Herdecke. Mit einer österreichisch-deutschen Küche wollen Vlatka Rajkovic und ihre Schwägerin das Traditionsrestaurant im Zentrum von Herdecke neu beleben.

Liebe und Leidenschaft – diese zwei Begriffe fallen oft, wenn Vlatka Rajkovic über die Leitung einer Gastronomie spricht. Die 43-Jährige übernimmt das Haus Pfingsten und bietet ab dem 1. April in dem Herdecker Traditionslokal eine deutsch-österreichische Küche an. Zwei weitere Aspekte stechen noch hervor: Die Pächterin will einen Monat später ein weiteres Restaurant in dem Meerbuscher Stadtteil Büderich am Niederrhein eröffnen. Eine Herausforderung, wobei die gebürtige Kroatin für den Betrieb am hiesigen Stiftsplatz auf die Unterstützung ihrer Schwägerin zählen kann.

Herdecke ist Neuland

Voller Elan blickt Vlatka Rajkovic auf die Doppel-Aufgabe. Dabei betritt sie in Herdecke Neuland, über die Stadt an den Ruhrseen hat sie vor einigen Wochen noch nichts gewusst. Bis zum Jahresanfang hat sie in der Düsseldorfer Altstadt eine Filiale des Restaurants Schweinske geleitet. Im Januar hat diese Schnitzel-Kette den Standort in der Landeshauptstadt aufgegeben, unter anderem wegen hoher Miet- und Fixkosten an der vermeintlich längsten Theke der Welt. „Wir befanden uns mitten auf der Partymeile und haben viel Bier verkauft“, berichtet Rajkovic von stressigen Zeiten mit rund 20 Angestellten, sagt in dem Zusammenhang aber auch: „Wer das schafft, hat vor nichts mehr Angst.“

Schicksalhafte Fügung

Also auch nicht vor Herdecke. Über eine Brauerei kam die 43-Jährige in der Weihnachtszeit im Dezember 2023 und zum Ende ihrer Düsseldorfer Phase in Kontakt zu Friedrich-Wilhelm Vaerst, dem Eigentümer von Haus Pfingsten, und dessen Sohn. Die suchten seit einem missglückten Übergang und der Schließung im September (wie berichtet) eine Nachfolgelösung, aus den Bewerber-Reihen erhielt Rajkovic schließlich den Zuschlag. In der hiesigen Kleinstadt hat sich die 43-Jährige dann im Januar umgeschaut. Der erste Eindruck? „Das ist der Platz, wo ich sein möchte. Es hat von Anfang an gepasst. Ich will hier alte Zeiten aufleben lassen.“ Sie sei ein Bauchmensch und habe dann ermittelt, dass hier niemand eine deutsch-österreichische Küche anbietet.

Ein Maler widmet sich der Außenfassade, damit das Haus Pfingsten am 1. April wieder öffnen kann.
Ein Maler widmet sich der Außenfassade, damit das Haus Pfingsten am 1. April wieder öffnen kann. © WP | Steffen Gerber

Für authentische Gerichte sorgt ab Ostermontag vor allem ihre Schwägerin. „Namka kommt nach rund 35 Jahren aus der Steiermark wieder zurück nach Deutschland, auch ich habe kurz nach der Jahrtausendwende eine Zeit lang in Österreich gelebt“, erzählt Vlatka Rajkovic. Mit drei Leuten in der Küche will das Frauen-Duo, das noch Aushilfen sucht, Klassiker wie Backhendl, hausgemachte Spätzle, Kaiserschmarrn oder ein Marillenlikör auf die nicht allzu große Speisekarte setzen. Auf der stehen auch vegetarische und vegane Gerichte. Und das insgesamt zu moderaten Preisen, am teuersten ist demnach mit 26,90 Euro ein Rumpsteak. Zudem soll es einen günstigeren Mittagstisch sowie Kaffee und Kuchen geben, all das auf der Basis von regionalen Produkten.

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Parallelen zwischen österreichischen Gaststuben und dem Haus Pfingsten sieht Rajkovic in Sachen Gemütlichkeit. Daher setzt die Pächterin nach einer behutsamen Renovierung auf „die gemütliche Einrichtung“ in dem Herdecker Traditionsrestaurant. Auch, um Stammgäste, Senioren oder Gruppen anzulocken. Denn das Speiselokal mit Außengastronomie soll auch als Treffpunkt dienen, etwa zum Schach- sowie Kartenspielen oder ab Mitte April zum Häkeln und Stricken. „Meine Schwägerin kann das Interessierten zeigen. Einige haben sich schon in dieser Hinsicht gemeldet. Hier sind übrigens aber auch alle willkommen, die beispielsweise nur ein Bier trinken wollen.“

Zur Person

Vlatka Rajkovic wurde in Kroatien geboren und kam im Alter von elf Jahren nach Deutschland. Nach einer medizinischen Ausbildung arbeitete sie als Krankenschwester und im Außendienst für ein Pharma-Unternehmen. Nebenbei verdiente sie sich Geld in der Gastronomie dazu.

Der Nebenjob in dem italienischen Restaurant Vitos in Büderich gefiel ihr so gut, dass sie dort 2006 hautberuflich den Service übernahm. Sie bildete sich fort (etwa als Wein-Sommelière) und wechselte nach rund acht Jahren in die Düsseldorfer Altstadt. Dort arbeitete die Mutter eines erwachsenen Sohnes zunächst in einem spanischen Lokal und wurde dann 2021 Betriebsleiterin in der Schnitzel-Kette Schweinske.

Das Frauen-Duo berät derzeit noch, welcher Ruhetag und welche Öffnungszeiten am sinnvollsten erscheinen. Zumal die Zwei auch Seniorinnen und Senioren oder Alleinstehende im Blick haben, für die sie hier an der Bahnhofstraße 1 etwas anbieten wollen. In einem Extrazimmer könne sie auch kleinere Gesellschaften bedienen, große Feierlichkeiten mit einem Büfett seien ebenfalls möglich. „Die Leute sollen sich hier wohlfühlen. Das Haus Pfingsten ist gut in Schuss, ich freue mich auf den Start am 1. April.“

Das neue Konzept, wonach das Haus Pfingsten auch zu einem Treffpunkt werden soll, hängt im Schaukasten der Gaststätte aus.
Das neue Konzept, wonach das Haus Pfingsten auch zu einem Treffpunkt werden soll, hängt im Schaukasten der Gaststätte aus. © WP | Steffen Gerber

Die zweite Eröffnung am 1. Mai in Büderich wiederum verbindet Rajkovic mit vielen Erinnerungen. In dem Meerbuscher Stadtteil nahe Wesel hat sie lange im italienischen Lokal Vitos gearbeitet, nun will sie dort in dem lange leerstehenden Restaurant an frühere und erfolgreiche Zeiten anknüpfen. Mit einem zweiten i im Namen soll das Viitos unter ihrer Führung etwa als Piano-Bar wieder aufblühen. Und sie habe genug Energie, um an zwei Standorten durchzustarten. „Seit dem Ende im Schweinske leide ich, ich kann nicht ohne Arbeit.“ Nach zwei Monaten Planung und Organisation ist sie quasi „heiß wie Frittenfett“, um wieder mit Liebe ihrer Leidenschaft nachgehen zu können.