Hagen/Wetter. Großes Medieninteresse, viele Zeugenaussagen: Eine Mutter aus Wetter soll ihren Sohn (9) getötet haben. So lief der erste Prozesstag in Hagen.

Am Landgericht Hagen hat am Montagmorgen ein Aufsehen erregender Totschlag-Prozess begonnen. Angeklagt ist eine 43-jährige Frau aus Wetter, die Anfang Februar ihren Sohn (9) getötet haben soll. Die Lokalredaktion berichtete bis zum Nachmittag live aus dem Saal, in dem das Schwurgericht tagt.

Bereits um 8.30 Uhr taucht das erste Kamerateam im Landgerichts-Gebäude auf, eine Viertelstunde später das nächste, auch einige Fotografen interessieren sich für den erschütternden Fall. Gerichtssprecher Marcus Teich steht den Medienvertretern Rede und Antwort, er gibt den Journalisten auf dem Flur vorab drei Interviews.

Die erhalten zudem kurz vor Prozessbeginn in einem Nebenraum Einblick in die Akten und können ein Bild von einer Bratpfanne abfotografieren. Mit der soll die Mutter möglicherweise ihr Kind geschlagen haben, ehe sie ihren Sohn in die Badewanne gelegt haben soll. Dort kam der Neunjährige den Angaben zufolge ums Leben, wie die Staatsanwaltschaft im Februar mitteilte. Der genaue Tatablauf ist jetzt ebenfalls Gegenstand von insgesamt sechs angesetzten Prozesstagen.

Einige Interviews auf dem Flur

Kurz vor 9 Uhr erscheint der Nebenklagevertreter, der Vater des Jungen ist nicht vor Ort, sein Anwalt nimmt später im Gerichtssaal Platz. Weitere Besucher tauchen ebenso auf wie ein psychiatrischer Sachverständiger. Ein Journalist spricht Zeugen oder Gäste vor dem Saal an – in der Hoffnung auf Interviews. Er erhält aber nur Absagen.

Als sich Rechtsanwalt Dirk Löber zeigt, erhält auch der Verteidiger der Angeklagten Presseanfragen. Den Fernsehteams gibt der erfahrene Jurist aus Lüdenscheid Interviews, inhaltlich hält er sich aber sehr bedeckt.

Prozessauftakt: Auch vor dem Schwurgericht unter Vorsitz von Heike Hartmann-Garschagen (Mitte) schweigt die 43-Jährige aus Wetter (links) weiter.
Prozessauftakt: Auch vor dem Schwurgericht unter Vorsitz von Heike Hartmann-Garschagen (Mitte) schweigt die 43-Jährige aus Wetter (links) weiter. © Steffen Gerber

Kurz nach halb zehn betritt die Beschuldigte den Gerichtssaal. In Begleitung eines Justizbeamten, der die Frau in Handschellen zu ihrem Platz führt, versteckt sie ihr Gesicht hinter einer Akte. Anwalt Löber spricht mit leiser Stimme zu ihr, während die Presse-Vertreter sie fotografieren oder filmen.

Rechtsgespräch

Dann fordert Heike Hartmann-Garschagen, die Vorsitzende Richterin, das Fotografieren und Filmen im Saal einzustellen. Die Anklage wird verlesen. Rechtlicher Hinweis: Es kommt auch eine Verurteilung wegen Heimtückemordes in Betracht, weil der Sohn möglicherweise von hinten mit der Bratpfanne geschlagen worden sein könnte.

Anwalt Löber bittet um ein Rechtsgespräch (eine Art Beratung, um eine Verständigung zwischen den Parteien anzuregen), das sich vielleicht als verfahrensverkürzend herausstellen könnte. Die Angeklagte wirkt relativ regungslos, sie schweigt auch heute – so wie bisher den Behörden gegenüber – und will sich vielleicht im Laufe des Prozesses äußern. Eine Einlassung seitens der Frau sei im Laufe der Verhandlungen aber beabsichtigt. Bis 11 Uhr ist eine Pause angesetzt.

