Wenden. Balcke-Dürr-Verkauf schlägt in Wenden weiter hohe Wellen. Ermittlungen gegen Unbekannt.
Die exclusive Enthüllung dieser Zeitung über die vier Bewerber für das ehemalige Balcke-Dürr-Gelände in Rothemühle war Thema im Wendener Rat am Mittwochabend. Nach der nicht-öffentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 1. September seien der Presse vertrauliche Informationen zugestellt worden, so Bürgermeister Bernd Clemens. Dies verurteile er aufs Schärfste: „Das ist etwas, womit der Gemeinde Wenden Schaden zugefügt wird und das ist auf gar keinen Fall hinzunehmen. Deswegen haben wir den Vorgang der Staatsanwaltschaft Siegen zur Kenntnis gegeben.“ Diese habe schriftlich mitgeteilt, dass ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Geheimnisverrats eingeleitet worden sei.
Laut dem Oberstaatsanwalt komme vor dem Hintergrund des Verteilers an die Ratsmitglieder ein größerer Personenkreis als mögliche Täterin oder Täter in Betracht, so Clemens. Zudem wäre eine Weiterleitung der Unterlagen zumindest theoretisch auch allen Personen möglich gewesen, die im Rathaus dienstlich Zugriff darauf hatten.
Sanktionierung prüfen
„Sollten der oder die Täter im Rahmen des laufenden Verfahrens ermittelt werden, ist zu prüfen, nach welchen Rechtsvorschriften hier zu sanktionieren ist. Egal ob nach Strafgesetzbuch, der Disziplinarordnung, der Gemeindeordnung oder dem Zivilrecht in Zusammenhang mit möglichen Schadensersatzansprüchen, die Weitergabe von nicht-öffentlichen Informationen und Sitzungsvorlagen ist kein Kavaliersdelikt“, betonte Thorsten Scheen (UWG). Er forderte, dass „ein eventuell ermittelbarer Verantwortlicher nach allen Möglichkeiten der zur Verfügung stehenden Rechtsgrundlagen sanktioniert wird, egal, ob als Ratsmitglied oder Mitglied der Verwaltung.“
Auch die SPD missbillige die Indiskretion, sagte Ludger Reuber: „Fakt ist, dass die vier Bewerber Vertrauen in uns Politiker und die Verwaltung verloren haben. Das bedauern wir, denn schließlich ist das gesamte Verfahren mit einer Kaufsumme von mindestens 2,1 Millionen Euro keine Lappalie.“ So etwas gehöre sich nicht und gehe gar nicht, meinte Martin Solbach (CDU). Auch die Grünen würden das Vergehen aufs Schärfste verurteilen, sagte Marina Bünting.
+++ Lesen Sie auch: Musikschule in neuen Räumen in Schönau +++
Zur Sache: Nach ihren Interessensbekundungen bei der Konzeptvergabe bleiben alle vier Bewerber im Rennen: Stefan Müller und Alexander Czenkusch, Bernd Hesse, die Pyramis Imobilien Entwicklungs GmbH und IPC Vermögensanlagen GmbH. Im zweiten Verfahrensabschnitt sollen die vier Investoren, die das Areal und die Immobilien kaufen und entwickeln wollen, ihre Konzepte bis zum 31. Dezember dieses Jahres konkretisieren. Dafür legte der Rat Bewertungskriterien fest.
Gewichtungen
Es gibt folgende unterschiedliche Gewichtungen: Wohnen, kleinteilige wohnbauliche Entwicklung (10), Arbeiten, kleinere gewerblich Einheiten und Zahl der Arbeitsplätze (35), Verkehr und Erreichbarkeit, geringer Schwerlastverkehr (15), Kultur, Freizeit, Gastronomie (5), Freiraum und Aufenthaltsqualität (5), Städtebau, Einbindung ins Umfeld und Erhalt und Weiterentwicklung von Halle 1 und 4 (15) sowie zeitliche Umsetzung (5). Ein weiterer Faktor ist der Kaufpreis (10). „Als Mindestangebot sind 2,1 Millionen Euro zwingend abzugeben. Das Bestgebot erhält dabei die volle Punktzahl und alle weiteren einen prozentualen Anteil zum Bestgebot“, so der Beschluss des Rates.
Die Jury für die Bewertung der eingereichten Konzepte bildet der Haupt- und Finanzausschuss.