Kreis Olpe. Mit dem neuen Verteilzentrum in Gerlingen wird Amazon im Kreis Olpe noch sichtbarer. Davon profitieren Kunden, vor allem aber der Konzern selbst.
Vom Online-Händler ist oft die Rede, wenn in den Medien über Amazon berichtet wird. Das ist nicht falsch. Aber ganz richtig ist es eben auch nicht, denn der US-Konzern ist selbst in Deutschland längst auch in der Offline-Welt angekommen. Mit dem neuen Verteilzentrum in Gerlingen geht Amazon Ende des Jahres den nächsten Schritt und baut seine Präsenz im Kreis Olpe deutlich aus – mit Vorteilen für das Unternehmen und mutmaßlich auch für die Kunden.
Günstiger und schneller wird der Versand, glaubt Logistik-Professor Ulrich Stache von der Universität Siegen: „Die Konzepte, die Amazon entwickelt hat, sind in Deutschland einzigartig.“
Der Versandriese habe seine Logistik „sehr talentiert und sehr ausgefuchst“ an das eigene Geschäftsmodell angepasst, das in erster Linie von großen Schwankungen geprägt ist. „Es gibt montags einen Peak, weil viele Menschen das Wochenende nutzen, um Online-Bestellungen aufzugeben“, erklärt der Professor, „das flaut dann über die Woche ab.“ Noch gravierender sind die Schwankungen beim Blick auf den Jahresverlauf: 85 Prozent der Aufträge gehen im Dezember ein. „Und alle müssen pünktlich bis Heiligabend abgearbeitet sein“, sagt Ulrich Stache, „das ist echt eine harte Nummer.“
Effekt bei DHL im Kreis Olpe?
Die Paketdienste wie DHL haben sich das in den vergangenen Jahren gut bezahlen lassen. Mit dem eigenen Logistik-Netz könne Amazon nun Preise aufrufen, die andere nicht hinbekommen. Anders als bei dem US-Konzern bilden bei den großen Paketdiensten auch Geschäftskunden ein wichtiges Standbein und in diesem Bereich seien die Nachfrage-Schwankungen deutlich geringer. Das eigene System an die Amazon-Anforderungen anzupassen, sei daher für die Paketdienste keine Option, betont der Logistik-Professor. „Warum soll sich DHL auf einen einzelnen Kunden konzentrieren?“
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Wenn Amazon als Kunde nun wegfalle, gebe es „sicherlich einen spürbaren Effekt“, erklärt Professor Stache, „das würde ich jetzt aber nicht als so dramatisch einschätzen“. Denn das Geschäft der Paketdienste sei zuletzt auch unabhängig von dem US-Riesen deutlich gewachsen. Im ersten Quartal 2021 lag das Paketaufkommen bei DHL rund 40 Prozent über den Werten aus demselben Zeitraum des Vorjahres.
Welchen Anteil am DHL-Paketvolumen im Kreis Olpe auf Amazon-Bestellungen entfallen, bleibt unklar. „Zu einzelnen, regionalen Geschäftszahlen von Kunden in unserem Netz geben wir keine Auskunft“, erklärt die Deutsche Post auf Nachfrage. Mit negativen Auswirkungen auf die Standorte im Kreis Olpe rechnet der Branchenriese aber auch nach Inbetriebnahme des Amazon-Verteilzentrums nicht. „Die Entwicklung, Sendungen auch selbst zuzustellen, ist eine Unternehmensentscheidung von Amazon. Wir rechnen mittelfristig auch weiterhin mit steigenden Sendungsmengen in unserem Paketgeschäft.“
Amazon will Kunden schneller beliefern
Und was ändert sich für die Kunden? Zunächst einmal werden zum Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr neben den klassischen Paketdiensten erstmals auch Amazon-Transporter von Haustür zu Haustür rollen. „Da gibt es seit vielen Jahren schon einen Wettlauf in Richtung schnellerer Belieferung“, hat Logistik-Professor Ulrich Stache beobachtet. „Die entscheidende Größe ist dabei die Entfernung zum Kunden“, die Amazon durch das Verteilzentrum deutlich verringert. Amazon-Bestellungen dürften künftig als noch zügiger beim Kunden ankommen.
Dabei hilft auch ein Netz an Packstationen, das der Versandriese in den vergangenen Jahren im Kreis Olpe bereits aufgebaut hat: Im Januar 2019 wurde der erste so genannte „Amazon Locker“ in Altenhundem aufgestellt, seitdem kamen fünf weitere hinzu. Platzhirsch in diesem Bereich ist bis auf Weiteres aber noch immer DHL – mit acht Packstationen ist der Paketdienst mit Ausnahme von Kirchhundem in allen Kommunen vertreten, in Olpe und Wenden sogar doppelt. In den nächsten Monaten, so kündigte DHL auf Nachfrage an, sollen kreisweit knapp ein Dutzend weitere entstehen.