Attendorn. Der Stadtrat entscheidet am Mittwochabend mit deutlicher Mehrheit für den Verkauf. Das sind die Argumente für und gegen die Veräußerung:
Die Würfel sind gefallen: Mit deutlicher Mehrheit (26 Ja-Stimmen plus Bürgermeister, 12 Nein-Stimmen) hat der Attendorner Stadtrat am Mittwoch entschieden, dass die städtischen Liegenschaften am Bahnhof an die Immobilien Treuhand GmbH (ITG) verkauft werden. Damit bekommt der Düsseldorfer Investor die für ihn nötige Sicherheit, um die Planungen zum Bau des neuen Einkaufszentrums, in das unter anderem ein Lebensmittelvollsortimenter und eine Drogerie einziehen sollen, voranzutreiben.
Dem Entschluss in nicht-öffentlicher Sitzung war eine lange und kontroverse Diskussion im öffentlichen Teil vorausgegangen. Während sich SPD, UWG sowie acht CDU-Ratsmitglieder für den Verkauf aussprachen, forderten FDP, Grüne und sieben CDU-Mitglieder, den Grundstücksverkauf zu stoppen und zunächst einen Investorenwettbewerb auszurufen. Genau das fordern auch die mehr als 1700 Attendorner Bürger, die binnen einer Woche ihre Unterschrift unter einen Einwohnerantrag gesetzt haben.
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Antragsstellerin Hedwig Holthoff-Peiffer machte in ihrer Erklärung deutlich, dass es nicht darum gehe, den Bereich des ehemaligen Busbahnhofes nicht entwickeln zu wollen, „sondern ausschließlich darum, wie das zu geschehen hat.“ Die angedachten Mieter aus den Segmenten Drogerie und Lebensmittel würden keineswegs dafür sorgen, dass die Attendorner zum Großeinkauf nicht mehr nach Olpe oder Bamenohl fahren. „Discounter, Handelsketten und Filialisten finden sich in jedem Einzelhandelszentrum. Sie sind beliebig und austauschbar. Niemand aus Attendorn entscheidet sich, seine Einkäufe künftig in der Innenstadt zu tätigen und nicht nach Plettenberg oder Olpe zu fahren, weil es künftig einen weiteren weiteren Lebensmittelmarkt oder eine weitere Drogeriekette geben wird.“
Identität einer Stadt
Das sah Bürgermeister Christian Pospischil gänzlich anders. Er verwies darauf, dass jährlich rund 15 Mio. Euro Kaufkraft, allein in den Segmenten Nahrung/Genuss und Gesundheit/Körperpflege, in die Nachbarkommunen abfließen würden. Dieses Defizit müsse man dringend ausgleichen. Das Einzelhandelskonzept empfehle auf dem ehemaligen Busbahnhof „unmissverständlich die Ansiedlung von Anbietern periodischen Bedarfes, also Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel oder Drogeriewaren, und rät von kleinteiligem Einzelhandel strikt ab“, erklärte der Bürgermeister, der im Zusammenspiel mit der Innenstadt und dem gut aufgestellten Facheinzelhandel ein attraktives Gesamtpaket für Attendorn sieht.
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Uli Bock (SPD) sprang ihm bei: „Wir sind der Überzeugung, dass an dieser Stelle ein zweiter Drogeriemarkt und ein weiterer Lebensmittelvollsortimenter sinnvoll sind, um Kaufkraftabflüsse in die Nachbarkommunen zu verhindern und um Konkurrenz und Angebotsvielfalt für alle Attendorner zu wahren.“
Hedwig Holthoff-Peiffer stellte weiterhin klar, dass Städte wie Attendorn vor allem von und mit ihrem inhabergeführten Einzelhändlern leben würden. Die kleinen Geschäfte machten die Identität einer Stadt aus. Und genau diese Händler würden enorm leiden, vor allem durch die prognostizierten Umsatzumverteilungen aus der Innenstadt in das Wall-Center. „Discounter, Handelsketten und Filialisten sind nicht mehr verzichtbar. Eine verantwortungsvolle Politik steuert ihre Ansiedlung aber so, dass der inhabergeführte Einzelhandel durch sie ergänzt und im besten Fall sogar gestärkt wird.“ Doch das sei bei den bekannten Plänen nicht der Fall. Es würde ein zusätzlicher Wettbewerb geschaffen, „der eine weitere Schwächung der Altstadt herbeiführen wird“, so Holthoff-Peiffer.
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Sie kritisierte zudem, dass weder Wohnbebauung noch eine Tiefgarage vorgesehen seien. Diese Kritik brachten auch die Grünen ein. Matthias Pröll wurde deutlich: „Es geht uns nicht um pure Neinsagerei, sondern um konstruktive Lösungen. Es macht mich aber fassungslos, dass hier Fakten geschaffen werden, und erst dann die Bürger beteiligt werden.“ Zudem warnte der Grüne vor einer „billigen Bausünde“, die das Wall-Center ausmache. Es fehle zudem ein ökologisches Konzept.
Konkurrenz bedeutet Auswahl
Pospischil sagte: „Natürlich verstehe ich die Sorgen von Händlern, die von zusätzlicher Konkurrenz betroffen sind. Wir sollten uns aber bewusst machen, dass Konkurrenz für die Kunden Auswahl bedeutet; und dass es allemal besser ist, sich in der eigenen Stadt zwischen mehreren Angeboten entscheiden zu können, als die Konkurrenz auswärts aufzusuchen und dort auch gleich den Rest der Einkäufe zu erledigen.“
Der Bürgermeister wehrte sich gegen die Vorwürfe der Intransparenz, fehlender Öffentlichkeit und fehlender Dialogbereitschaft und machte mit Blick auf den geforderten Investorenwettbewerb deutlich: „Ein neuer Wettbewerb bringt die Stadt nicht weiter. Er würde nur viel Zeit kosten. Es wird eine Illusion bleiben, nach dem weißen Ritter zu suchen, der uns ein Märchenschloss mit Tiefgarage und großer Mall bis auf den von Geschäften leeren Ostwall baut.“ Abschließend machte er deutlich, dass der Verkauf nicht nur für den Investor Sicherheit garantiere, sondern eben auch für die Stadt eine Versicherung sei, dass der eingeschlagene Weg weitergegangen würde. Genau das dokumentierte die Politik mit ihrem Stimmergebnis, dass es nun zu akzeptieren gelte, wie Rolf Schöpf (CDU) betonte.