Attendorn. Peter Kramer ist Hafenmeister beim Yacht-Club Lister in Attendorn. Er könnte ständig segeln, doch er taucht lieber und werkelt unter Wasser.

Peter Kramer könnte jeden Tag segeln: Er ist Hafenmeister beim Yacht-Club Lister in Attendorn und sitzt damit direkt an der Quelle. „Tatsächlich war ich aber erst drei Mal segeln – obwohl ich meinen Segelschein mit Bravour bestanden habe“, sagt er. Statt sein Geld für ein Boot auszugeben, investiert er es lieber in seine Tauchausrüstung. „Meine Welt ist unter Wasser.“ Rund 70 Tauchgänge unternimmt er im Jahr – allerdings nicht alle davon für seinen Yacht-Club. Für seine Vereinskollegen ist er der stille Held im Club, weil er an Land und unter Wasser alles in Schuss hält und im Notfall auch den Autoschlüssel vom Uferboden holt.

Attendorn: Hafenmeister Peter Kramer ist stets für seine Vereinskollegen da

„Ich bin beliebt hier, mache meinen Job gerne und bin freundlich, aber auch direkt“, sagt Peter Kramer nach einer Weile. Nur so kann er sich erklären, dass er von seinen Vereinskollegen zum stillen Helden des Vereins auserkoren wurde. „Er arbeitet mehr, als er darüber spricht“, sagt sein Vereinskollege Reinhard Hoffmann. „Bei einer Jahreshauptversammlung sollte er mal darüber berichten, wie der Stand am Hafen ist. Da hat er nur gesagt: ,Im Hafen ist alles in Ordnung.’ Und dann war er fertig.“

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Peter Kramer ist für den Yacht-Club Lister am Biggesee in Attendorn oft im Tauchanzug unterwegs.
Peter Kramer ist für den Yacht-Club Lister am Biggesee in Attendorn oft im Tauchanzug unterwegs. © Privat | Privat

Was er alles für den Verein tut, zählt Peter Kramer in der Regel nicht auf. Er macht einfach und freut sich, wenn seine Projekte klappen. „Dann lobe ich mich selbst.“ Wirbel um sich und seine Arbeit als Hafenmeister liegt ihm fern. Peter Kramer ist lieber für seine Vereinskollegen da, wenn sie Hilfe brauchen: Sei es, um die Brille, das Handy, den Ehering oder den Autoschlüssel vom Boden des Biggesees herauf zu holen. „Zu 99 Prozent finde ich alles, was verloren gegangen ist“, sagt Peter Kramer. So akribisch die Suche dann auch sein muss.

Attendorn: In der Bigge tauchen und Stege reparieren

Rund 35 Stunden im Monat verbringt er in der Saison von März bis November am Hafen in Attendorn. Und auch außerhalb der Saison ist er mehrmals in der Woche vor Ort. Im Januar diesen Jahres hat er bereits mit der Reparatur der Stege angefangen. Fünf Stück gibt es davon beim Yacht-Club. Regelmäßig taucht Peter Kramer darunter, um zu schauen, ob noch alles ganz ist.

„Das mache ich nicht ganz alleine. Ich habe einen Kollegen, den ich jetzt anlerne“, erzählt er. Sein „Handlanger“, wie er seinen Helfer scherzhaft nennt, reicht ihm das Werkzeug unter Wasser an. „Wenn da mal eine 10er Schraube runterfällt, ist sie weg.“ Oft wird bei der Arbeit Staub aufgewirbelt, die Sicht unter Wasser ist nicht optimal. Für Peter Kramer ist das kein Problem: „Das macht Spaß“, sagt der 62-Jährige. Im Hafenbereich taucht er bis zu 25 Meter tief, unter den Stegen auf bis zu 15 Meter.

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Meist kommt er entspannt aus dem Wasser. „Manchmal ist es aber auch echt anstrengend.“ Zum Beispiel, wenn er unter Wasser eine Säge einsetzen muss. Ganz normal und ohne Reparaturarbeiten im Biggesee zu tauchen, sei langweilig. Peter Kramer, der auch Tauchlehrer beim Tauchclub Olpe ist, mag die Herausforderung. Je schwieriger die Aufgabe, umso besser.

Yacht Club Lister am Biggesee: Peter hatte schon teure Boote am Kranhaken

Seine Lebensweisheit: „Das Leben ist wie ein Fischschwarm. Mal schwimmt man vorne, mal in der Mitte. In der Mitte befindet sich die große Masse. Hinten am Ende sollte man nicht sein. Jeder Mensch sollte mal vorne im Schwarm schwimmen.“ Er sei immer „vorne an der Front“ gewesen. „Ich war im Kindergarten Vorstand, in der Schule Vorstandsvorsitzender, im Gymnasium im Sportausschuss, Kassierer im Sportverein, und und und.“ Stillstand gibt es bei dem Familienvater nicht. Peter Kramer übernimmt Verantwortung und scheut auch Kritik nicht. „Die gibt es immer“, sagt er.

