Würdinghausen/Kreis Olpe. Voller Optimismus blicken die Schützenvereine im Kreis Olpe auf 2022. Aber vieles wird anders und teurer werden - Fazit einer Diskussionsrunde.

Mit der Fliegenkirmes in Bamenohl wäre am Wochenende die Schützenfestsaison 2021 im Kreis Olpe zu Ende gegangen. Aber nach der Saison ist vor der Saison. Die Schützenvereine im Kreis Olpe blicken mit großer Zuversicht auf das neue Schützenjahr 2022 und sind überzeugt, dass ab April wieder richtige Schützenfeste gefeiert werden. Fest steht aber auch: Die Pandemie hat Spuren hinterlassen und für Vereine und Besucher wird sich einiges ändern. Darin waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion am Freitagabend in der Hundemtalhalle in Würdinghausen einig. Zum Abschluss des Umfrage-Projekts „Schützen-Checks“ dieser Zeitung diskutierte Thorsten Streber, Redaktionsleiter der WP im Kreis Olpe, mit seinen Gästen die Ergebnisse der Umfrage, an der im Frühjahr mehr als 800 Bürgerinnen und Bürger teilgenommen hatten.

Große Zuversicht für 2022

Martin Tillmann
Martin Tillmann © WP | Volker Eberts

An der klaren Zukunftsperspektive, was die Festsaison 2022 angeht, hat sich seit dem Frühsommer nichts geändert, trotz der steigenden der Infektionszahlen in den letzten Wochen. Fast 70 Prozent der Befragten hatten sich beim Schützen-Check damals sehr zuversichtlich gezeigt, dass im kommenden Jahr wieder Schützenfeste stattfinden.

Genauso sehen es die Podiumsteilnehmer. Martin Tillmann: „Ja, es werden wieder Schützenfeste möglich sein, vielleicht mit angezogener Handbremse. Wir müssen lernen, mit dem Virus umzugehen.“ Maximilian Völkl: „Ich glaube das auch, wir müssen mal sehen, wie Karneval läuft, aber es wird einen normalen Sommer geben“, sagte der Kirchveischeder mit Hinweis auf Dänemark, wo alle Coronabeschränkungen aufgehoben wurden.

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Absolut überzeugt davon ist auch Stephan Rödder: „Ich glaube, 2022 wird kräftig gefeiert, da knallt´s richtig“, sagte der Brauerei-Vertreter mit frischen Erfahrungen vom Oktoberfest in Elben am letzten Wochenende im Gepäck: „500 Leute waren da, die haben gefeiert, als ob nichts wäre. Den Nachholbedarf sehen wir auch am Pro-Kopf-Verzehr, normalerweise planen wir zwei Liter pro Gast, in Elben war er erheblich höher.“ Niemand auf dem Podium glaubt auch an eine Flaute unter der Vogelstange im kommenden Jahr. Nina Friedrichs: „Wir haben bei uns in Meggen durch die Königsclubs keine Probleme, es werden genügend Aspiranten da sein.“ Martin Tillmann glaubt, dass das Schützenvolk nach drei Jahren auch mal wieder neue Majestäten sehen wolle.

Nina Friedrichs
Nina Friedrichs © WP | Volker Eberts

„Und wie werden die Auflagen aussehen“, fragte Thorsten Streber in die Runde. Nina Friedrichs: „Ich gehe von 2G aus, das ist bei der Impfquote im Kreis Olpe realistisch.“ Das würde bedeuten, nur Geimpfte und Genesene dürften mitfeiern, Getestete blieben draußen. Martin Tillmann sieht die 2G-Regel für die Feste auch als Favorit, obwohl die Kontrolle beim Schützenfest schwierig sei. Der Bundesoberst kritisiert in dem Zusammenhang die Politik, die sich für das neue Veranstaltungsjahr bedeckt halte: „Reicht ein Spülboy (eine spezielle Schaumbürste im Spülbecken, die Red.) hinter der Theke oder muss eine Spülstraße her, keiner weiß das. Wir brauchen rechtzeitig Antworten. Was da an Hygieneauflagen auf uns zukommt, das sollte nicht erst das örtliche Gesundheitsamt kurz vor dem Fest entscheiden müssen“, so Tillmann. Die Brauerei-Vertreter wollten sich hier nicht festlegen. Für Gerd Harnischmacher ist entscheidend, wie die Gesellschaft insgesamt mit der Pandemielage umgehen werde, noch seien viele Menschen sehr verunsichert. Durch manche Medien würden auch immer wieder Ängste geschürt.

