Herdecke. Anwohner-Ärger: Vor zwei Jahren riss der Herdecker Bach Ufermauern plus Garage weg, seither passiere nichts. Die Stadt Herdecke will aktiv werden
Bernd Essig wandelt seinen Ärger in ein Wortspiel um. „Die Schmale Straße müsste eigentlich Vergessene Straße heißen“, sagt der Anwohner. Der stadtbekannte Herdecker und Kfz-Experte steht mit seinem Nachbarn Rainer Rudolph an einer Stelle, die beim Hochwasser 2021 in die Schlagzeilen geriet. Seit zwei Jahren befinden sich dort provisorische Sandsäcke als Ersatz für eine weggespülte Ufermauer.
„Es kann nicht sein, dass hier nichts passiert“, meint Essig und kritisiert damit wie seine Nachbarn die Stadt. „Die Sandsäcke lösen sich auf, Plastikreste schwimmen den Herdecker Bach hinunter. Auch eine Mauer auf dem gegenüber liegenden Grundstück an der Rückseite der Hauptstraße macht nicht mehr den stabilsten Eindruck.“ 2022 habe Essig (er führte lange auf der benachbarten Fläche einen Autohandel) erfahren, dass spätestens im Frühjahr 2023 ein solider Bau die Übergangslösung ersetzen soll. „Es wird Zeit. Beim letzten Starkregen vor drei Wochen gerieten wir hier alle in Panik und haben vorsichtshalber die Pumpen einsatzbereit gemacht.“
Im Kanu durch die Hauptstraße
An drei heftige Hochwasser in den letzten 20 Jahren kann sich der Anwohner erinnern. „Einmal sind die sogar mit dem Kanu durch die Hauptstraße gepaddelt“, sagt Essig. Er spielt ein Video auf seinem Handy ab: Aufnahmen aus Mai 2022 zeigen, dass der Herdecker Bach an der Schmale Straße sogar bei einem recht gewöhnlichen Gewitter wieder zu einem reißenden Fluss wurde. Umso unverständlicher sei es für ihn, dass die Stadt an anderen und vergleichsweise unbedeutenden Orten wie am Spazierweg Walkmühle Hochwasserschäden aus 2021 reparieren ließ. „Hier bei uns schaute sich die zuständige Wasserbehörde mehrfach um, auch ein Statiker äußerte Zweifel an der Haltbarkeit der Sandsäcke.“ Ein paar Meter weiter deutet er auf Teile einer anderen Mauer, die ebenfalls abbrachen.
Chaos aufräumen- Dauerregen überflutet viele Herdecker Orte
Unterdessen muss Rainer Rudolph mehrfach sein Auto manövrieren, um sich von seinem Parkplatz durch die Schmale Straße zu kämpfen. Neben der mittlerweile zugewucherten Stelle, wo bis zur Flut 2021 noch eine Garage stand, hat die Stadt zwei Poller als Durchfahrsperre gesetzt. Auch dieser Anwohner stimmt Essigs Kritik zu. Die Nachbarschaft will sich jetzt am Freitag anlässlich des zweiten Jahrestags bei einem Bierchen und Grillwürstchen zusammensetzen.
Auf Anfrage der Lokalredaktion teilt die Stadt Herdecke zu diesem Sachverhalt mit, dass die vorbereitenden Planungen für die Wiederherstellung der beiden Ufermauern an der Haupt- und Schmale Straße „so gut wie abgeschlossen sind. Die Ausschreibung der Bauleistung findet kurzfristig statt. Wir rechnen mit einer Umsetzung dieser Maßnahme noch in diesem Jahr.“ Die Technischen Betriebe haben über die zuständige Mitarbeiterin Maren Hessam auch noch andere Uferbefestigungen am Herdecker Bach im Blick, heißt es zudem.
Die gelernte Bauingenieurin nennt als weiteres großes Thema die sogenannten Hochwasserrückhaltebecken (HRB). Davon gibt es in Herdecke derzeit vier. Geht es nach dem Wunsch von Hessam, sollen zukünftig weitere Becken folgen. Kurzfristig soll die Wiederherstellung des Ursprungszustandes des HRB 1 zwischen der Feuerwache und der Spaeter-Kurve neben der B54 beginnen. Dort werde die Beckensohle abgegraben, um mehr Volumen für ein potenzielles Hochwasser zu schaffen. „Der Auftrag dafür wurde kürzlich vergeben“, so die Mitarbeiterin der Betriebe.
Aktuelles für Attenberganwohner
Das Hochwasser sorgte 2021 auch für viele Schäden in der Attenbergstraße. In diese gelangt der Herdecker Bach durch ein 275 Meter langes Gewölbe, das es zu sichern und zu sanieren gilt. Die Planungsleistungen dafür seien abgeschlossen, die Ausführung der Arbeiten will die Stadt noch in diesem Monat ausschreiben.
Auch das HRB 4 an der Wittbräucker Straße am Abzweig zur Dortmunder Landstraße gehöre zu den weiteren Planungen, dort stehe wohl „noch in diesem Jahr eine Beräumung an“. Eine Firma habe einen Auftrag zur Vermessung des Geländes und zu Baugrunduntersuchungen erhalten. Das Vorhaben auf der wild bewachsenen Fläche dort umfasst nach dem Fällen von Bäumen unter anderem die Errichtung einer Mauer, um das Becken und das Rückhaltevolumen zu erhöhen.