Kirchhundem. . Der westfälisch-lippische Landwirtschaftsverband lud ein, um Fragen über den Wolf zu beantworten. Aber einige Fragezeichen bleiben bestehen.

Sorgen und Unsicherheit, die beinahe in Wut umschlagen, sind förmlich greifbar. Auch nach fast drei Stunden detaillierten Informationen über den Wolf, seine Vorkommen, sein Verhalten und die Folgen daraus für Schäfer und Landwirte, die um ihre Tiere fürchten, scheinen für die Betroffenen mehr Fragen offen zu sein, als beantwortet. „Der Wolf und die Weidehaltung im Mittelgebirge“: Dazu hatte der westfälisch-lippische Landwirtschaftsverband (WLV) in die Schützenhalle in Kirchhundem-Marmecke eingeladen.

Ist der Wolf in NRW inzwischen angekommen?

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Seit 2009 gibt es 33 gesicherte Sichtungen von Wölfen in NRW; sie gehen mutmaßlich auf zehn Einzeltiere zurück. Drei der Sichtungen entfallen auf den Rand von Südwestfalen: Um das Sauer- und Siegerland scheinen die Raubtiere bisher einen Bogen zu machen. NRW gilt bislang als „Wolfserwartungsland“. Die Tiere ziehen durch, lassen sich nicht nieder. Für Meinolf Henning, Biologe und Wolfs-Kenner aus Hagen, ist es aber nur „eine Frage der Zeit“, wann sich die ersten Tiere niederlassen und sich in NRW eine Population bildet.

Wie gefährlich ist der Wolf?

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„Der Wolf ist ein Raubtier“, sagt Meinolf Henning – und legt zugleich Zahlen vor, nach denen er sich fast zur Hälfte von (Reh-)Wild ernährt, und zu weniger als einem Prozent von Nutztieren wie Schafen, Ziegen oder Kühen, die er reißt. Ganz anders klingen die Erfahrungen von Michael Klemm, einem Züchter von Limousin-Rindern aus Sachsen: 300 bis 400 Nutztiere seien in Sachsen seit 2005 gerissen worden, berichtet er. Und zeigt gleich zwei Probleme der Landwirte und Züchter auf: Trägt ein Wolf ein gerissenes Kalb fort, fehlt dem Landwirt die Möglichkeit, einen Wolfsriss nachzuweisen, um einen Schadenersatz geltend zu machen. Und: „Eine Weide wolfssicher zu gestalten, ist nicht möglich“. Der Züchter hat ausrechnen lassen: Für seine 650 Tiere müsste er „rund 300 000 Euro investieren“. Etwa in höhere Zäune, einen Untergrabungsschutz der Zäune oder in Hütehunde.

Gibt es Entschädigungen für gerissene Nutztiere?

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Das Land NRW helfe unbürokratisch, versichert Dr. Matthias Kaiser vom Landesumweltamt (Lanuv); in NRW erhalten demnach Züchter und Bauern bereits eine Entschädigung, wenn ein Wolfsriss nicht ausgeschlossen ist – er muss nicht sicher nachgewiesen sein.

Darf der Wolf gejagt werden?

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Der Wolf ist durch internationales, europäisches und Bundesrecht geschützt - darf also nicht gejagt werden. „Wenn alle anderen Schutzmaßnahmen nicht funktionieren, dann muss ein Problem-Wolf auch entnommen werden“, legt sich Dr. Matthias Kaiser fest. Soll heißen: In einem solchen Fall muss das Tier abgeschossen werden. Der Vorgang ist aber vom Jagdrecht bislang nicht gedeckt. „Es ist nicht geklärt, wer diese Aufgabe übernimmt.“ Womöglich müsse ein Scharfschütze aus einem Polizei-Sondereinsatzkommando ran. In Sachsen weigere sich ein Landrat gerade, genau einen solchen Auftrag zu erteilen – aus Angst vor Racheaktionen von Tier- und Umweltschützern, berichtet Michael Klemm. Eine Diskussion „um Obergrenzen“ erwartet Meinolf Henning, der den Wolf als „Migranten auf vier Pfoten“ bezeichnet.