Herdecke/Wetter. Im Seniorenhaus Ruhraue sind von Convivo Überstunden ausbezahlt worden. Die ESV als neuer Betreiber hält einen anderen Weg für fairer.

Ziemlich kurzfristig hat die Evangelische Stiftung Volmarstein unter anderem das Seniorenhaus Ruhraue aus der Insolvenzmasse von Convivo übernommen. Statt ausbezahlter Überstunden gab es plötzlich nur noch ein Zeitkonto. Besonders Teilzeitkräfte im Helferbereich fürchteten enorme Einnahmeeinbußen. Aus Sicht der ESV handelt es sich am Ende aber nicht um eine Verschlechterung, sondern um eine Verbesserung in vieler Hinsicht.

Wer für seine halbe Stelle 1200 Euro netto im Monat bekommt und für Überstunden noch mal gut 500 Euro dazu, den trifft eine Umwandlung von ausbezahlten Überstunden in eine Gutschrift für Zeit hart. Im Seniorenhaus Ruhr­aue war dieses Zubrot zu Convivo-Zeiten bei einer Reihe von Beschäftigten der Fall. Durch die Zeitkonten werde das Problem nur nach hinten verschoben, kritisierte eine Insiderin nach dem Wechsel und fürchtete: „Die betroffenen Frauen werden nicht nur die ESV verlassen, sondern wechseln in ganz andere Bereiche als die Pflege.“

Unter Bedarf eingestellt

Die ESV kann diese Sichtweise nachvollziehen, aber nur für die ersten Tage nach der Übernahme und die damit verbundene unklare Lage auch für die Stiftung. Die von Convivo überlassenen Unterlagen seien nur unvollständig gewesen, der genaue Schlüssel fürs Personal sei nicht bekannt gewesen. Die Gutschrift von Überstunden auf Zeitkonten entspreche allerdings tatsächlich der Kultur der ESV, so Nicolas Starck, verantwortlich für den Bereich Seniorenhilfe.

Convivo habe wohl bewusst unter Bedarf eingestellt und mit der Bereitschaft zu Überstunden kalkuliert. Für die Personalsteuerung sei das gut, fürs Personal aber nicht, sagt Starck weiter und spricht von einem „Trick“: Ein Anspruch auf die Leistung von Überstunden besteht nicht, die Einnahme ist nicht wirklich verlässlich. Als die ESV die nötigen Unterlagen beisammen gehabt und einen Personalunterhang festgestellt habe, gab es für mehrere Helfer in der Pflege oder Küche eine Aufstockung ihrer Stellen von 50 auf 75 Prozent.

Das bringe Vorteile im Krankheitsfall, weil jetzt ja der reguläre Lohn höher sein. Auch beim Urlaubsanspruch profitierten die Beschäftigten. Tariflich stünden sie sich durch den Wechsel nicht schlechter. Dennoch kann Starck das anfängliche Misstrauen verstehen, sagt er. Für die Mitarbeiter sei es bereits die zweite Übernahme innerhalb von wenigen Jahren, verbunden mit den entsprechenden Unsicherheiten.

Aufstocken weiter erwünscht

Markus Bachmann, Vorstand der Evangelischen Stiftung Volmar­­s­tein, zeigt sich angesichts der allgemeinen Personalnot in der Branche „hoch interessiert an jedem Mitarbeiter, der seine Stunden erhöht.“ Dabei werde möglichst viel Rücksicht auf die zeitlichen Wünsche von Mitarbeitenden genommen, so Christina Bösken, zuständig für den Bereich der Spezialpflege bei der ESV. Gerade Teilzeitbeschäftigungen würden ja oft gesucht, um Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen.

Christina Bösken: „Da muss die ESV auf dem Markt schon etwas Attraktives bieten.“