Die Stege aus den 70er Jahren im Biggesee müssen in Schuss gehalten werden, sonst drohen Unfälle. Peter Kramer taucht regelmäßig mit einem Kollegen darunter.
Die Stege aus den 70er Jahren im Biggesee müssen in Schuss gehalten werden, sonst drohen Unfälle. Peter Kramer taucht regelmäßig mit einem Kollegen darunter. © WP | Ina Carolin Lisiewicz

Manchmal artet sein Engagement aber auch in Stress aus: So ist er einer der wenigen im Hafen, der die Krananlage bedienen darf. Als vor ein paar Jahren ein Niedrigstand am Biggesee vorherrschte, musste er die Boote damit aus dem Wasser holen. „Ich war so nervös und angespannt.“ Es würde schließlich nicht gut ankommen, wenn ein teures Boot kaputt ginge, weil es der Kranführer runterfallen ließ, erzählt er.

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Doch auch diesem Druck hielt Peter Kramer stand. Als ihm seine Vereinskollegen danach auf die Schulter klopften, sagte er nur: „Was denn?“ Als ob das Ganze gar nichts gewesen wäre.

Attendorn: Hafenmeister genießt sein Ehrenamt

In seine Tätigkeit als Hafenmeister sei er reingewachsen. „Das kann man nicht von heute auf morgen.“ Als gelernter Werkzeugmachermeister kann er allerdings auf ein großes Know-how zurückgreifen. „Früher musste man alles können, heute sind die Berufe so spezialisiert.“ Dieses Wissen hilft ihm: „Wenn was kaputt ist, weiß ich, was ich brauche.“

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Das meiste repariert er selbst, nur wenn Elektrizität ins Spiel kommt, hält er sich in der Regel lieber zurück. Durch sein Können spart der Verein Geld. Zum Beispiel, wenn er kleinere Reparaturarbeiten bei den Stegen aus den 70er Jahren selbst durchführt und die Scheibenmuttern austauscht. Er genießt sein Ehrenamt: „Ich bin an der frischen Luft, werde beim Arbeiten im Sommer nebenbei braun und kann meine Ideen zum Ausdruck bringen.“

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Seit über 20 Jahren ist er im Attendorner Hafen unterwegs, rund 12 Jahre davon als Hafenmeister. „Meine Frau steht hinter mir, sonst wäre das alles nicht machbar“, so Peter Kramer. An seinem Verein liebt er, dass er immer wieder neue Leute kennenlernt. „Es sind auch alle Berufsbranchen hier vertreten.“ Sein Grundsatz: „Man muss sich mit unten und oben vertragen.“

Yacht Club Lister am Biggesee: Hafenmeister möchte Job später an Jüngeren abgeben

Neben den Reparaturarbeiten kümmert sich der Attendorner auch um das Hecke schneiden, Rasen mähen, Materialbesorgungen und kleinere Ausbesserungsarbeiten. Irgendwann will er seinen Hafenmeister-Job an einen Jüngeren abgeben. Seine Bedingung: Der neue Hafenmeister muss „hinter der Sache“ stehen und diese Aufgabe „mit Leben ausfüllen“. Sonst ergebe es keinen Sinn, ein Ehrenamt zu übernehmen.

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Generell würde es immer schwieriger, Menschen zu bewegen, ein Ehrenamt auszuführen. Es ist zeitaufwendig, wenn man es mit solch einem Herzblut wie Peter Kramer betreibt. Er kann sich eine Gesellschaft ohne Vereine gar nicht vorstellen. „Ohne sie wäre doch nichts los. Das sieht man doch jetzt schon in der Corona-Krise.“ Auch beim Yacht-Club Lister wird die Saison in Pandemiezeiten anders verlaufen. „Die Arbeit muss aber weiter gemacht werden“, so Peter Kramer. Auch aus dieser Situation macht er das Beste: „Ich bin kein Typ, der nach der Arbeit die Pantoffeln anzieht und den Fernseher anmacht.“

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Info: „Yacht Club Lister am Biggesee“ in Attendorn

Verein: Yacht Club Lister am Biggesee e. V.

Gründungsjahr: 1959

Vereinsheim: Clubhaus, Hohenhagen 3, 57439 Attendorn

Mitglieder:
482

Kontakt:02722/7585 oder

Homepage:www.ycl.de

Alle publizierten Teile der Serie finden Sie im Internet unter www.wp.de/stillehelden.