Wetter. „Halten keinen Sommer mehr durch“: Anwohner der Gartenstraße in Wetter melden wegen der Geräuschkulisse Krankheiten und Wegzüge. Und die Kinder?
Das Dilemma lässt sich leicht aufzeigen, schwer scheint hingegen die Lösung zu sein. Wie berichtet, beschweren sich seit einiger Zeit Anwohner aus der Gartenstraße über den Lärm am angrenzenden Bolzplatz. Im Zusammenhang mit dieser Spielfläche, die zum Gelände des Alten Friedhofs in Wetter gehört, gerieten die Fraktionen nun im Jugendhilfeausschuss in eine missliche Lage. Haben die Belange von Kindern oder von einigen Senioren Vorrang, die „unerträgliche Zustände“ beklagen?
Nachweislich krank
Erneut schilderte eine Anwohnerin, die mit drei weiteren Bürgern aus der Nachbarschaft in den Ausschuss kam, die unveränderte Lage an der Gartenstraße. Wegen kreischender Kinder und wegen des Krachs von anderen auf dem Bolzplatz seien mittlerweile vier Leute nachweislich erkrankt. Zum zweiten Mal sei eine weitere Mieterin aufgrund der Geräuschkulisse ausgezogen, andere können kaum im Homeoffice arbeiten. Hinzu komme der Lärm von der Kita Wilhelminengarten. „Keiner hilft uns. Es geht auch nicht um Kinder, sondern um die Schreie. Dass Bälle mal gegen Gitter prallen, ist nicht so schlimm“, sagte die Beschwerdeführerin während einer Sitzungsunterbrechung.
Konsequenzen ziehen
Der permanente Lärm, den auch Schulklassen, Jugendliche oder Erwachsene mitverursachen würden, mache krank. „Der Bolzplatz liegt zu nah an den Häusern, er gehört in die Mitte der Anlage“, so die Seniorin. „Wir können das nicht mehr ertragen, wir halten keinen weiteren Sommer mit diesen Zuständen mehr durch.“ Die Forderung: Die Spielfläche sperren, verlegen oder zurückbauen.
Umgestaltung und Kosten
Nach diesen deftigen Beschreibungen und weiteren Vorwürfen diskutierten die Fraktionen im Jugendhilfeausschuss auch im Hinblick auf Kinderinteressen über „einen Strauß an Möglichkeiten“, wie Vorsitzender Dirk Fröhining (SPD) meinte. Jugendamtsleiterin Susanne Auschner und Dagmar Schumacher-Herold vom Stadtbetrieb erläuterten dann die Verwaltungsvorlage, die unter anderem eine Kostenaufstellung für sechs lärmmindernde Maßnahmen enthielt. Mehrere tausend Euro bräuchte es für den Abbau der vorhandenen Elemente. Weiteres Geld käme im Fall der Fälle für Neuanschaffungen hinzu, wobei etwa der spezielle Bodenbelag bereits ebenso „geräuscharm“ sei wie der existierende Stabgitterzaun. Hinzu kam der Hinweis, dass sich als Ersatz Ballfangnetze eher nicht eignen. Grund: Vandalismus, häufige Zerstörung, Verletzungsgefahr für kletternde Kinder.
Bepflanzung als Lösung
Die Ausschussmitglieder spitzten die Ohren, als Dagmar Schumacher-Herold einen weiteren Lösungsansatz nannte. Mit Blick auf den Ball- und Lärmschutz regte sie an, die Umrandung der Spielfläche zu bepflanzen. „Das ist einen Versuch wert“, meinte sie. Nach weiteren Wortbeiträgen und einer längeren Beratungsphase stimmten die Fraktionen dieser Idee zu. Sowohl an den beiden Stirnseiten als auch parallel zur Gartenstraße soll eine möglichst dichte und recht hohe Hecke mit wenigen Durchlässen hin. Nur nach unten hin in Richtung Spielplatz beziehungsweise Alter Friedhof soll es offen bleiben, damit die Örtlichkeit nicht zu einem Versteck oder einer kaum einsehbaren Rückzugsmöglichkeit für Jugendliche werde.
Lärmschutzgutachten als Option
Zudem beauftragten die Ausschussmitglieder durch ihren einstimmigen Beschluss die Verwaltung, die Kosten für ein mögliches Lärmschutzgutachten zu ermitteln. Im Laufe der Debatte hatte beispielsweise Ekkehard Meinecke von der SPD aufgrund von individuellen Empfindungen für objektive Messungen der Geräuschkulisse geworben. Karen Buchholz (sachkundige Bürgerin der BfW-Fraktion) stimmte zu
Weitere Reaktionen
Dagmar Schumacher-Herold vom Stadtbetrieb verwies während der Diskussion noch auf die geplante Umgestaltung einiger Flächen am Alten Friedhof. Sie sah ansonsten keine Möglichkeiten, über Baumaßnahmen den Lärm am Bolzplatz einzudämmen.
Die Grünen würden laut Frank Gößmann an der Gartenstraße quasi alles unterstützen, was den Lärm mindere. Andreas Wicher von der CDU konnte sich mit dem erarbeiteten Kompromiss ebenfalls anfreunden, zugleich sollten alle Beteiligten nach der Heckenbepflanzung die Lage genau im Blick behalten.
Weitere Maßnahme: Die Stadt Wetter soll die Regeln über eine verbesserte Beschilderung ausweisen (Spielende um 20 Uhr) und auch Kontrollen am Bolzplatz verschärfen. Also beispielsweise darauf achten, dass sich dort nur Kinder im Alter von maximal 14 Jahren aufhalten. Obendrein sollen Vertreter der Verwaltung Kontakt zu Schulen aufnehmen, ob diese nicht vielleicht eher das eigene Gelände anstelle der öffentlichen Fläche an der Gartenstraße für den Sportunterricht oder ähnliches nutzen können. Das hatte Ausschussmitglied Michael Mohring angeregt.
Auch Ella Link, die zuvor erstmals als Vertreterin vom Kinder- und Jugendparlament über dort besprochene Themen berichtete, meldete sich zu Wort. „Ich verstehe, dass sich Anwohner gestört fühlen“, so die Schülerin. Doch lasse sich das Spielen auf dem Bolzplatz ja nicht verbieten. Und eine Anordnung, da leise zu sein, könne es im Sinne freier Entfaltungsmöglichkeiten ja auch nicht geben.
Kein gemeinsamer Nenner
Zusammenfassend meinte Dirk Fröhning, dass sich in diesem Falle die Interessen von Kindern und anderen Bürgern „diametral gegenüber stehen. Und das lässt sich nicht per Fingerschnippen lösen. Daher versuchen wir, die Dinge in die richtige Richtung zu bringen. Auch wenn ich vermute, dass die Anwohner mit den beschlossenen Maßnahmen wohl nicht ganz einverstanden sind...“