Kreis Olpe. Die Betreuung im Altenheim kann teuer werden, im Kreis Olpe sind die Unterschiede zwischen den Heimen groß. Worauf Betroffene achten sollten.

Paula S. aus Drolshagen ist 85 Jahre alt, verwitwet und hat vor einigen Monaten einen Schlaganfall erlitten. Ihre drei erwachsenen Kinder leben bei Köln, Frankfurt und Hamburg. Sie wohnt in einem der vielen Drolshagener Dörfer in ihrem großen Einfamilienhaus auf einem 800 Quadratmeter-Grundstück, in dem die Kinder groß geworden. Aus beruflichen und privaten Gründen sind sie aber nicht in der Heimat geblieben.

Die Frage der Fragen, die sich der Seniorin und der Familie stellt, ist eine meist unangenehme Frage, die sich so oder so ähnlich viele Familien stellen müssen: „Muss Mutti in eine Senioreneinrichtung? Und wenn ja, wann und in welche? Was kostet das, und wer muss es bezahlen?“

So teuer ist ein Pflegeplatz im Kreis Olpe.
So teuer ist ein Pflegeplatz im Kreis Olpe. © WP Olpe | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Paula S. gibt es nicht wirklich. Aber es könnte sie geben. Die alte Dame ist also eine rein fiktive Person, an der wir die grundsätzliche Problematik aufarbeiten und die Frage stellen möchten: Was kostet eigentlich ein Pflegeplatz in einer der Seniorenzentren im Kreis Olpe?

Zwei stationäre Seniorenpflegehäuser

Ronald Buchmann ist Fachmann der Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) auf dem Gebiet. Der 61-Jährige leitet seit vielen Jahren den Bereich der Altenhilfe der GFO im Kreis Olpe. Sie unterhält im Kreis zwei stationäre Seniorenpflegehäuser, in Drolshagen und Attendorn. „Der fiktive Fall der Paula S. ist ein realistischer“, bestätigt Buchmann, „insbesondere, wenn alle Kinder nicht mehr in der Nähe der Seniorin leben.“ Typisch seien auch das Alter, der Krankheitsverlauf und die Wohnsituation vieler Senioren. „Da kommt vieles zusammen“, kann Buchmann aus seinem langjährigen Erfahrungsschatz beipflichten: „Die Einkäufe werden zum Hindernis, das Kochen kann zwar noch über ,Essen auf Rädern’ erfolgen, putzen und waschen über mobile Pflege- und Hilfsdienste.“

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Bei der dauernden Korrespondenz mit Verwaltungen, Banken und sozialen Institutionen werde es fast unmöglich für die 85-Jährige, den Alltag zu bewältigen. In unserem Beispiel kann sie sich zwar noch mit einem Rollator fortbewegen, doch unter anderem schon die tägliche Körperpflege fällt ihr immer schwerer.

„Vom eigenen Zuhause, den vier Wänden, in denen die Kinder aufgewachsen sind, und in denen die Ehepartner oft mehr als vier und fünf Jahrzehnte zusammengelebt haben, möchte sich niemand trennen“, berichtet Buchmann aus langjährigen Erfahrungsberichten. Aber: „Irgendwann wird vieles oder fast alles so beschwerlich, dass die Entscheidung unumgänglich ist.“ Dann kommen die Angehörigen, also meist die Kinder ins Spiel. Und die Frage: Wer zahlt was?

Fiktive Witwenrente von 1000 Euro

Die Witwenrente von Paula S. haben wir auf rund 1000 Euro festgesetzt. Da sie noch selbst essen und die Toilette benutzen kann, stufen wir sie in Pflegegrad 3 ein. Sie geht mit einem Rollator, ist aber sturzgefährdet. Die Heimkosten im St.-Gerhardus-Haus in Drolshagen liegen bei Pflegegrad 3 bei rund 3850 Euro. Die Pflegekasse zahlt 1260 Euro. Verbleiben für Paula S. ungedeckte Heimkosten in Höhe von rund 2590 Euro pro Monat. Minus der Witwenrente von 1000 Euro bleibt unterm Strich ein monatliches Minus von rund 1590 Euro.

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„Im Fall von Paula S. wirkt sich positiv aus, dass sie über eine eigene, schuldenfreie Immobilie verfügt. Der Zeitpunkt für einen Verkauf ist momentan ideal. Wohneigentum, auch auf dem Land, ist rar, wird gesucht“, weiß auch Buchmann. Für die fiktive Immobilie von Paula S. setzen wir einen Verkaufserlös von rund 300.000 Euro an. Das Haus ist in gutem Zustand, hat rund 170 Quadratmeter Wohnfläche, steht rund fünf Kilometer entfernt zur Kernstadt Drolshagen.

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Auch möglich, so Buchmann, dass sich die Kinder mit ihrer Mutter einig sind, das Haus zu vermieten und die ungedeckten Heimkosten der Mutter über die Miete und eigene Mittel zu finanzieren, um das Elternhaus im Familienbesitz zu halten. Die Realität sehe oft anders aus: Familien gerieten mitunter in ein Spannungsverhältnis. An der Frage der Pflege der Mutter und dem später zu erwartenden Erbe schieden sich nicht selten die Geister. Konflikte seien vorprogrammiert. Die Mietlösung wäre rein ökonomisch durchaus zu überdenken, da die Preise für Immobilien auf dem Vormarsch seien. Bei einer Miete von beispielsweise 1000 Euro für das Wohnhaus von Paula S. verblieben nur noch rund 590 Euro, bliebe für jedes Kind ein Anteil von rund 195 Euro pro Monat, und das Haus bliebe in Familienbesitz.

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Die alternative Rechnung: Bei einem Hausverkauf und einem Erlös von 300.000 Euro sei der Erlös bei der ungedeckten Summe von rund 1590 Euro in 15,7 Jahren aufgebraucht. Paula S. wäre dann 100,7 Jahre alt. Eine realistische Lebenserwartung, so Buchmann, sei bei der Schlaganfallpatientin eher 90 oder maximal 95 Jahre. Bei 90 Jahren verblieben vom Hauserlös rund 205.000 Euro für die Erben, erreiche Paula S. die „95“, wären es noch rund 110.000 Euro.

Pflegewohngeld beantragen

Habe ein älterer Mensch keine Reserven in Form einer Immobilie oder größeren Ersparnissen und eine ,kleine Rente’, müssten nach Abzug der Pflegeversicherung das Sozialamt bzw. die Verwandten, meist die Kinder, einspringen, so der Fachmann. Zu beantragen sei in solchen Fällen auch Pflegewohngeld, wenn die dafür gültigen Vermögensgrenzen unterschritten würden. Im St.-Gerhardus-Haus wären das immerhin rund 520 Euro monatlich. Auch in den anderen Heimen im Kreis bewegt sich diese Beihilfe in etwa in einem ähnlichen Rahmen. Sozialhilfe greift, wenn der neue Altenheimbewohner weniger als 5000 Euro Erspartes hat.

Auf einen aktuellen Umstand weist Ronald Buchmann allerdings noch hin: „In fast allen Einrichtungen gibt es Wartelisten, auch bei uns. Wer im St.-Gerhardus-Haus einziehen möchte, muss momentan mit Wartezeiten von rund drei bis vier Monaten rechnen.“