Wenden. In einem offenen Brief an Bürgermeister Clemens kritisieren die Ottfinger die damalige Schulschließung. Das Wichtigste aus dem Schreiben.

„Ottfinger reichen die Hand“ ist ein offener Brief der Zukunftswerkstatt Ottfingen (ZWO) an Bürgermeister Bernd Clemens betitelt. In dem Schreiben, das auch an die Fraktionsvorsitzenden der UWG, SPD, CDU und Grünen gegangen ist, geht es um die Schließung der Ottfinger Grundschule im Jahr 2016. Und hier geht die ZWO mit allen damals handelnden Akteuren noch einmal hart ins Gericht. „Eine finale und aufrichtige Befriedung kann nur gelingen, wenn wir offen und ehrlich mit der Entscheidung und der Vergangenheit umgehen und einen gemeinsamen Abschluss finden“, heißt es in dem Brief. Und: „Die Fraktionen im Gemeinderat - mit Ausnahme der Grünen - haben als Korrektiv eklatant versagt. Ebenso die Verwaltung.“

Kostspielige Folgen

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Es sei inzwischen offensichtlich, dass es eine Fehlentscheidung mit kostspieligen Folgen gewesen sei. Der vor fünf Jahren aufgegebene Schulraum müsse jetzt durch Anbauten in Wenden und Rothemühle neu geschaffen werden. Die jetzt steigenden Schülerzahlen seien damals absehbar gewesen. In einem von DIGO (Dorf Initiative Grundschule Ottfingen) erstellten Konzept seien sie 2015 jedem Ratsmitglied sowie der Verwaltung per Brief übermittelt worden: „Im Nichtbeachten der aufgeführten Argumente liegt der wesentliche Grund für das politische Versagen. Denn eine zwingend notwendige Plausibilitätsprüfung hätte die Zahlen aus dem Schulentwicklungsplan mehr als in Frage gestellt.“

Ratsbeschluss

Am Mittwoch, 20. April 2016, war das Aus für die Grundschule in Ottfingen im Wendener Rathaus besiegelt worden.

Mit 24:8-Stimmen folgte der Rat dem Vorschlag von Bürgermeister Bernd Clemens, den Teilstandort des „Grundschulverbundes Wendener Land“ zu schließen.

Damals sei auch klar gewesen, dass Flüchtlingskinder kommen und auch die Entwicklung der Ganztagsbetreuung inkl. Inklusion sei bekannt gewesen. „Und genau an dieser Stelle muss die Frage erlaubt sein, warum die Verwaltung die damaligen Planzahlen bis heute nicht offengelegt hat?! Konnte oder wollte die Gemeindeverwaltung nicht mit Weitsicht planen? Jetzt muss/soll für zehn Millionen Euro der Raum geschaffen werden, der in Ottfingen geschlossen wurde. Bitte jetzt nicht argumentieren, dass dafür ein weiterer Kindergarten gekommen ist. So toll er -u.a. durch viel lokale Eigenleistung- geworden ist, haben wir für den Erhalt der Grundschule gekämpft.“

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Eine Schulschließung sei kein politisches Alltagsgeschäft, sondern ein sehr sensibler Vorgang, der nur auf transparenten und belastbaren Fakten vollzogen werden dürfe: „Eine Schulschließung ist unumkehrbar und bitter für die jetzt Betroffenen und auch alle zukünftigen Generationen. Zudem hinterlässt sie - wie man jetzt sieht und vor Jahren hätte sehen können - eine klaffende Wunde in der gesamten Schullandschaft der Gemeinde.“ Mit dem Jahr 2016 und den drei folgenden Jahren seien nahezu 100 Kinder in Ottfingen zur Welt gekommen. In Kürze müsse eine komplette Einzügigkeit an der ehemaligen Grundschule vorbei zum Bus laufen, aufgeteilt auf zwei Schulstandorte und zudem am Standort Rothemühle noch in zwei Klassen verteilt.

Jede Schulschließung sei für den betroffenen Ort ein bitterer Schritt: „Aber bei keiner uns bekannten Schulschließung wurde bereits zwei Jahre später festgestellt, dass der aktuelle Raum nicht ausreicht und fünf Jahre später der Entschluss gefasst werden muss, zehn Millionen Euro an Steuergeldern für den Ausbau fehlender Räumlichkeiten zu investieren.“

416.666 Euro pro Ratsmitglied

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Es habe keine zwingende Notwendigkeit gegeben, überhaupt eine Grundschule zu schließen, am wenigsten aber den größeren und besser ausgestatteten Standort: Nun müssen zehn Millionen Euro (reine Baukosten, ohne Baunebenkosten) investiert werden, die mit ein wenig Interesse an den Argumenten der Ottfinger vermeidbar waren. Das sind 500 Euro pro Gemeindemitglied oder bezogen auf die 24 Mitglieder des Gemeinderates, die für die Schließung gestimmt haben, 416.666 Euro pro Ratsmitglied! Fehlentscheidungen geringeren Ausmaßes sind im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes erschienen.“

Weiter heißt es in dem Schreiben an den Bürgermeister: „Für die notwendige politische Befriedung hilft es nicht, die gemachten Fehler zu verdrängen und ausschließlich nach vorne zu schauen. Politik ist kein Selbstzweck. Daher müssen die Entscheidungsträger in der Politik, in der Verwaltung und der Schulaufsichtsbehörde Verantwortung übernehmen. Den Blick von eigenen Fehlern abzuwenden ist zwar menschlich, gehört aber nicht in die Ausübung eines Amtes. Aufklärung bedeutet stets auch, solche Fehler in Zukunft zu vermeiden. Fehler einzuräumen ist dabei nicht nur Mittel gegen Politikverdrossenheit, sondern auch Pflicht gegenüber dem Wähler. Letztlich ist es ganz einfach: Wir müssen aus Fehlern lernen. Dazu gehört es in erster Linie, gemachte Fehler anzuerkennen und dazu zu stehen.“

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Und: „Um das Thema jetzt endgültig abschließen zu können, braucht es lediglich die Einsicht, zukünftig offen und unvoreingenommen auf vorgetragene Argumente und Konzepte einzugehen und diese ernsthaft mit in die Betrachtung - vor allem weitreichender Entscheidungen - einzubeziehen.“