Bierpreis wird steigen

Dass der Mehraufwand und die Coronalage Mehrkosten verursachen, steht außer Frage. Thorsten Streber fragte: „60 Prozent erwarten steigende Bierpreise, wird es einen Corona-Aufschlag geben?“ Gerd Harnischmacher: „Überall explodieren die Kosten, wir versuchen das intern zu schultern. Aber wenn die Auflagen kommen, werden wir die Preise anziehen müssen. Ich glaube nicht, dass wir das Preisniveau halten können.“

Maximilian Völkl sieht noch ein weiteres Problem: „Es wird Personal fehlen, viele erfahrene Kellner haben sich in andere Branchen verabschiedet, die kommen nicht wieder.“ Um neue zu ködern, müssten die Löhne steigen. Stephan Rödder sieht das ähnlich: „Wir hatten einen Pool von 100 Aushilfskräften, jetzt haben wird noch 14.“ Auch er sieht eine bedrohliche Kostenentwicklung für die Veranstalter: „Einige Vereine feiern im Zelt, die Zeltkosten werden auch um 10 bis 20 Prozent teurer werden. Wir werden in den nächsten Wochen mit den Festwirten und Veranstaltern jedes Fest individuell besprechen.“

Gerd Harnischmacher
Gerd Harnischmacher © WP | Volker Eberts

Der Blick in der Diskussionsrunde ging aber zurück auf die letzten beiden Jahre: Wie sind die Vereine durch die Pandemie gekommen, was hat sich verändert, was wird sich verändern, was bleibt? Jeder zweite Teilnehmer des Schützen-Checks lobte seinen Verein für den kreativen Umgang mit der Situation. In diesem Jahr gab es wieder erste, größere Veranstaltungen, wie zum Beispiel die Schützen-Kirmes in Meggen. Taugen solche Events als Schützenfest-Alternative?

Nina Friedrichs: „Wir konnten bei der Kirmes ein bisschen Schützenfest-Flair bieten und eine Gelegenheit, dass die Leute mal wieder zusammen kommen. Es ist aber kein Ersatz für ein normales Schützenfest.“ In Kirchveischede gab es ein zweitägiges Sommerfest. Maximilian Völkl: „Wir hatten an zwei Tagen 400 Personen da, die Leute haben das gut angenommen, sie haben danach gelechzt.“ Gerd Harnischmacher vermisst bei diesen Veranstaltungen den eigentlichen Schützenfest-Spirit, dass viele Leute, vor allem ehemalige Dorfbewohner, von auswärts kommen und man sich auf dem Fest wiedersieht und gemeinsam feiert.

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Als die Infektionslage angespannt war, setzten viele Vereine auf digitale Angebote im Internet und auf soziale Medien, eine Perspektive für die Zukunft? Martin Tillmann: „Viele Vereine haben soziale Projekte initiiert, zum Beispiel Bringdienste für ältere Mitbürger organisiert, das zeigt, dass Schützen nicht nur an Feiern denken.“ Nina Friedrichs sieht die sozialen Medien als wichtigen Informationskanal für die Vereine, gerade in der Pandemie: „Wir sind seit letztem Jahr dabei. Die Zugriffszahlen werden immer größer. Die Leute sehen, der Verein lebt, da passiert was und es geht weiter.“ Martin Tillmann sieht aber auch die Grenzen. „Mitgliederversammlung gehen nur in Präsenz, diese zu streamen, dafür ist der technische Aufwand für viele zu groß.“

Maximilian Völkl
Maximilian Völkl © WP | Volker Eberts

Viele Befragte haben beim Schützen-Check die Gleichberechtigung der Frauen in den Schützenvereinen eingefordert. „Frau Friedrichs, können Sie als Besitzerin im Vorstand eines Schützenvereins darüber nur noch müde lächeln?, fragte Thorsten Streber die einzige Frau in der Runde. „Ich kenne das ja bei uns nicht anders, dass Frauen im Verein aktiv sind. Aber woanders arbeiten Frauen ja auch mit, nur mehr im Hintergrund. Ich würde mich freuen, wenn andere Vereine auch Frauen aufnehmen würden, aber mir geht es mehr darum, die Tradition weiterzutragen und den Nachwuchs zu fördern. Ich will auch nicht auf den Vogel schießen, das habe ich sogar zur Bedingung für den Vorstand gemacht.“

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Martin Tillmann betonte, dass jeder Verein das autark regeln könne. Allerdings könnte durch den Ausschluss von Frauen irgendwann die Gemeinnützigkeit gefährdet sein. Der Bundesoberst empfiehlt den Vereinen, sich mit der Zulassung von Frauen als Vereinsmitglieder zu beschäftigen. Diese Motivation wiederum sieht Nina Friedrichs kritisch: „Die Vereine müssen das von sich aus wollen und sollten nicht nur wegen der Gemeinnützigkeit ihre Satzung ändern.“

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Dass 90 Prozent der Schützen-Check-Teilnehmer den Schützenverein als bedeutsam oder sehr bedeutsam für das Dorfleben sehen und die Verbundenheit mit dem Verein kaum nachgelassen hat - es gab in den meisten Vereinen kaum Austritte von Mitgliedern - zauberte den Schützenfunktionären zum Abschluss der gut einstündigen Diskussion ein Lächeln ins Gesicht. Vorsitzender Maximilian Völkl: „Das beruhigt einen schon und deckt sich mit meinen Erfahrungen in den letzten beiden Jahren.“ Für Bundesoberst Martin Tillmann zeige dies, wie tiefverwurzelt das Schützenwesen in den Dörfern ist. „Ich bin zuversichtlich, dass wir gut aus der Krise kommen. Krisen können auch etwas Beflügelndes haben.“