Kreis Olpe. Der Frust in der Branche wächst. Händler im Kreis Olpe fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Es ist „ein Schlag ins Gesicht“.
Seit Mitte Dezember hat der Einzelhandel mit wenigen Ausnahmen für den Besucherverkehr geschlossen. Betroffen sind unter anderem Modegeschäfte, die in ihren Schaufenstern noch reichlich Winterware ausgestellt haben. Wie gehen die Händler im Kreis Olpe damit um, wenn ihre Verkaufsmöglichkeit stark eingeschränkt ist? Eine kleine Umfrage zeigt: Der Frust in der Branche wächst.
Maiworm
Beim traditionellen Familienunternehmen „Maiworm Mode“ mit Filialen in Olpe und Attendorn sind noch einige Waren liegen geblieben; und das nicht nur vom Winter. „Wir wissen noch nicht, was wir damit machen sollen. Wie und ob die Verlustbeteiligung durch die Corona-Hilfen aufgefangen wird. Es werden ja immer wieder zig Änderungen vorgenommen“, sagt „Maiworm“-Geschäftsführer Henrik Enders. Wie kann was und wann beantragt werden? Im Dezember habe man ein zusätzliches Lager angemietet, um die nicht verkauften Waren dort erstmal zwischenzulagern. Für wie lange? Das weiß keiner.
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„Wir sind absolut keine Corona-Leugner und können den Lockdown nachvollziehen“, meint Enders. Aber die Branche wünscht sich eine Perspektive und eine faire Behandlung. „Im Supermarkt-Discounter, an den Wühltischen, dürfen Non-Food-Artikel verkauft werden. Uns wird es verboten, obwohl wir die Abstände besser einhalten können. Das ist absolut unverständlich“, findet Enders. Seiner Ansicht nach könnte es in dieser Zeit eine Lösung sein, derartige Artikel nicht in Discountern anzubieten und sie stattdessen im stationären Einzelhandel – und das betreffe eben nicht nur die Modegeschäfte – zu verkaufen. „Es ist ein Schlag ins Gesicht für all die engagierten Kollegen, die sich in den vergangenen Monaten gut funktionierende Konzepte haben einfallen lassen.“ Der stationäre Einzelhandel – vor allem der Textilhandel – werde derzeit von der Politik im Stich gelassen. „Dabei sind funktionierende Innenstädte entscheidend für die Lebensqualität.“
Frauen- und Männersache
Bei den Modefachgeschäften „Männersache“ und „Frauensache“ in Altenhundem ist die staatliche Unterstützung bisher noch nicht angekommen. „Momentan befindet sich der Einzelhandel in einer katastrophalen Situation“, sagt Annika Arens, Verkäuferin und Ehefrau des Geschäftsführers Christian Arens. Das Warten auf die Corona-Hilfen zieht sich und die Rechnungen müssen weiter bezahlt werden. „Die Winterware lagern wir zum größten Teil ein“, erzählt Annika Arens. Die Teile aus der Winterkollektion, die jetzt noch tragbar sind, werden zu einem reduzierten Preis angeboten. „Den vollen Preis bekommen wir durch den Lockdown fast gar nicht mehr.“
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70 bis 80 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahr haben „Männersache“ und „Frauensache“ im Jahr 2020 gemacht. „Auch die Hemden, Hosen und Hofstaatkleider für die Schützenfeste liegen noch im Lager“, so Arens. Ein Teil der Winter- und Frühlingsware konnten die Lennestädter Einzelhändler durch ein „Überraschungspaket“ verkaufen. „Das ist gut angenommen worden.“ Aber auch das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein und verbessert die Situation nur kurzfristig. „Uns kann man am besten helfen, wenn man unsere Ware zum normalen Preis kauft“, so Arens.
Sie hofft, dass sie bald Einzeltermine vergeben können. Dann könnten auch wieder Kunden vor Ort beraten werden. Sie vermissen die Expertise der Modefachleute im Geschäft. Momentan läuft der Verkauf vorrangig über WhatsApp (0151 59941470): „Das ist für uns eine ganz neue Art des Arbeitens. Aber in der Not wird man erfinderisch“, so die 34-Jährige.
Udo’s Fashion Werkstatt
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Bei Udo Wagner, Herrenausstatter aus Attendorn („Udo’s Fashion Werkstatt“), hängen am Mittwochmittag nur noch sechs Wintermäntel an der Stange. „Der Rest ist verkauft. Ich komme gut durch“, freut sich Wagner, der auf seine Winterware 50 Prozent Rabatt gibt. Er profitiere davon, dass ihm viele Kunden in dieser Zeit treu bleiben. „Was den Verkauf meiner Wintermode angeht, bin ich mit einem blauen Auge davongekommen“, resümiert er.
Wie seine Kollegen auch, erwartet der Einzelhändler eine Perspektive. Wagner: „Ich kann mir zum Beispiel das Modell ‘Click and Meet’ vorstellen. Die Leute bestellen telefonisch bei mir und bekommen dann einen Termin, wann sie ihre Ware abholen können.“ Übrigens habe er sehr kulante Lieferanten, die Tauschaktionen anbieten oder auch Ware zurückhalten. Doch auch er müsse noch länger auf das Überbrückungsgeld III warten, das Händler wie er vermutlich erst im Juni ausbezahlt bekommen. Geduld, an die die Politik appelliert, von der aber keine Rechnungen bezahlt werden können.