leistungsfähige Luftreinigungsgeräte gibt. Das ist Schwachsinn in Tüten.“
Grünen-Antrag
Apropos Boostern: Die Fraktion der Grünen im Kreistag hat am Mittwoch Mittag einen Dringlichkeitsantrag gestellt, die geplanten Öffnungszeiten des Impfzentrums in Attendorn auszuweiten.
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Grünen-Sprecher Fred-Josef Hansen: „Das Impfzentrum in Attendorn soll täglich, einschließlich der Wochenenden und Feiertage zu bürgerfreundlichen Zeiten öffnen.“ Begründung: Wegen der strikten 2G-Regelungen sei mit einem verstärkten Andrang von nicht Geimpften und besonders von Bürgern, die eine Booster-Impfung haben wollten, zu rechnen. Hansen: „Dies auch deshalb, da „Boostern“ ab 18 Jahre freigegeben worden ist. Mit der erweiterten Öffnung leistet der Kreis einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie.“
Personalfrage entscheidend
Der Leiter des Corona-Krisenstabes, Andreas Sprenger, erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, der Kreis bemühe sich momentan, über den DRK-Kreisverband genügend geeignetes Personal für die Impfungen im Heggener Weg in Attendorn zu verpflichten. Das sei die Voraussetzung für den Impfbetrieb und für eine gegebenenfalls gewünschte Ausweitung.
Weitere Corona-Teststelle in Drolshagen
Der Betreiber des Corona-Schnelltestzentrums in Drolshagen-Berlinghausen, Alexander Schürholz, teilte am Mittwoch mit, er werde eine zweite Teststelle in Drolshagen eröffnen: „Wir haben ein leerstehendes Ladenlokal neben Schreibwaren Feldmann angemietet und wollen ab Montag starten.“ Die Öffnungszeiten stünden noch nicht fest, in Berlinghausen bleibe alles beim Alten. Jeder könne sich täglich kostenlos testen lassen.
Zunächst halte der Kreis aber an seinen bisherigen Plänen fest: „Es bleibt beim vorgestellten Zeitplan. Wir beginnen am Sonntag, 21. November, mit dem Probelauf, weil wir für einen solchen Betrieb nicht einfach einen Schalter umlegen und täglich tausend Menschen impfen können. Es handelt sich ja um eine ganze Kette von Prozessabläufen, die wieder hochgefahren werden müssen.“ Deshalb bleibe es dabei, mit dem eigentlichen Dauerbetrieb am ersten Adventswochenende, ab dem 26. November, jeweils freitags, samstags und sonntags, zu beginnen.
Sprenger: „Wir sind auch in der Planung, dieses Angebot auszuweiten, aber es hängt entscheidend am Personal. Je nachdem, wie viel qualifizierte Interessenten es gibt, können wir über eine Ausweitung des Impfangebotes nachdenken. Und das werden wir dann auch tun.“
Sprenger erinnert in dem Zusammenhang daran, dass der Kreis per Erlass angehalten sei, das Impfzentrum nur als ergänzende Maßnahme zu den Hausarztpraxen zu betreiben: „Wir sollen nicht die Hauptlast tragen, aber wir tun, was wir können.“
Fehlt noch der Hinweis auf das Buchungssystem des Kreises Olpe, über das Termine im Impfzentrum gebucht werden können. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran“, verspricht Sprenger,: „Die erste Nachricht, wann es an den Start geht, wird auf unserer Facebookseite ,Impfzentrum Kreis Olpe’ erscheinen.“ Eine Mitteilung an die Medien und auf der kreiseigenen Homepage folge.
Wegen des immensen Andranges müsse sich aber jeder im Klaren sein, dass die Termine, die der Kreis freigeben könne, sofort vergriffen seien. Sprenger bittet die Impfwilligen deshalb um Verständnis, dass ein Termin auch erst in einigen Wochen möglich sein könne.