Herdecke. Das Aktionsbündnis „Herdecke steht auf“ blickt auf eine emotionale Demo am 3. Februar zurück. Mit einer Lichterkette im März soll‘s weiter gehen.
Diese Kundgebung wirkt nach. Am 3. Februar versammelten sich ungefähr 1000 Menschen rund um den Kampsträter Platz, um friedlich und mit kreativen Plakaten ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. Eine beeindruckende Versammlung, sowohl für die Teilnehmenden als auch für die Rednerinnen und Redner. Das frisch gegründete Aktionsbündnis „Herdecke steht auf - Für Vielfalt und Demokratie“ hatte dies binnen weniger Tage organisiert. Nun traf sich die Gruppe erneut, um auf ehrenamtlicher Basis weitere Vorhaben mit ähnlicher Ausrichtung zu planen. Beispielsweise eine Lichterkette im März.
Treffen mit 30 Leuten
Etwas mehr als 30 Herdeckerinnen und Herdecker kamen jetzt ein weiteres Mal im Gemeindehaus neben der Stiftskirche zusammen. Darunter auch Akteure aus der Zwar-Gruppe (Zwischen Arbeit und Ruhestand), Ratsmitglieder und Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster. Sie alle hatten sich von Beginn an vorgenommen, mehr als „nur“ eine Demonstration auf die Beine stellen zu wollen. Weitere Aktionen sollen folgen, um vertiefend und nachhaltig demokratische Werte in den Vordergrund zu heben oder erneut
Signale gegen Ausgrenzung auszusenden.
Rückblick auf „Gänsehaut-Veranstaltung“
Das kann das Aktionsbündnis nun mit viel Rückenwind angehen. Mit leuchtenden Augen berichten die Mitwirkenden während des Treffens an der Alten Stiftsstraße, wie sie die Kundgebung am ersten Februar-Samstag in Erinnerung haben. Im Gespräch mit der Lokalredaktion fällt auch oft das Wort „emotional“, die „überwältigende“ Kulisse (ebenfalls häufig erwähnt) löst bei vielen bis heute besondere Empfindungen oder auch Gänsehaut aus. „Es entstand ein wahnsinnig schönes Gemeinschaftsgefühl, es ging fast schon familiär zu“, sagt jemand aus der Runde. „Das ging unter die Haut.“ Oder auch: „Es war einfach toll, dass so viele da waren.“ Zwischenruf: „Und das trotz des schlechten Wetters.“
Auch heimatliche Belange tauchen in den Reaktionen auf. „Ich bin immer noch begeistert, dass so etwas in dieser Kleinstadt möglich gewesen ist.“ Ein Bürger und Mitstreiter spricht über seine lokalpatriotischen Emotionen nach der Demo: „Ein Grund mehr, Herdecker zu sein.“ Auch auswärtige Teilnehmende haben den Angaben zufolge nur lobende Worte gefunden. Manche Akteure aus dem Aktionsbündnis haben die Kundgebung aus unterschiedlichen Gründen „leider“ verpasst. „Wir haben quasi live im Hotelzimmer mitgefiebert“, so Silke Edelmeyer und Achim Neuhaus als Sprecher der Gruppe.
„Schweigende Mehrheit schweigt nicht mehr“
Grundsätzlich sei es ein gutes Zeichen, dass laut Rainer Hatzky in der Stadt an den Ruhrseen offenbar „die schweigende Mehrheit ihr Schweigen bricht“ und Nein zu Antisemitismus oder Rassismus sagt. Dieses fröhliche und friedliche Miteinander bei der Demo, so Katja Strauss-Köster, habe ihr wieder einmal gezeigt: „Hier sind die Menschen füreinander da, hier kann man sich aufeinander verlassen, das macht Herdecke aus.“
Begeisterung und Studenten-Film
Ein weiterer Aspekt der Demo: Am 3. Februar kamen Jung und Alt in Herdeckes Innenstadt zusammen. Aus einem Seniorenheim berichtet Gundula Conjaerts, dass einige im fortgeschrittenen Alter (über 90) sagten: „Wenn ich könnte, würde ich auch hingehen und mitmachen.“ Peter Stahlberg erzählt von seiner Bürgerbus-Fahrt nach der Kundgebung: „Alle waren begeistert, viele waren noch nie bei einer Demo. Für sie war es ein emotionales Erlebnis.“
Andere aus dem Aktionsbündnis schauten sich im Nachgang Fotos im Internet oder Videos auf Facebook an. Dabei entdeckten sie Freunde, Bekannte oder gar Familien, die sie im Trubel übersehen hatten. Weitere Informationen gibt es auf www.herdecke-steht-auf.de und auch Hinweise auf einen TV-Beitrag von angehenden Journalisten der TU Dortmund, die das bunte Treiben am Kampsträter Platz für den Unisender „Kurt“ filmten.
Organisatorisch merken viele an, dass die Umsetzung solch einer Demo binnen kurzer Zeit ebenfalls als herausragend zu bewerten sei. „Und das von Leuten, die sich vorher gar nicht kannten“, sagt eine Herdeckerin. Eine andere Teilnehmerin habe ihre drei recht kleinen Kinder mobilisieren können. Mit gebastelten Schildern und Tröten seien sie zum Kampsträter Platz gegangen, ehe dann der beeindruckte Nachwuchs gefragt habe: „Wann findet wieder so etwas statt?“ Auch ein Mitstreiter des Aktionsbündnisses hofft, dass sich der schöne Geist der Kundgebung fortsetzen lässt. „Ich glaube, dass das gelingen kann. Deswegen bin ich auch heute hier im Gemeindehaus.“
Perlenschnur am 8. März
Überprüfen lässt sich das womöglich am Freitag, 8. März. Dann will das bunt zusammengewürfelte Bündnis mit einer Lichter-Menschen-Kette wieder ein Zeichen setzen und erneut zusammenstehen. Alle Interessierten können um 18 Uhr in die Innenstadt kommen, um mit verschiedenen Beleuchtungen eine Perlenschnur zu bilden. „Diese öffentliche Veranstaltung müssen wir noch beantragen, aber der Termin dürfte stehen“, erklärt Sprecher Neuhaus.
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Weitere Pläne: Als wiederkehrendes Signal wollen die Akteure ab März oder April regelmäßig auf rechtsextremistische Gefahren hinweisen. Den Begriff „Mahnwache“ finden einige Mitstreiter in dem Zusammenhang nicht zielführend, daher soll es unter dem Motto „Herdecke steht auf“ oder „Herdecke zeigt auf“ alle 14 Tage oder drei Wochen kleinere Zusammenkünfte mit entsprechenden Botschaften geben (ebenfalls im öffentlichen Raum, weitere Informationen sollen dazu folgen).
Weitere Überlegungen
Zudem überlegt die unabhängige Gruppe, für ihre Ziele ein größeres Banner herzustellen. Beim Treffen im Gemeindehaus stehen auch finanzielle Fragen im Fokus. Und generell die Überlegungen, wie sich der Einsatz für die freiheitliche Grundordnung verstetigen lässt. Erste Erkenntnis: Es geht weiter.