Wetter. Im Februar ist ein 9-jähriger Junge in Wetter gewaltsam ums Leben gekommen. Die Mutter wurde festgenommen. Jetzt muss die Anklage geprüft werden.

Wenn Kinder sterben, fallen fast immer Begriffe wie Drama oder Tragödie. Diese Worte prägten auch die Reaktionen nach dem Tod eines Neunjährigen in Wetter. Am frühen Vormittag des 3. Februar 2023, so berichtete es damals die Staatsanwaltschaft, ist der Junge hier in der Kaiserstraße gewaltsam ums Leben gekommen. Die Polizei nahm in der Wohnung seine dringend tatverdächtige Mutter fest. An jenem Freitagmorgen soll sich die 42-Jährige selbst schwer verletzt haben, sie sitzt seither in Untersuchungshaft. Jetzt hat das Landgericht Hagen auf Anfrage der Lokalredaktion bestätigt, dass die Anklageschrift vorliegt. Zentraler Vorwurf: Totschlag (und nicht Mord).

„Die zuständige Kammer prüft nun die Unterlagen“, sagt Christian Potthast, Richter am Landgericht sowie für de Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Er geht davon aus, dass dieses Verfahren zur Zulässigkeit der Klage knapp einen Monat dauern könnte. Ein möglicher Prozessbeginn lasse sich derzeit noch nicht nennen. Mit dem gewaltsamen Tod des Kindes dürfte sich dann das Schwurgericht beschäftigen. Das befasst sich mit Todesfällen, versuchtem Mord und Verbrechen, drei Berufsrichter und zwei Schöffen gehören in der Regel zu dieser Großen Strafkammer.

Zeitliche Aspekte

Der zuständige Staatsanwalt Bernd Haldorn bestätigt, dass er die Anklageschrift wegen Totschlags eingereicht habe. Er rechne mit einem Prozessbeginn in diesem Sommer. Dabei dürfte auch die Zeitspanne von sechs Monaten eine Rolle spielen, so lange können angeklagte Personen in U-Haft sitzen. Weiterer Aspekt: „Ich habe auch ein forensisch-psychiatrisches Gutachten beantragt. Ich gehe davon aus, dass dieses bis Mitte Juni vorliegen könnte. Bei einer entsprechenden Zulassung könnte die Kammer das zur Prozessplanung bereits berücksichtigen“, so Haldorn im Gespräch mit der Redaktion.

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Die Kriminalpolizei habe die Ermittlungen abgeschlossen. Laut Staatsanwaltschaft kamen dabei keine Überraschungen heraus. „Die Spuren an der Asservaten stammten von jenen Personen, die in der Wohnung Zugriff darauf hatten.“ Auch ein toxikologisches Gutachten habe keine tiefergehenden oder unerwarteten Erkenntnisse gebracht. Die angeklagte Mutter habe sich nach wie vor nicht zu den Anschuldigungen geäußert. „Es ist nicht unüblich, dass erst in der Hauptverhandlungen Angaben erfolgen“, meint Haldorn.

Der Staatsanwalt berichtet, dass der Neunjährige am 3. Februar „nach gesichertem Stand“ Kopfverletzungen erlitten habe, „die sein Bewusstsein beeinträchtigt haben.“ Das Kind sei dann in der Badewanne zu Tode gekommen. Eine angeordnete Obduktion ergab dann, dass der Junge ertrunken ist.

Schnelle Erkenntnisse

Nach der rechtsmedizinischen Untersuchung des neunjährigen Jungen stand schon am Nachmittag des 3. Februar fest, dass der Tod durch Ertrinken eingetreten ist. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen die 42-jährige Mutter beantragt, die sich den Angaben zufolge selbst schwere Verletzungen zugefügt habe. Damals hieß es: „Gemäß den ersten Ermittlungen ist eine Familientragödie nicht auszuschließen.“

Der erfahrene Strafverteidiger Dirk Löber aus Lüdenscheid vertritt als Anwalt die Angeklagte.

Das Drama hatte über Wetters Stadtgrenzen hinaus für Schlagzeilen und große Anteilnahme gesorgt. Nach wie vor bleibt eine zentrale Frage im Zusammenhang mit der vermeintlichen Familientragödie ohne Antwort: Warum hat eine Mutter allem Anschein nach ihren eigenen Sohn getötet? Auch Bernd Haldorn kenne die Beweggründe der Frau aus Wetter nicht. Eine Vermutung: Die Frau könnte die Trennung von ihrem Partner, dem Vater des Jungen, nicht verkraftet haben. Einige Wochen vor der Tat soll die Beziehung in die Brüche gegangen sein. „Ob sich daraus ein Motiv ableiten lässt, ist zum derzeitigen Zeitpunkt aber reine Spekulation“, sagt der Hagener Staatsanwalt.