Kreis Olpe. In einigen EU-Staaten hat sich die Impfpflicht bereits durchgesetzt. Wie denken die potenziell betroffenen Berufsgruppen im Kreis Olpe darüber?

In Griechenland und Frankreich gibt es sie schon. Die Impfpflicht – zumindest in bestimmten Berufsgruppen. Wenn sich hier Angestellte aus dem Gesundheits- und Pflegesektor nicht impfen lassen, können sie ihren Arbeitsplatz verlieren. In Deutschland hat sich die Politik klar gegen eine Impfpflicht ausgesprochen. Zumal sie nur schwer durchzusetzen wäre, da das Recht auf körperliche Unversehrtheit im Grundgesetz verankert ist. Aber: Wie stehen Ärzte, Vertreter des Gesundheitspersonals und Lehrkräfte im Kreis Olpe einer Impfpflicht gegenüber?

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Die Medizin

Dr. Martin Junker, erfahrener Allgemeinmediziner aus Olpe und Chef der Kassenärztlichen Vereinigung für die Kreise Olpe, Siegen und den Märkischen Kreis, befürwortet eine Impfpflicht in Berufszweigen, die mit vielen anderen Menschen in Kontakt kämen: „Diejenigen, die Multiplikatoren sind, also potenzielle Verbreiter und erst Recht in medizinischen Berufen, müssen in meinen Augen verpflichtet werden, sich impfen zu lassen.“

Das gelte ja bereits für medizinisches Personal bei der Hepatitis B-Impfung, für Kindergärtnerinnen bei der Masern-Impfung. Da gebe es eine solche Pflicht also schon. Aber auch eine Verkäuferin, die täglich hunderten von Menschen Wechselgeld zurückgebe, gehöre zu einer Berufsgruppe der potenziellen Vervielfältiger des Virus. Zwingen könne man indes niemand, aber denen, die sich weigerten, müsse man klar machen, dass sie weniger für sich, als für alle anderen Verantwortung trügen, mit denen sie in Kontakt kämen. Junker weiter: „Wenn wir nicht eine flächendeckendere, bessere Schutzwirkung haben, und dazu gehört nun mal das Impfen, dann müssen sich diese Leute impfen lassen.“ Wer sich verweigere, das gebe es auch bei der Hepatitis B, dem müsse man sagen: „Dann kannst Du an Deinem Arbeitsplatz nicht mehr verantwortlich tätig sein.“ Mit Blickrichtung Politik nimmt Junker kein Blatt vor den Mund: „Ich glaube, die Politik ist zu feige, eine klare Linie zu fahren, offenbar auch deshalb, weil ein Wahltermin vor der Tür steht. Ich bin als Liberaler sehr für persönliche Freiheit, aber hier geht das Allgemeinwohl ganz klar vor.“

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Die Schule

Holger Köster, Leiter des Städtischen Gymnasiums Olpe und Sprecher der Gymnasien im Kreis Olpe, teilt im Gespräch mit unserer Redaktion mit, dass wenig Veranlassung bestehe, über eine Impfpflicht für die Lehrkräfte an den Gymnasien im Kreis Olpe nachzudenken: „Das Lehrpersonal an unserer Schule war zu Beginn der Ferien bereits zu 90 Prozent durchgeimpft.“ Aus Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen habe er mitgenommen, dass die Impfbereitschaft auch an den anderen Gymnasien durchweg hoch sei.

Die Kita

Ähnlich sieht es Michael Stratmann, Geschäftsführer der Kita GmbH, Träger aller Kirchlichen Kindertagesstätten im Kreis Olpe. Er sieht eine Impflicht für bestimmte Berufsgruppen eher skeptisch. Man müsse das Thema ganzheitlich betrachten. Für die Mitarbeitenden in den Kindergärten sei die Priorisierung in der Impfreihenfolge gut gewesen. Gerade zu Beginn der Impfungen sei die Bereitschaft sehr hoch gewesen. „Wir haben Teams, die komplett durchgeimpft sind.“ Er hoffe, dass sich jeder impfen lasse, zum Eigenschutz und zum Schutz der Kinder und der Kolleginnen und Kollegen. Aber natürlich gebe es Einzelfälle, die eine Impfung ablehnten.

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Die Pflege

Von einer zwingenden Impfpflicht in medizinischen Berufen, die beispielsweise an eine Weiterbeschäftigung gekoppelt werde, hält auch Markus Feldmann, Geschäftsführer der Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe, wenig: „Wir haben in der gesamten GFO über 12.000 Beschäftigte und freuen uns über eine Impfquote von mehr als 80 Prozent. Wir hätten die Sorge, dass eine solche Impfpflicht das Gegenteil von dem bewirke, was erreicht werden solle.“ Es könne abschreckende Wirkung haben. Feldmann weiter: „Gleichwohl werben wir nach wie vor, dass sich bei uns so viele wie möglich impfen lassen. Das ist unser Weg.“ Zu Beginn der Impfkampagne seien die Mitarbeiter in den GFO-Einrichtungen geimpft worden, danach habe sich das auf die Impfzentren oder die Hausärzte verlagert.

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Auf die Frage, ob es eine bestimmte Gruppe von Beschäftigten gebe, die einer Impfung eher skeptisch gegenüberstünden, sagte Feldmann, dass im einen oder anderen Fall junge Frauen, die noch eine Familie gründen wollten, verunsichert seien. Aber auch hier halte die GFO an ihrer Marschrichtung fest: „Wir klären in dieser Hinsicht mit unserer eigenen Hygieneabteilung auf, zur Impfung gedrängt wird niemand.“