Tatort-Eindrücke von Polizisten

Das Rechtsgespräch blieb offenbar ergebnislos. Jetzt ruft das Schwurgericht die erste Zeugin auf, eine Polizistin beginnt mit ihrer Aussage. Sie wirkt angefasst.

Es folgt ein weiterer Polizist. Er war, so berichtet er es im Zeugenstand, wie seine zuvor vernommene Kollegin am Morgen des 3. Februar in der Wohnung an der Kaiserstraße. Dort soll die Mutter – bevor das Duo sie belehren konnte – sofort geäußert haben, dass sie ihr Kind getötet habe. Aber ihr Sohn habe nicht leiden müssen. Die schwer verletzte Frau wollte sich allem Anschein nach selbst etwas antun, darauf deuteten verschiedene Spuren hin. Nach diesen Schilderungen folgt die Mittagspause.

Zeugen vernehmen

Nach der Unterbrechung erläutert die Notärztin, wie sich die Situation damals für sie dargestellt hat. Sie habe nur noch den Tod des Jungen feststellen können und sich die Verletzungen der Mutter an Armen sowie Füßen angeschaut. Im Anschluss daran hört sich das Gericht die Darstellungen von Notfallsanitätern an. Auch sie wirken emotional angefasst.

Es folgen Schilderungen einer Lehrerin. Der Neunjährige hatte die Grundschule an der Bergstraße besucht. Die städtische Einrichtung hatte nach dem vermeintlichen Familiendrama Unterstützung vom Schulpsychologischen Dienst erhalten, der einige Tage im Februar die Kinder und Lehrerschaft begleitete.

Als mittlerweile siebte Zeugin sagt nun eine Betreuerin aus dem Offenen Ganztag aus. Auch sie wirkt sehr betroffen und ringt immer wieder um Fassung.

Gutachten einer Rechtsmedizinerin

Zum Abschluss berichtet eine Rechtsmedizinerin von ihren Erkenntnissen. Als Tatwerkzeug komme demnach eine Bratpfanne in Betracht. Der Schlag muss ihren Angaben zufolge mit großer Wucht erfolgt sein, ließ sich doch vor dem Tod durch Ertrinken ein Schädelhirntrauma bei dem Jungen diagnostizieren.

Mit den Aussagen zum rechtsmedizinischen Gutachten endet der erste Prozesstag. Gegen 15.45 Uhr vertagt sich das Gericht, in zwei Tagen geht es am Mittwoch mit weiteren Zeugenvernehmungen weiter.

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Die Hintergründe

Am 17. Juli startet – wie berichtet – ein Prozess nach einem erschütternden Todesfall in Wetter. Hier in der Kaiserstraße soll eine Mutter zwischen dem 1. und 3. Februar 2023 ihren Sohn zunächst geschlagen haben, ehe sie den Neunjährigen in die Badewanne legte. Dort starb das Kind, wie die zuständige Staatsanwaltschaft nach der Obduktion damals mitteilte.

Das Hagener Schwurgericht will nun an sechs öffentlichen Hauptverhandlungstagen die Totschlags-Vorwürfe aufklären und strafrechtlich bewerten. Die 43 Jahre alte Frau aus Wetter soll laut Anklage in ihrer Wohnung ihrem Sohn einen Schlag mit einem schweren Gegenstand, vermutlich mit einer Bratpfanne, versetzt und das benommene oder möglicherweise sogar ohnmächtige Kind anschließend in die entweder bereits gefüllte oder von ihr anschließend gefüllte Badewanne gelegt haben, wo das Kind ertrank.

Sechs Termine bis 11. August

Am Hagener Landgericht geht es bis zu einem Urteilsspruch (voraussichtlich am 11. August) auch um die Frage, ob die Angeklagte zum Zeitpunkt der ihr zur Last gelegten Tat voll schuldfähig war. Der Vater des getöteten Kindes hat sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen.

Die Lokalredaktion berichtet am Montagvormittag auf ihrer Internetseite www.wp.de/wetter-ruhr live vom Prozessauftakt. In mehreren aktuellen Beiträgen schildert unsere Gerichtsreporterin beispielsweise, ob sich die angeklagte Mutter zu den Tatvorwürfen äußern will oder weiterhin von ihrem Schweigerecht Gebrauch macht.