Herdecke. Ende 2023 gab das Inhaber-Paar nach längerem Hin und Her die Gastronomie an der Hauptstraße 1 auf. Neuer Pacht-Vertrag ist jetzt unterschrieben.
Ein besonderes Haus. Eine wechselhafte Geschichte. Eine neue Entwicklung.
Wer Menschen aus Herdecke nach dem wohl ältesten Haus der Stadt fragt, dürfte als Antwort die Adresse Hauptstraße 1 erhalten. Schönes Fachwerk am Eingang der Innenstadt, direkt daneben der Sackträgerbrunnen als ein weiteres Wahrzeichen. In der jüngeren Vergangenheit hätten viele Einheimische sicher auch das dort beheimatete Café Kornspeicher erwähnt. Doch das steht aktuell leer.
Aufwendiger Umbau eines Denkmals
Im November 2023 zogen die Eheleute Nuriye und Coskun Aynur endgültig die Reißleine. 2011 hatten sie nach einem aufwendigen Umbau das Café Kornspeicher eröffnet. Lange lief es gut, die Gastronomie in dem denkmalgeschützten Fachwerkhaus entwickelte sich trotz einiger kritischer Kommentare (fleischloses und alkoholfreies Angebot) zu einem beliebten Treffpunkt. Dann kam Corona. Und auch nach der schwierigen Pandemie-Phase blieben Probleme, Personal stand unter anderem nicht mehr wie gewünscht und benötigt zur Verfügung. Folge: Im Herbst 2022 gab das Paar den Betrieb vorerst auf und fand im Angestellten-Verhältnis neue berufliche Herausforderungen.
Nach Schließung Wiedereröffnung
Kleine Kehrtwende: Im Januar 2023 konnten Gäste wieder etwas an der Hauptstraße 1 bestellen. Mit eingeschränkten Öffnungszeiten wollten die Hausbesitzer einen neuen Anlauf nehmen, nachdem eine Vermietung der Räume nicht geklappt hatte. Je nach Personallage sollte es vor allem an Wochenenden eine Bewirtung im Kornspeicher geben. „Es lief eher schlecht als recht, es war kein normaler Betrieb“, sagt Coskun Aynur rückblickend und erklärt, wieso er und seine Frau das Café dann einige Wochen vor dem Jahresende geschlossen haben. „Die Situation in der Gastronomie ist durch die Inflation, hohe Energiekosten und die gestiegene Mehrwertsteuer nicht einfacher geworden. Wir haben das zwölf Jahre lang mit viel Leidenschaft gemacht, doch am Ende siegte die Vernunft. Das war nicht immer so.“
Nachfolge-Lösung
Eine Perspektive für einen erneuten und dauerhaften Kornspeicher-Erfolg sollte sich im vergangenen Jahr nicht ergeben. Also das endgültige Aus. Die Belastung durch den Café-Betrieb fiel weg, es blieb die Frage: Was passiert mit den gemütlichen Räumlichkeiten in dem markanten Fachwerkhaus? Schon einmal hatten die Aynurs einen neuen Pächter oder Mieter für das Gebäude gegenüber vom Mühlencenter gesucht. Auch eine Büro-Lösung kam ins Spiel, zumal die Eigentümer weiter im Obergeschoss wohnen wollen. Vergeblich.
Schnee von gestern. Denn an diesem Dienstag hat die Suche zum Erfolg geführt. „Der Pachtvertrag ist unterschrieben“, berichtet Coskun Aynur und ist froh über die Nachfolge-Lösung. „Ein junges Paar übernimmt das Café. Vor allem die Frau, die aus Wetter stammt, brennt darauf. Und ich meine in ihren Augen gesehen zu haben, dass sie sich hier einen Traum erfüllen möchte. Und vom Ehemann, einem Unternehmer, scheint viel Unterstützung zu kommen.“
Pläne für Anfang April
Optimistisch blickt der Hausbesitzer in die Zukunft. „Die neuen Pächter machen einen sympathischen und fleißigen Eindruck, sie wollen auch Geld investieren und das Café schön gestalten“, so Aynur. Sportlich nennt er das Ziel, eine Wiedereröffnung zum Frühlingsfest am 6. und 7. April anzustreben. Doch vielleicht erzeugt der Zuspruch oder die Neugier in der Bürgerschaft Rückenwind. „Viele sprechen uns auf der Straße an und wünschen sich, dass wieder Leben ins Café hineinkommt.“
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Der eingeschaltete Makler hatte den Kornspeicher auch als Büro-Möglichkeit beworben. Doch eigentlich biete das Ambiente größere Chancen, als nur Schreibtische und Computer mit telefonierenden Menschen zu beherbergen. „Das wäre zu schade.“ Zum Glück habe es ein paar Gastro-Anfragen gegeben. Doch die Eheleute sagten beispielsweise all jenen ab, die an der Hauptstraße 1 ein klassisches Restaurant eröffnen wollten. „Dafür eignen sich die Räumlichkeiten nicht.“ Auch in Zukunft soll sich in dem hellhörigen Fachwerkhaus kein langes Abendgeschäft etablieren, sondern ein erneuter Café-Betrieb.
„Als wir mit den neuen Pächtern über die geplante Ausrichtung gesprochen haben, war eigentlich schnell klar: Das passt. Sie wollen hier präsent sein“, erzählt Coskun Aynur. Zumal die künftige Chefin auch Kinder hat. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Wetteranerin das bei den Betriebsabläufen berücksichtigt. Somit schließen die Herdecker Eheleute ihr Café-Kapitel nach schwierigen Zeiten mit einem angenehmen Gefühl: „Wir haben jetzt eine gute Lösung für alle gefunden.“
Ein bisschen Geschichte
Das zweigeschossige Fachwerkhaus an der Hauptstraße 1, so steht es in der städtischen Denkmalliste, wurde im 18. und 19. Jahrhundert als Kornhaus genutzt. Gebaut wurde es in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Vor diesem Haus, das die Eheleute Aynur 2005 in einem heruntergekommenen Zustand kauften, fand seit etwa 1630 bis in die 1870-er Jahre hinein der weithin bekannte Herdecker Kornmarkt statt. Daran erinnert auch der 1937 daneben errichtete Sackträgerbrunnen.
Die Lokalredaktion hat mit den neuen Betreibern Kontakt per E-Mail aufgenommen und möchte das künftige Café-Konzept in den nächsten Tagen dann in einem weiteren Bericht vorstellen.