Herdecke. Die letzten verbliebenen Bewohner im Convivo-Seniorenhaus in Kirchende haben einen besonderen Pflegebedarf. Für sie zeichnet sich eine Lösung ab.
Gerade mal 21 Bewohner des Convivo-Seniorenhauses in Kirchende sind noch nicht anderswo untergekommen. Bei ihnen ist das auch besonders schwer. Für sie gibt es einen sogenannten Unterbringungsbeschluss. Das heißt, sie bedürfen einer besonderen Betreuung. Die Evangelische Stiftung Volmarstein (ESV) hatte zwar angeboten, sie im Haus Bethanien in Volmarstein aufzunehmen. Bei einem Ortstermin zeigten sich Angehörige allerdings entsetzt. Nun hat die ESV einen anderen Vorschlag für die Unterbringung der Gerontopsychiatrie gemacht. Ganz sicher ist diese Lösung aber nicht.
Im Sozialausschuss erfuhren die Politikerinnen und Politikern vom jüngsten Stand der Übernahme von Herdecker Convivo-Einrichtungen durch die ESV. Die Stiftung hat von der insolvente Convivo-Gruppe das Seniorenhaus Ruhraue und die Parkanlage Nacken übernommen und will auch den Betrieb in zwei Häusern an der Goethestraße aufnehmen, die für Convivo als Betreiber gebaut worden sind und vor der Fertigstellung stehen. Im Haus an der Ruhraue ändert sich wenig, für den Nacken bringt die ESV gleich neue Bewohner mit. Die jetzigen 63 Senioren aus der Parkanlage sollen an die Goethestraße wechseln. Dabei ist die Stiftung an einer einheitlich zu betreuenden Bewohnerschaft interessiert, wie sie auf Anfrage wissen lässt. Hier liegt eine der Ursachen, warum sich die Unterbringung aller Herdecker in Herdecke nicht realisieren lässt, wie die Ausschussmitglieder erfuhren.
Seniorenresidenz Volmarstein als Joker
Ein großes Organigramm haben Christina Bösken und Nicolas Starck mit in den Ratsaal gebracht. Sie ist bei der ESV verantwortlich für die Spezialpflege, er für den Bereich Seniorenhilfe. Das Organigramm zeigt laut Überschrift die „Herausforderungen“ der Stiftung in Herdecke. Fest umrahmt sind die Convivo-Einrichtungen, deren Betrieb die ESV bereits übernommen hat. Nur gestrichelt ist das Kästchen rund um das Seniorenhaus in Kirchende. Hierfür hat der Insolvenzverwalter keinen Interessenten gefunden. Die ESV hat aber Hilfe dabei zugesagt, für die verbliebenen Senioren mit dem besonderen Betreuungsbedarf ein Quartier zu finden. Die Lösung könnte sich in Wetter befinden: die Seniorenresidenz Volmarstein.
Diese Seniorenresidenz an der Stevelinger Straße 20 steckt ebenfalls in einem Insolvenzverfahren. Die Stiftung steht „in abschließenden Verhandlungen“ für eine Übernahme, so Christina Bösken. Sollte tatsächlich bald unterzeichnet werden, könnten die Bewohner mit Unterbringungsbeschluss rechtzeitig an die Stevelinger Straße umziehen, bevor in Kirchende die Lichter endgültig ausgehen.
Nur Eins-zu-eins-Umzug auf den Nacken
Warum können diese 21 Menschen nicht in Herdecke bleiben und im bezugsfertigen Haus an der Goethestraße 20 unter kommen, lautete eine der Fragen aus der Politik. An der neuen Adresse ist ausschließlich klassische Seniorenhilfe geplant, gab Nicolas Starck zur Antwort. Für die Spezialpflege gebe es ganz andere Anforderungen, ergänzte Christina Bösken. Nur weil rechnerisch genügend Zimmer zur Verfügung stünden, ließe sich das nicht einfach umsetzten. Und warum müssen Bewohner vom Nacken innerhalb Herdeckes umziehen, wo doch bekannt ist, dass sich alte Bäume nur sehr schwer umsetzen lassen? Irmingard Schewe-Gerigk von den Grünen nannte Zahlen, bei wie vielen Senioren solch ein Wechsel den Lebenswillen schwinden lässt. Antwort: Die ESV brauche den Nacken für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf, die aktuell auf dem Stiftungsgelände im Haus Bethanien leben, das dringend saniert werden muss. Wegen der starken Belastungen der Patienten und der Verbindung zu den Betreuern käme hier nur ein Eins-zu-eins-Umzug in Frage.
Vor wenigen Jahren die Insolvenz des GVS als Alleinanbieter von Altenheimplätzen in Herdecke, jetzt die Insolvenz von Convivo in der gleichen Ausschließlichkeit – „Herdecke ist schon ganz schön durchgerüttelt worden“, blickte Irmingard Schewe-Gerigk zurück. Sie zeigte zugleich Verständnis, dass die ESV um Wirtschaftlichkeit bemüht sein müsse, damit nicht bald die nächste Insolvenz zu vermelden sei. Ein Belassen der Herdecker Senioren in Herdecke blieb trotzdem ihr Wunsch. „Die Einwände verstehe ich alle, aber wir mussten unternehmerische Entscheidungen treffen“, warb Christina Bösken um Verständnis. Das fand sie allgemein.
Dank an ESV für übernommene „Mammutaufgabe“
Ausschussmitglied Oliver Tiefmann von der CDU dankte für die „Mammutaufgabe“, die die Stiftung in Herdecke übernommen habe. In der Unterbringen der Senioren in der Residenz in Volmarstein sah er zudem „die Chance für ein besseres Zuhause als in Kirchende.“ Von einer Chance war auch in Bezug auf die Beschäftigen die Rede. Das Personal könne „geschlossen mit nach Volmarstein gehen“, versicherte Christina Bösken auf Nachfrage.
Runden Tisch gewünscht
Der Ennepe-Ruhr-Kreis soll einen Runden Tisch zur Lage der Seniorenheime in Herdecke einrichten.
Das hat der Sozialausschuss auf Initiative von Irmingard Schewe-Gerigk (Grüne) einstimmig beschlossen.
Am Runden Tisch vertreten sein sollen die beim Kreis angesiedelte Heimaufsicht sowie Vertreter der Stadt Herdecke, Heimbetreiber, Betroffene und deren Angehörige.
Der Runde Tisch soll zeitnah zusammenkommen.