Wetter. Die Mutter, die in Wetter ihren Sohn ertränkt haben soll, sitzt wegen Totschlags in Haft. Die Grundschule Bergstraße trauert um den Neunjährigen.

Montag. Der Start in eine neue Woche. Doch diese beginnt für einige unter völlig veränderten Vorzeichen. Der Tod eines neunjährigen Jungen, der wohl am 3. Februar in einer Wohnung an der Kaiserstraße von seiner eigenen Mutter (42) ertränkt worden sein soll, hat in Wetter bereits tiefe Spuren hinterlassen. Viele Fragen stehen noch im Raum, aus drei Perspektiven ergeben sich neue Anlässe für eine Berichterstattung.

Zum Beispiel an der Gemeinschaftsgrundschule Bergstraße, die der Junge bis dato besucht hat. „An der GGS Alt-Wetter hat der Schulmorgen heute in allen Klassen mit einem Gesprächskreis anlässlich des verstorbenen Mitschülers begonnen, bevor im Anschluss – soweit möglich – Unterricht erteilt werden konnte“, schreibt auf Anfrage Britta van den Hövel-Ziffus.

Die kommissarische Schulleiterin berichtet, dass zuvor der Schulpsychologische Dienst das Lehrerkollegium beraten habe, um die Mächen und Jungen angemessen zu informieren und aufzufangen. In dem städtischen Gebäude an der Bergstraße befindet sich nun ein Trauerraum für den verstorbenen Jungen. Dort sollen alle aus der Schülerschaft die Möglichkeit erhalten, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, gute Wünsche für ihn zu formulieren und sich von ihm zu verabschieden, wie es heißt.

Mit dem Schulpsychologischen Dienst hatte die Einrichtung den ganzen Montagmorgen über „einen kompetenten Ansprechpartner an der Seite, der im Bedarfsfall professionelle Hilfe angeboten hat.“ Auch in den nächsten Tagen werden diese Fachleute aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis ihren „Kriseneinsatz“ – unter diesem Stichwort führt das Kreishaus in Schwelm derzeit die Aktivitäten an der Bergschule in Wetter – vor Ort fortsetzen. Klares Ziel: „Betroffene Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte zu unterstützen“, so Britta van den Hövel-Ziffus.

Haftbefehl wegen Totschlags

Unterdessen kann die Hagener Staatsanwaltschaft auf Anfrage von neuen Erkenntnissen im Zusammenhang mit der „dringend tatverdächtigen“ Mutter berichten. Die Wetteranerin hatte sich bei dieser mutmaßlichen Familientragödie den Angaben zufolge selbst schwer verletzt. Die Behörde habe nach dem Drama einen Haftbefehl wegen Totschlags erlassen. „Bei der richterlichen Vorführung hat die Frau von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht“, erklärt Ömer Sivrice. Der Staatsanwalt berichtet zudem, dass die 42-Jährige nach ihren Verletzungen nun am Samstag von der Intensiv- auf eine normale Station verlegt worden sei. „Der Transport in eine Großstadt im Ruhrgebiet war gesundheitlich möglich. Sie steht unter Betreuung und wird überwacht“, so Sivrice.

Zum Tatgeschehen teilte der Staatsanwalt mit, dass es sich „tendenziell um eine stumpfe Gewalteinwirkung“ gehandelt habe. Weitergehende Erkenntnisse sollen im Obduktionsprotokoll stehen, das der Behörde aber noch nicht vorliegt. Auch eine der wichtigsten Fragen bleibt noch unbeantwortet: Welches Motiv könnte die Mutter veranlasst haben, ihren Sohn zu ertränken? Dazu könne er „keine Angaben“ machen, sagt Ömer Sivrice.

Aus anderer Quelle erfuhr die Lokalredaktion, dass die 42-Jährige am Freitagmorgen selbst über die 112 den Notruf abgesetzt habe. Die eintreffenden Kräfte von Polizei und Rettungsdienst fanden den Jungen in der Badewanne. Toxologische Auswertungen und Blutuntersuchungen sollen Aufschluss darüber geben, in welchem Zustand sich der Neunjährige vor der Tat befand, ob er etwa Betäubungsmittel oder ähnliches in sich hatte.

Fürchterlicher Anblick für zwei Polizistinnen

Zwei Polizistinnen aus dem EN-Kreis waren die ersten Einsatzkräfte, die den Tatort erreichten. Für sie muss es ein schrecklicher Anblick gewesen sein, als sie die Mutter mit ihren schweren Verletzungen, die sie sich wohl selbst zugefügt hatte, antrafen. Zunächst standen Erste-Hilfe-Maßnahmen im Vordergrund, ehe der Rettungsdienst hinzukam.

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„Nach solch einem Extrem-Einsatzanlass bietet die Polizei, das gehört mittlerweile zum Standard, eine psychosoziale Unterstützung durch ein so genanntes PSU-Team an. Eine der beiden Kolleginnen hat davon noch am Freitag Gebrauch gemacht. Das Angebot besteht weiterhin und ist eine individuelle Entscheidung, ob es angenommen wird oder nicht“, berichtet Sonja Wever, Sprecherin der Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis. Aus diesen Reihen gingen am Freitag Beamte in Begleitung eines Seelsorgers zum Vater des getöteten Jungen, um ihm an dessen Arbeitsstelle die schwer fassbare Nachricht zu überbringen.